Die Zypressen von Cordoba
Dynastie der Abbaditen wird nicht lange untätig
dasitzen und zusehen, wie sich die Berber die Überreste des Kalifats
einverleiben.«
»Das ist gerade mein Dilemma.«
Es war ein Dilemma, das zu lösen Amram keine Gelegenheit
bekommen sollte. Am nächsten Morgen, als die beiden Brüder ausritten,
um in der Umgegend nach Essen zu suchen, überholte sie auf dem Weg der
Berberführer, dessen Wunden Natan behandelt hatte.
»So treffen wir uns also wieder, junger Mann. Und wer ist
das?« fragte er mißtrauisch und wies mit einer knappen Kopfbewegung auf
Amram.
»Mein Bruder«, erwiderte Natan und konnte seines Schreckens
kaum Herr werden. Der Berber kniff drohend die Augen zusammen, eine
Hand am Dolch, während er nach einer Familienähnlichkeit suchte, die
Natans Worte bestätigen könnte. Sie hatten weniger ihre Gesichtszüge
gemein als ihre unverwechselbare noble Haltung, das überzeugte den
Berber schließlich. »Ist er ein ebenso geschickter Arzt wie Ihr?«
»Nein«, antwortete Amram an Natans Stelle. »Nur ein
bescheidener Handelsmann.«
»Und doch habt Ihr eine geschickte Zunge.«
»Wie mein Bruder habe ich an den Akademien von Córdoba die
beste Erziehung genossen.«
»Das ist offensichtlich. Und da Ihr der Bruder des Mannes
seid, der mir das Leben gerettet hat, wäre es unehrenhaft, Euch ein
Leid anzutun. Allah erinnert mich daran, Euch mit mir nach Granada zu
nehmen, wo der Anführer meines Sinhaja-Stammes herrscht. Ein Jude von
Eurer Bildung und ohne ehrgeizige Landgier könnte für uns von
unschätzbarem Wert sein. Kommt, laßt uns zusammen fortreiten.«
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A ls die Gipfel der Sierra Nevada weiß am
Horizont erschienen und einen sagenhaft schönen Hintergrund für die
sanft gewellten Hügel, die ausgedehnten Olivenhaine und die üppig
belaubten Weinberge boten, die sich zu beiden Seiten erstreckten, hatte
Amram eine so klare Vorstellung davon, was sein Retter und Geiselnehmer
von ihm erwartete, wie das in diesen unruhigen Zeiten nur möglich war.
Abu Ali Hamid ibn Abi war, das wurde schon bald offensichtlich, der
oberste Steuereinnehmer des Berberprinzen von Granada, Zawa ibn Ziri.
Als Sprößling aus dem tunesischen Königshaus war Ibn Ziri ursprünglich
an der Spitze einer Gruppe von Männern aus dem Stamme der Sinhaja nach
Spanien gekommen, um im Sold von al-Mansur seinen Dienst zu leisten.
Als aber das Omaijadenreich zerfiel, hatte er nicht lange gezögert und
seinen Vorteil aus den Unruhen gezogen. Während kriegerische
Berberstämme erbarmungslos Druck auf die Stadt Córdoba ausübten und ein
Marionettenkalif den nächsten auf dem Thron ablöste, gelang es Zawa ibn
Ziri, die Herrschaft über das gesetzlose Gebiet Granada an sich zu
reißen. Doch trotz seiner beträchtlichen Errungenschaften zeigte er
keinerlei Bestrebungen, in einem Land, das nicht sein eigenes war,
Wurzeln zu schlagen. Ihn gelüstete es nach der Macht in Tunesien.
»Sobald die Zeit reif ist, kehrt unser Herrscher in sein
Heimatland zurück«, vertraute Abu Ali seinem Gefährten und Gefangenen
an. »Auf diesen Tag müssen wir gut vorbereitet sein. Unter all den
Prinzen in Zawa ibn Ziris Gefolge ist sein Neffe Habbus ibn Maksan
derjenige, der am besten zum Regieren geeignet ist. Er ist ein wilder
Krieger, er ist ehrgeizig, und er scharrt schon ungeduldig mit den
Füßen. Er möchte zumindest einen Anschein von Ordnung in die Verwaltung
von Granada bringen, und er brennt darauf, die benachbarten Gebiete zu
erobern, um unsere eigenen Ländereien zu sichern und zu vergrößern.
Aber sein Endziel ist es, eine Militärmacht zu schmieden, die in der
Lage wäre, die aufstrebende Macht der Abbaditen in Sevilla
herauszufordern.
Einem Mann von Eurer Intelligenz muß ich nicht erklären, daß
Geld, viel Geld, der Schlüssel zu diesem ehrgeizigen Plan ist. Um das
zu erhalten, müssen wir ein wirksames System zum Eintreiben der Steuern
einrichten. Es reicht nicht aus, daß jeder Bewohner unserer Gebiete
sein Soll erfüllt. Wir müssen auch dafür sorgen, daß das eingenommene
Geld wirklich in unseren Truhen landet und nicht in denen der
Steuereintreiber. Diese raubgierigen Schwindler erpressen ungeheure
Summen von den reichen Händlern der Stadt, wenn es sein muß mit
vorgehaltenem Messer, aber sie geben dem Kämmerer nur einen Bruchteil
dessen ab, was sie eingesammelt haben. Es versteht sich von selbst, daß
sie zu faul sind, auch aufs Land hinauszureiten, um dort die Steuern
von den Bewohnern der Außenbezirke zu fordern. Das, junger
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