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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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macht. Wenn ich reise, reise ich für – immer!«
    Die Mutter kälter: »Ich habe schon von Thomas gehört, dass du solche Drohungen in der Hitze ausgesprochen hast. Dass du sie jetzt mit kälterem Blut wiederholst, ist nicht gut, mein Sohn. Auf solche Drohungen öffne ich die Fabrik nicht, aber ich beginne kleiner zu denken von meinem Sohn!«
    »Wir denken so verschieden ...«
    »Aber wir lieben uns doch, Hannes! Wir sind doch Mutter und Sohn!«
    »Aber die Mutter will kein Tittelchen ihrer geschäftlichen Überzeugung für den Sohn opfern.«
    »Ich habe zwei Söhne – und, verzeihe, Hannes, der ältere  war bisher der tüchtigere, zielbewusstere, erfolgreichere.«
    Der Sohn, in plötzlichem Entschluss: »Gut, Mutter. Du hast entschieden. Ich reise!«
    Die Mutter, immer bemüht einzulenken: »Also reise! Es wird mir schwer. Und schreibe – schreibe oft. Und komm bald wieder ...«
    »Du weißt, Mutter ...«
    »Ich weiß nichts. Ich habe nichts gehört. Lege dich nicht unheilvoll fest. Du ahnst nicht, in welche Lagen dich das Leben draußen noch bringen wird. Denke immer daran, dass ich deine Mutter bin«, leise: »Ich bin das Herz, das dir gehört ...«
    »Ich werde immer an dich denken!«
    »Auf Wiedersehen, Johannes!«
    Er schweigt.
    »Auf Wiedersehen, Johannes!«
    Er schweigt.
    »Johannes, deine Mutter sagt dir auf Wiedersehen!«
    Er mühsam: »Ich hoffe – Mutter, auf Wiedersehen!«
Reisebilder
    Wenn Johannes Wiebe noch viele Jahre später an seine Ausreise nach den Staaten und an seine erste Zeit dort dachte, so schien ihm das alles wie ein endloser, wirrer Traum, grau in grau, allmählich immer tiefer grau werdend. Einzelne Bilder hoben sich mit stärkerer Leuchtkraft aus der allgemeinen Düsternis, aber der Grundton, der sich in allem Erleben wiederfand, war doch der einer tiefen Verzweiflung, die immer stärker wurde, bis sie schließlich seine ganze Seele erfasst hatte.
    Zu Anfang hatte er noch manchmal lachen, sich an Neuem freuen, sich für Absonderliches interessieren können. Schließlich aber wohnte nur noch eine dunkle Verzweiflung in ihm, die nichts mehr lichten konnte, ein Gefühl, dass alles umsonst war, dass er nur noch vegetierte, weil er keine Wurzeln mehr hatte, die in einen Heimatboden fassten – er war nirgends mehr zu Hause.
    Er war ja nicht gerne aus der Heimat fortgegangen, sosehr er sich das auch einreden wollte. Im Zorn hatte er gesagt, dass er von ihnen allen fortwollte – und da schienen sie plötzlich alle sein Gehen so selbstverständlich zu finden, dass er nicht mehr zurückkonnte. Er war ja noch sehr jung, und er war dazu noch ein sehr weicher, recht verwöhnter Junge, es war eigentlich unverständlich, dass sie ihn so gehen ließen. Er hatte etwas aufzugeben, seine geliebten Bilder und Bücher, ein wohlgeordnetes Heim, die Liebe einer sehrguten, wenn auch in den letzten Jahren ein wenig fremd gewordenen Mutter – aber das merkte er erst später, wie viel es war, was er aufgegeben hatte.
    Aus dem Wust der trüben Erinnerungen hebt sich jene Nacht heraus, da er gehen musste, die Mutter hatte ja »auf Wiedersehen« gesagt. Er hat wieder lange im dunklen Zimmer am Fenster gestanden, aus dem dunklen, entlaubten Garten stieg ein trüber Dunst, ihn schauerte. Keiner kam zu ihm, keiner gab ihm ein gutes Wort ...
    Er tritt vom Fenster zurück, schließt es, macht Licht, ordnet seine Papiere. Es ist alles schon da, der Pass mit seinem Visum, die Dampferkarte – natürlich 1. Klasse, wie es sich für einen Sohn aus reichem Hause gehört –, auch Geld. Reichlich viel Geld für den Anfang eines Mannes, der sich sein Geld selbst verdienen will.
    Einen Augenblick hält er sein Scheckbuch zögernd in der Hand, dann überkommt ihn der Hass auf den Bruder. Durch des Bruders Hände würde jeder Scheck gehen, den er drüben ausgibt, der Bruder würde befriedigt und höhnisch grinsen: ›Siehst du, solch Bürschchen bist du! Habe ich doch recht gehabt!‹
    Er legt das Scheckbuch offen auf seinen Tisch, jeder Schritt, den er tut, trennt ihn schon von der Heimat, wirft ihn der Fremde in die Arme. Aber dieses Hassgefühl ist doch so stark, dass es ihn den Koffer aufnehmen und aus dem Zimmer gehen lässt.
    Langsam geht er durch das Haus, den Koffer in der Hand, lange bleibt er vor dem Zimmer seiner Mutter stehen. Wenn sie doch käme, wenn sie ihn so sähe – den Sohn, der sein Vaterhaus verlässt!
    Aber sie kommt nicht. Das Haus ist totenstill.
    Wie er nun die Treppe zur Diele hinabsteigt,

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