Dies Herz, das dir gehoert
Augenblick nicht. Wir können gleich nachsehen. Ich möchte zuerst mit dir sprechen. Mutter hat schon Kummer genug mit dieser Stilllegung von Vaters Werk.«
»Aber wie konntet ihr das auch tun! Ihr müsst es sofort rückgängig machen. Ich habe Aufträge ...«
»Deine Aufträge, lieber Junge, sind als Anfangserfolge sehr hübsch, aber wir können sie sehr gut zur Entleerung unserer vollen Läger gebrauchen. Um deiner Aufträge willen braucht keine Hand zu arbeiten.«
»So? Und meine Reise in den nächsten Wochen nach den Staaten? Ist die auch zu nichts weiter gut?«
Die beiden Brüder schauen sich an; der Ältere sieht immer noch mit der amüsierten Überlegenheit des Erfahrenendrein, der den jüngeren, unerfahrenen sich abzappeln sieht.
»Ich habe bei Mutter für diese Amerikareise gestimmt, weil dir viel daran zu liegen schien. An irgendwelche nennenswerte geschäftliche Erfolge glaube ich nicht.«
»Und warum nicht, bitte?«
»Gott, lieber Junge, soll ich dir denn wirklich Unhöflichkeiten sagen?«
»Das hast du jetzt schon genug getan, wie immer, es kommt auf ein paar mehr oder weniger nicht an! Also warum nicht, bitte?«
»Weil du kein Kaufmann bist, Hannes. Weil du nie einem festen Ziel folgst. Jetzt hat’s dir mal ein paar Wochen Spaß gemacht, Eisenwaren zu verkaufen. Vielleicht hast du in den nächsten vier Wochen mehr Lust, Bücher zu lesen oder Schneeschuh zu laufen ... Man kann sich nicht auf dich verlassen, entschuldige bitte ...«
Der Jüngere macht eine wütende Bewegung der Abwehr.
»Aber auf dich kann man sich verlassen, wie, Thomas?«
»Darauf, dass ich ein zielbewusster Kaufmann bin, bestimmt!«
»Auch ein ehrlicher?«
»Hannes, ich muss dich sehr bitten!«
»Warum hat mir denn der ehrliche Kaufmann nicht geschrieben, dass er die Fabrik schloss?«
»Weil du sofort alle Lust verloren hättest, Aufträge hereinzuholen, darum, mein lieber Junge!«
»Ich bin nicht dein lieber Junge! Ich bin alles andere als dein lieber Junge. Ich bin als Vaters Erbe Mitbesitzer dieser Fabrik, und ich verlange ...«
»Du bist minderjährig, vorläufig üben Mutter und ich noch deine Rechte aus!«
»Das hat nicht Mutter getan, das warst du! Ich komme eben an, zehn, zwölf Arbeiter stehen vor dem Tor, Monteure von uns, von der Reise zurück, die hast du auch nicht benachrichtigt, und es war ihr Brot, das du ihnen wegnahmst.«
»Siehst du, jetzt verstehe ich alles! Du siehst ein paar entlassene Arbeiter, und sofort bricht dein weiches Herz. Ja, mein Lieber, daraufhin kann man keinen Betrieb leiten!«
»Aber auf kalte Zahlen, jawohl! Du hast Arbeit für vier Wochen und schließt die Fabrik!«
»Jawohl, weil ich sie in vier Wochen doch schließen müsste und weil das Schließen heute die Unkosten verringert!«
»Aber zweihundert Arbeiterfamilien hätten vier Wochen länger zu essen gehabt!«
»Mein lieber Junge, ich bin ein Geschäftsmann, keine Versorgungsanstalt!«
Jetzt ist der Jüngere in voller besinnungsloser Wut. Er spürt hinter der gelassenen Überlegenheit des Älteren dessen Ärger, und es reizt ihn, ihn noch mehr zu ärgern, zu verwunden, aus der Überlegenheit herauszubringen.
»Doch bist du eine Versorgungsanstalt!«, ruft er zornig. »Eine Versorgungsanstalt deines eigenen fetten Bauches, deiner eigenen faulen Gelüste. Wenn du nur in deine Bars zu deinen geliebten Kokotten gehen kannst ...«
»Johannes! Ich verbiete dir ... Jetzt ist aber Schluss ...«
»Jetzt geht es erst los, mein Lieber! Denkst du, ich habe nicht längst gesehen, dass du Mutter und mich hintergehst? Du behauptest immer, die Fabrik will dies und das, aber in Wirklichkeit willst du es! Du willst uns rausdrängen, du willst alles bestimmen, du willst alles verdienen ...«
»Da ich alle Arbeit tue, ist es nur recht, dass ich ammeisten verdiene. Und wie ich mein Geld ausgebe, ist meine Sache, jedenfalls nicht für alberne Ölbilder nichts könnender Kleckser und gestammelte Verse fauler Poetaster wie du!«
Plötzlich ist der Jüngere ganz ruhig geworden. »Mit dir ist nicht zu reden«, sagt er kurz. »Du bist nichts weiter als ein dummer, blöder Materialist. Ich werde mit Mutter sprechen, die Fabrik wird wieder geöffnet werden!«
»Das glaubst du doch selbst nicht!«
»Und wenn sie nicht wieder geöffnet wird, dann gehe ich. Jawohl, dann reise ich nach den Staaten! Aber für mich, nicht für deinen verfaulten Betrieb in diesem verkommenen Lande! Ich will als Mensch leben!«
»In Amerika!«
»Ich will ich
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