Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
Du kannst die Handfesseln dranlassen. Ich verspreche dir, ich wehre mich nicht.«
Sie sah, wie der Gedanke sich in seinem Gesicht ausbreitete. Sie war nackt, sie blutete. Was sollte eine Frau in diesem Zustand schon tun? Der Schlüssel hing an der Gürtelschnalle seiner Hose, die hinter ihm auf dem Boden lag. Alicia zwang sich, nicht hinzuschauen.
» Das hätte vielleicht was«, sagte Sod. » Pass auf.«
Die Kette, die durch einen Flaschenzug unter der Decke lief, wurde mit einem Hebel an der Wand gesteuert. Ohne Hose, mit geschwollenem Glied, ging Sod hinüber und löste die Sperre. Oben rasselte es, und Alicias Füße berührten den Boden.
» Lass locker«, sagte sie. » Ich muss mich bewegen können.«
Ein träges, geiles Grinsen. » Gefällt mir, wie du denkst.«
Die Spannung an ihren Handgelenken ließ nach. » Noch ein bisschen.«
Ihre Taktik war inzwischen offensichtlich, aber die freudige Erwartung des Mannes nahm ihm den letzten Rest seiner Urteilskraft. Alicias Arme sanken an der Seite herunter. Die Kette hatte jetzt fast zwei Meter Spiel.
» Aber keinen Blödsinn jetzt!«
Sie ließ sich einladend auf alle viere sinken. Sod näherte sich ihr von hinten.
» Ich mach’s gut«, sagte sie. » Versprochen.«
Als er ihr die Hände auf die Hüften legen wollte, zog sie das Knie an die Brust und trat ihm ins Gesicht. Ein Krachen und ein Aufschrei– Alicia sprang hoch und fuhr herum. Er saß auf dem Boden und hielt sich die Nase, und dunkles Blut schoss zwischen seinen Fingern hindurch.
» Du dreckiges Miststück!«
Er wollte sich auf sie stürzen und sie bei der Kehle packen. Die Frage war, wer wen zuerst zu fassen bekam. Alicia trat zurück, hob die eine Hand, formte die Kette zu einem Lasso und warf es.
Die Schlinge legte sich um seinen Hals. Sie riss ihn heran und trat beiseite, sodass der Schwung ihn herumschleuderte. Jetzt hatte sie ihn von hinten. Mit der anderen Hand bildete sie eine zweite Schlinge mit der Kette und warf sie ihm über den Kopf. Ein kurzer Sprung, und ihre Beine umschlangen seine Taille. Er gab ein gurgelndes Geräusch von sich und ruderte mit beiden Armen durch die Luft. Stirb, du Schwein, dachte sie, stirb doch einfach. Mit aller Kraft warf sie ihr Gewicht nach hinten und riss an den Ketten wie an den Zügeln eines Pferdes. Sie kippten beide hintenüber, aber dann spannte sich die Kette mit einem harten Ruck, die Sperre am Flaschenzug über ihnen rastete ein, und Alicia hörte das Geräusch, das sie sich gewünscht hatte: das befriedigende Knacken des Wirbelknochens im Genick.
Aneinandergekettet hingen sie drei oder vier Handbreit über dem Boden. Zweihundert Pfund totes Gewicht lagen jetzt auf ihr. Sie zog die Knie unter sich, bog den Rücken durch und stieß sich ab. Sods Körper klappte nach vorne, und der Mann kippte mit dem Gesicht voran auf den Zementboden. Sie schlang die Kette von seinem Hals, raffte den Schlüssel an sich, schloss die Handfesseln auf und riss sie sich herunter.
Dann trat sie auf ihn ein, stampfte auf seinen Kopf und hämmerte sein Gesicht mit ihrem harten Fersenbein in den Zement. Ihr Verstand kollabierte in tosendem Hass. Sie packte ihn bei den Haaren, schleifte die leblose Gestalt quer durch die Zelle und schmetterte seinen Schädel an die Wand. » Wie gefällt dir das, du Stück Scheiße? Gefällt dir dein gebrochenes Genick? Gefällt es dir, wie ich dich umgebracht habe? Du krankes, totes Stück Dreck!«
Vielleicht war jemand draußen vor der Zelle, vielleicht auch nicht. Vielleicht würden gleich Männer hereingerannt kommen und sie wieder an die Decke hängen, und alles würde wieder von vorn anfangen. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war nur Sods Schädel. Sie würde ihn zerschmettern, bis er das toteste Ding in der Geschichte der Welt wäre, der toteste Mann, der je gelebt hatte. » Verdammt!«, kreischte sie. » Zur Hölle mit dir!«
Dann war es vorbei. Alicia ließ ihn los. Die Leiche rutschte seitwärts zu Boden und schmierte einen glitzernden Streifen Hirn an die Wand. Alicia war auf die Knie gefallen und sog wild keuchend die Luft in die Lunge. Es war vorbei, aber es fühlte sich nicht so an. Es gab kein Vorbei. Jetzt nicht mehr.
Sie brauchte etwas zum Anziehen. Sie brauchte eine Waffe. An Sods Wade geschnallt, fand sie ein Messer mit schwerem Griff. Es war schlecht ausbalanciert, aber es würde genügen. Sie zog seine Hose heran, knöpfte sein Hemd auf und zerrte es ihm von den Armen. Die Kleider dieses Mannes anzuziehen, die
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