Diese eine Nacht mit dir
zusammenbleiben.“
„Weil du uns kontrollieren willst.“ Gypsy wusste, dass sie Unsinn redete, aber sie konnte nicht anders.
„Nein, verdammt noch mal! Nein, Gypsy. Nicht weil ich euch kontrollieren will, sondern weil ich Lola liebe. Ich möchte nicht von ihr getrennt werden und ich –“ Er hielt jäh inne. Ein erschreckter Ausdruck huschte über sein Gesicht.
Einen Augenblick lang hatte Gypsy geglaubt, er würde sagen, dass er sie liebte. Als er es nicht tat, war ihr, als würde ihr der Boden unter den Füßen fortgezogen. Er wollte doch nur das Beste für Lola. Er war so ganz anders als ihr Vater. Mit einem Mal schämte sie sich.
Ricos Stimme klang gepresst. „Was muss ich tun, um dir zu beweisen, dass ich nicht so bin wie dein Vater?“
Gypsy sah ihn an und sagte, was sie eigentlich gar nicht sagen wollte: „Lass mich gehen, wenn ich es will.“
Rico war sehr blass geworden. Mit unbeweglichem Gesicht sah er sie an. Dann ging er aus dem Arbeitszimmer. Kurz darauf kam er zurück. Er hielt ihr einen Autoschlüssel hin.
„Los, nimm ihn schon. Ich habe Agneta angewiesen, ein paar Sachen zu packen.“
Benommen griff Gypsy nach dem Schlüssel. „Du lässt uns wirklich gehen? Einfach so?“
„Das wolltest du doch, oder?“, gab Rico schmallippig zurück.
Gypsy nickte verwirrt. Eigentlich hatte er ihr doch nur versprechen sollen, sie gehen zu lassen, falls sie es wollte. Das alles konnte nur eines bedeuten: Er ließ sie gehen, weil ihm nichts an ihr lag.
Sie war wie betäubt. Dann ging alles sehr schnell. Koffer wurden in den Jeep gepackt, die verwirrte Lola in ihrem Kindersitz festgeschnallt. Die arme Agneta rang die Hände, als wäre sie an allem schuld.
Rico trat zurück. „Lola wird immer wissen, dass ich für sie da bin“, war alles, was er sagte.
Gypsy startete mit zitternder Hand den Jeep. Sie hatte keine Ahnung, wo sie jetzt hinfahren sollte. Sie hatte sich durchgesetzt, und das Ergebnis war die reinste Katastrophe. Trotzdem fuhr sie los und nahm die Straße entlang der Küste.
Fast augenblicklich ertönte ein klagendes Jammern von der Rückbank. „Papa!“
Erschrocken hätte Gypsy fast das Lenkrad verrissen. Es traf sie zutiefst, dass Lola jetzt, wo sie Rico verließen, ihn zum ersten Mal „ Papa“ nannte. Tränen verschleierten ihren Blick, und sie musste einen Parkplatz ansteuern.
Lola bemerkte Gypsys Verzweiflung und fing erst recht laut zu brüllen an.
Beide saßen schluchzend im Auto, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. „Was ist los? Hattet ihr einen Unfall?“, fragte Rico aufgeregt.
Gypsy brachte kein Wort heraus. Lola hörte auf zu jammern und rief unter Tränen: „Papa … Papa …“
Verblüfft sah Rico sie an. „Sie hat mich Papa genannt … Alles ist in Ordnung, mi pequeña – möchtest du nach Hause?“
Lola schien zu zeigen, dass sie damit einverstanden war, denn Rico hob Gypsy gekonnt auf den Beifahrersitz, wendete das Auto, und plötzlich waren sie wieder auf dem Rückweg zur Villa.
Durch einen Tränenschleier sah Gypsy, wie Rico ihre kleine Tochter aus dem Wagen holte, sie küsste und dann einer erleichtert dreinschauenden Agneta übergab. Dann befand er sich auch schon wieder an der Wagentür und hob Gypsy aus dem Auto, bevor sie noch protestieren konnte.
Er trug sie geradewegs in sein Schlafzimmer. Dort setzte er sich mit der immer noch schniefenden und schluchzenden Gypsy auf dem Schoß in einen Sessel. Wortlos reichte er ihr ein Taschentuch.
„Glaubst du mir jetzt, dass ich dich gehen lasse?“, fragte er.
Gypsy klopfte das Herz bis zum Hals. „Du warst aber nicht weit hinter uns“, meinte sie misstrauisch.
„Beantworte meine Frage, Gypsy Butler. Glaubst du, dass ich dich gehen lasse, wenn du es wirklich willst?“
Gypsy nickte ganz langsam.
Ja, jetzt glaubte sie es.
„Ich machte mir Sorgen um dich. Du warst völlig außer dir. Und“, fügte er hinzu, „es ist gut, dass du mir glaubst, denn ich werde dich nie mehr fortlassen.“
Gypsy war wie gelähmt. Eine unendliche Traurigkeit stieg in ihr auf. „Ich will ja gar nicht fort. Aber ich sehe nicht, wie dich die Liebe zu Lola auf Dauer glücklich machen kann. Würdest du dir nicht irgendwann wünschen, eine Frau kennenzulernen und dann mit ihr zu leben?“
Rico wollte etwas sagen, aber Gypsy hob die Hand. Die Tränen schnürten ihr fast die Kehle zu. „Ich meine, Lola betet dich an, und du betest Lola an. Ich weiß auch, du würdest sie nie verletzen, wie mein Vater es bei mir
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