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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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illustrierten Abschriften in der
Palastbibliothek werfen zu dürfen, aber nun hatte er nicht viel Zeit,
die winzigen, an Teppichmuster gemahnenden Verzierungen zu bewundern,
die zart wie ein Frauenschleier den Anfang jedes Abschnittes schmückten.
    Ohne große Mühe fand er die Passagen, die sich mit Gegengiften
beschäftigten, aber als er auf die Liste der Zutaten für den Großen
Theriak stieß, stand er vor der gleichen undurchdringlichen Mauer wie
all die anderen Gelehrten, die ihm vorangegangen waren. Die
abgegriffenen Spalten dieser Abschnitte legten ein beredtes Zeugnis
darüber ab, wie viele Finger sie auf der Suche nach dem gleichen
unergründlichen Geheimnis schon betastet hatten. Ein Vergleich mit den
griechischen Originalen erwies sich als praktisch unmöglich, so alt,
abgegriffen und verblaßt waren die Abschriften in der Bibliothek. Doch
selbst wenn sie sich in einem besseren Zustand befunden hätten, sie
hätten ihm nur wenig genutzt, das wußte Da'ud. Was konnte er wohl zu
entziffern hoffen, das Hunayn und al-Tabari nicht bereits erfaßt
hatten? Beide gaben eine sehr ähnliche Liste von Zutaten: Opium, nach
strengen Vorschriften gekochtes Schlangenfleisch, sowie achtunddreißig
Gewürze und Kräuter, darunter frisches Salz und feuchter Dill. Beide
berichteten, daß zwei Zutaten noch nicht identifiziert werden konnten,
wobei Hunayn schrieb, er wisse nicht, auf welche Pflanze sich die
griechischen Worte bezögen. Andererseits hatte al-Tabari einige Jahre
in Persien gelebt und merkte an, das griechische Wort Vatermörder sei im Sanskrit motscha . Sonst
nichts. Auch bei der zweiten Pflanze war Hunayn wenig hilfreich, aber
al-Tabari machte die Angabe handakuka, ebenfalls
ohne jegliche weitere Erklärung. Methodisch durchforstete Da'ud alle
anderen Abschnitte der Übersetzung und suchte dabei nach weiteren
Bezügen auf die beiden Zutaten oder auf deren Eigenschaften, aus denen
sich vielleicht auf deren Art und Gattung schließen ließe. Aber
vergebens.
    Er rieb sich die müden, roten Augen, stand auf und ging zum
anderen Ende des dunklen Gemachs, um den Wächter der kostbaren
Manuskripte der Bibliothek zu finden. Der spindeldürre, weißhaarige
alte Mann saß im Schneidersitz auf einem Seidenkissen in der Nähe der
großen Holztür, sein Kopf baumelte im Schlummer der Alten hin und her.
Plötzlich aus dem Schlaf aufgeschreckt, erhob sich der Wächter langsam
und entschuldigte sich wortreich für seine Unaufmerksamkeit.
    »Ich würde mir gerne al-Kindis Pharmakologie ansehen, falls
sie vorhanden ist.«
    Das, hatte Da'ud beschlossen, sollte die letzte gelehrte
Schrift sein, die er befragen wollte. Wenn auch sie, wie er erwartete,
keine neuen Erkenntnisse brächte, müßte er seine akademischen
Recherchen beenden und sich unkonventionelleren Forschungsmethoden
zuwenden.
    »Kommt mit, junger Mann. Das Manuskript liegt in einem der
unteren Kästen, und meine alten Knochen sind zu steif, als daß ich mich
so weit hinunterbeugen könnte.«
    Die Scharniere des fein geschnitzten Deckels quietschten, als
Da'ud ihn anhob und sich hinabbeugte, um den Band herauszunehmen, auf
den der alte Mann deutete. Aber als er das machte, fiel sein Blick auf
ein dünnes Pamphlet, das kaum erkennbar unter einer dicken Staubschicht
am Boden des Kastens lag.
    »Was ist das?« fragte er, hob es auf und pustete den Staub
herunter, ehe er die Titelseite vor die kurzsichtigen, wäßrigen Augen
des Wärters hielt. Der blinzelte auf die säuberliche, aber schmucklose
Kalligraphie und antwortete: »Das ist ein altes Werk von Qusta ibn
Luqa, einem minderen Gelehrten, um dessen Meinung sich heute niemand
mehr schert.«
    »Darf ich es einmal ansehen?«
    »Wenn Ihr es wünscht«, antwortete der Alte und schlurfte zu
seinem Kissen zurück.
    Da'uds Müdigkeit war auf einmal wie weggeblasen. Er eilte zu
seinem Platz zurück und schlug das längst vergessene Werk auf dem Tisch
auf. Wie in den antiken Arbeiten, die er studiert hatte, war auch hier
ein Abschnitt den Gegengiften gegen Schlangenbiß gewidmet, und auch
hier wurde eine Liste mit den Zutaten für den Großen Theriak
aufgeführt. Obwohl die Schrift kaum leserlich war, schien sie doch
beinahe genau den Listen des Hunayn und des al-Tabari zu entsprechen.
Allerdings stand bei der letzten Gruppe von Pflanzenarten ein Name,
neben dem zwei Zeilen in kleinerer Schrift eingefügt waren, nicht von
der gleichen Hand geschrieben und mit einem rechteckigen Rahmen
umgeben. Den Namen entzifferte er recht

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