Diese alte Sehnsucht Roman
betrachtete mit Interesse Griffins noch immer geschwollenes, inzwischen gelbgrünes Auge. »Wenn nicht, wird das Ihr gutes Auge sein.«
Er war in die Auffahrt der Pension eingebogen, als sie gerade das Gepäck heraustrugen.
»Harold«, sagte Marguerite und reichte ihm ihren Koffer, bevor Griffin etwas zu seiner Verteidigung sagen konnte, »hör auf. Er war nett zu mir. – Beachte ihn gar nicht«, sagte sie zu Griffin, der in letzter Zeit immer aufmerkte, wenn jemand von körperlicher Gewalt sprach.
»Denn diese Frau und ich haben eine lange Vergangenheit«, fuhr Harold fort.
»An seinem schlechtesten Tag«, unterbrach ihn Marguerite, »war er netter zu mir als du an deinem besten.«
»Und wenn ihr Mundwerk zur Abwechslung mal stillsteht, habe ich starke, aufrichtige Gefühle für sie.«
»Tu den Koffer in den Kofferraum, Harold, damit wir uns verabschieden können. So ist es gut.«
Er sah auf seine Uhr. »Wird dieser Abschied sich sehr in die Länge ziehen?«
»Haben wir denn was Bestimmtes vor?«
»Ja, wir fahren gleich nach Westerley«, sagte er und vergaß Griffins Anwesenheit. »Da habe ich in eine Wohnanlage am Wasser investiert. Praktisch am Wasser. Ich dachte, das möchtest du dir mal ansehen. Ich kenne ein paar Stellen, wo wir nackt baden könnten. Keiner würde uns sehen. Wir könnten ein paar schmutzige Fotos mit unseren Handys machen. Außerdem gibt’s da erstklassige gebratene Calamari mit Chilis.«
»Na gut, aber jetzt lass uns mal kurz allein.«
Harold gehorchte widerwillig. Dann fiel Griffin ihm wieder ein, und er blieb auf halbem Weg zum Wagen stehen. »Habe ich schon gesagt, dass ich hoffe, Sie sind nett zu ihr gewesen?«
»Beachte ihn nicht«, wiederholte Marguerite, als Harold die Wagentür schloss. »So ist er eben.« Sie zog wieder die Schultern zusammen, und dann umarmten sie sich ein letztes Mal. »Schreib mal ein Drehbuch, in dem eine Frau wie ich vorkommt«, sagte sie. »Mit Susan Sarandon. Die wäre eine gute Besetzung.«
In Falmouth tankte er an einem 7-Eleven und kaufte sich ein klebrig glasiertes Brötchen und einen Kaffee für unterwegs. In der Pension hatte er keinen Appetit gehabt, doch jetzt, nach dem Abschied von Marguerite, war er plötzlich hungrig und aß das Brötchen noch auf dem Parkplatz. Es war halb elf, und normalerweise wäre es am besten gewesen, einfach die Route 28 zu nehmen, den Kanal auf der Bourne Bridge zu überqueren und dann über die 195 zur 95 zu fahren, aber wenn er jetzt losfuhr, würde er beinahe sicher vor Joy da sein. Die letzten Familienmitglieder würden erst heute Morgen von Portland abfliegen, und sie würde auf keinen Fall nach Hause fahren, bevor nicht der letzte im Flugzeug saß. Wenn er vor ihr dort eintraf, hätte er eine unangenehme Entscheidung zu treffen: Er würde entweder in der Einfahrt auf sie warten oder seinen Schlüssel benutzen und hineingehen müssen. Bei der ersten Option würde er sich vorkommen wie der Idiot, der er war, aber da er es gewesen war, der das Haus im vergangenen Juni verlassen hatte, besaß er andererseits nicht das Recht, es ungebeten wieder zu betreten.
Er musste ein, zwei Stunden totschlagen und war zu unruhig, um einfach nur herumzusitzen. Wenn er jetzt losfuhr und den Kanal nicht auf der Bourne, sondern auf der Sagamore Bridge überquerte, konnte er ein Stück auf der Route 3 in Richtung Boston und dann auf der I-95 nach Connecticut fahren. Die Vorstellung, die Brücke seiner unglücklichen Kindheit noch ein letztes Mal zu sehen, gefiel ihm. Jetzt, da er die Asche seiner Eltern verstreut hatte, glaubte er nicht, dass er noch einmal zum Cape zurückkehren würde. Er hatte das Gefühl, mit dem Ort und seinen falschen Versprechungen fertig zu sein. Und auf der Sagamore Bridge würde er wohl auch herausfinden, ob die Heimsuchungen durch seine Mutter nun endlich vorbei waren oder ob sie nur darauf gewartet hatte, dass Marguerite, sein Schutzengel, fort war. Wenn er wusste, dass sie in Frieden ruhte, konnte er darüber nachdenken, was er sagen würde, wenn er zu Hause angekommen war, ohne ständig ihre sarkastischen Kommentare befürchten zu müssen.
Er wischte die Finger an der Papierserviette ab, stellte den Rückspiegel ein, ließ den Motor an und schaltete in den Rückwärtsgang. Natürlich würde er sich für alles, was er hatte geschehen lassen, entschuldigen müssen, aber er wusste, dass Joy Entschuldigungen letztlich gleichgültig waren. Sie hatte die ganze Zeit recht gehabt: Nicht ihre,
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