Diese eine Nacht mit dir
mit ihrem Vater schuld.
Kurz darauf erschien sie, leger in Jeans und langärmeligem T-Shirt gekleidet, unten beim Frühstück. Agneta war auch da und schäkerte mit Lola, die vergnügt Hof hielt. Gypsy war die Kehle wie zugeschnürt. Sie brachte kaum einen Bissen von ihrem Croissant herunter.
Als ihr Hausmädchen Lola schließlich mit sich nahm, legte Rico endlich seine Serviette beiseite und stand auf.
„Würdest du in mein Arbeitszimmer kommen?“
Sie folgte ihm dorthin, und nachdem er sich auf die Kante seines Schreibtisches gesetzt hatte, sah er Gypsy nachdenklich an. Instinktiv verschränkte sie schützend die Arme vor der Brust.
„Ich hatte keine Ahnung, dass du durch diesen Mann so viel erdulden musstest. Deswegen wolltest du mir nichts von Lola erzählen, nicht wahr?“
Gypsy schluckte schwer. „Das war der Hauptgrund, ja. Aber was immer du glaubst, ich hatte wirklich vor, es dir zu sagen. Ich wollte nur in einer besseren Ausgangsposition sein … du solltest mich nicht für schwach halten. Und der Gedanke, vor Gericht gezerrt zu werden, um deine Vaterschaft auszuschließen, hat mich entmutigt. Ich wollte nicht, dass man herausfindet, dass ich einmal Alexandra Bastion war und dann fragt, wohin das Familienvermögen verschwunden ist. Ich dachte auch nie, dass ich schwanger werden könnte. Ich habe wirklich geglaubt, es könnte nichts passieren.“
„Ich erzählte dir doch von diesem Prozess. Pech, dass du ausgerechnet an jenem Morgen davon erfuhrst“, meinte Rico. Er erhob sich und begann auf und ab zu gehen. Gypsy verschränkte die Arme noch enger vor der Brust.
Plötzlich blieb er vor ihr stehen und fuhr sich mit einer für ihn untypischen, ungeduldigen Handbewegung durch die Haare. „Okay“, begann er. „Wir beide hatten unsere Gründe, so zu reagieren, wie wir reagierten.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich dachte, du wärst wie meine Mutter, würdest mich von Lola fernhalten, nur weil es deinen Zielen dient. Und der Gedanke, dass irgendwann ein anderer Mann Lola großziehen könnte und … dass sie dann dasselbe Schicksal erleiden müsste wie ich … das war einfach zu viel für mich.“
Ein anderer Mann. Es würde keinen anderen Mann geben. Nie.
„Und ich hatte Angst, du wärst wie mein Vater“, antwortete Gypsy. „Ich glaubte, du wolltest mich aus Lolas Leben verdrängen. So wie er meine Mutter aus meinem Leben verdrängte.“
Rico schüttelte den Kopf. „Ich wollte dir Lola nie wegnehmen. Na ja, zuerst dachte ich an eine Zukunft, in der hauptsächlich Lola eine Rolle spielte. Du wärst nur am Rande vorgekommen. Aber jetzt sehe ich es nicht mehr so.“
„Nein?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich sehe jetzt eine Zukunft für uns drei. Ich will nicht, dass in fünfzehn Monaten alles vorbei ist. Ich will mehr als das, Gypsy. Ich möchte, dass wir eine Familie werden.“
Gypsy zitterte am ganzen Körper. Was Rico da sagte, war ungeheuerlich. Er wollte, dass sie zusammenblieben. Für immer? Eine atemberaubende Vorstellung. Aber schon wieder war ihre tief verwurzelte Angst stärker als alles andere.
Rico war ein Meister darin, seinen Willen durchzusetzen. Er bekam immer, was er wollte. Wusste sie überhaupt, ob es ihm ernst war mit seinen Gefühlen? Vielleicht vergab er ihr jetzt, aber wie würde es in Zukunft sein? Vielleicht schwelte sein Zorn im Verborgenen weiter? Und was, wenn er sie einmal nicht mehr begehrte? Abwehrend schüttelte sie den Kopf und begann, vor ihm zurückzuweichen.
„Du möchtest wohl, dass ich jetzt einfach so Ja sage“, meinte sie und schnippte mit den Fingern. „Gerade mal seit ein paar Wochen nimmst du an unserem Leben teil, und plötzlich glaubst du, wir könnten eine Familie sein?“
Ricos ganze Gestalt strahlte eine unbeugsame Entschlossenheit aus. Er war noch näher gerückt und stand ihr jetzt energiegeladen direkt gegenüber. „Das sagst du nur, weil es dir immer noch schwerfällt, mir zu trauen.“
„Hör auf mich zu bevormunden, Rico. Von Anfang an musste alles nur nach deinem Willen gehen. Und genau davor fürchte ich mich.“
„Gypsy, sei doch vernünftig!“ Er schien jetzt wirklich zornig zu sein.
Tief drinnen in Gypsy drängte etwas ans Licht – etwas, das dort lange verborgen gewesen war. „Ich bin nicht wie meine Mutter, Rico. Ich bin nicht psychisch labil. Ich kann durchaus selbst für mich und meine Tochter sorgen.“
„Ich sage ja auch nicht, dass du es nicht kannst. Ich möchte doch nur, dass wir
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