Diese eine Nacht mit dir
etwas traurig, als das Paar gegangen war.
„Tut mir leid … ich dachte nicht, dass …“, stotterte sie verwirrt.
„Keine Angst, ich bin dir deswegen nicht böse … nicht mehr. Ich würde mich bloß freuen, wenn du es mir mal erzählst. Okay?“
Gypsy nickte nur. In dem Augenblick quietschte eine schrille Stimme auf. „Oh mein Gott, Alexandra Bastion, bist du es wirklich?“
11. KAPITEL
Gypsy stockte der Atem. Ohne dass es ihr bewusst war, krallte sie die Fingernägel in Ricos Hand. Wie durch einen Nebel sah sie eine Frau auf sich zukommen. Sie fasste Gypsy am Arm. Gypsy erinnerte sich. Sie beide waren zusammen zur Schule gegangen.
„Alexandra – das glaube ich nicht! Wie lange ist das jetzt her? Sieben Jahre? Wie geht es dir?“
Die Frau sah Rico erwartungsvoll an. Offensichtlich erwartete sie, dass Gypsy ihn ihr vorstellte. Aber Gypsy brachte kein Wort heraus, sie spürte nur, wie ihr der Champagner wieder hochkam.
Rico schien die Frau für etwas verrückt zu halten und legte schützend den Arm um Gypsy. „Entschuldigen Sie, aber Sie müssen sich irren.“ Und damit führte er sie beiseite.
„Ich muss mal verschwinden“, murmelte Gypsy mühsam.
Sie konnte hören, wie die Frau hinter ihr zu jemandem sagte: „Komisch, und ich hätte schwören können … Und wer war dieser Mann?“
Gypsy war wie in Schweiß gebadet. Schweigend fuhren sie und Rico im Aufzug nach oben. Diese Frau hatte sie wieder in die Vergangenheit zurückgeholt.
Kaum waren sie in ihrer Suite, rannte sie ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. Sie stürzte zur Toilette und musste sich übergeben. Die Tür ging auf und Rico kam herein. Abwehrend streckte Gypsy die Hand aus.
„Nein, bitte – geh weg.“
Natürlich tat er das nicht. Sie hörte Wasser laufen und fühlte dann ein feuchtes Handtuch auf ihrer Stirn. Als ihr Magen sich entleert hatte, half Rico ihr beim Aufstehen und reichte ihr eine Zahnbürste. Mit Zahnpasta! Sie putzte sich die Zähne und spritzte sich dann Wasser ins Gesicht. Trotz ihres Protestes hob Rico sie hoch, trug sie ins Zimmer und setzte sie vorsichtig in einen Sessel.
Dann nahm er auf dem Bett Platz und sah sie, leicht vorgebeugt, mit verschränkten Händen an. Gypsy wusste, dass sie ihm eine Erklärung schuldete und holte tief Luft.
„Als ich fünfzehn war, erwischte mein Vater mich dabei, wie ich zum ersten Mal Champagner probierte. Aus einer der übrig gebliebenen Flaschen von seiner Party. Er zerrte mich in sein Arbeitszimmer und öffnete eine neue Flasche. Dann zwang er mich, die ganze Flasche auszutrinken. Als ich danach den ganzen Boden vollspuckte, musste ich es selber aufwischen. Es sei eine Lektion, meinte er, sollte ich je wieder Lust auf Champagner haben.“
Gypsy sah Rico an. Sein Blick bohrte sich in ihren. „Dein Vater war John Bastion.“
Sie nickte nur schwach. „Wann hast du es herausgefunden?“
„Bevor wir nach Athen zurückkehrten.“
Rico wusste es also schon seit Wochen und hatte nichts gesagt. Er sah die Frage in ihren Augen. „Ich wollte, dass du es mir selbst sagst“, meinte er.
„Warum wolltest du nicht mit mir über ihn reden?“
Sie biss sich auf die Lippen. Wo nur anfangen? „Weil ich nie mehr über ihn reden wollte“, sagte sie endlich. „Er war tot, und ich wollte vergessen, dass es ihn je gegeben hat.“
Rico runzelte die Stirn. „Woher kam Alexandra ?“
„Er wollte mich nicht und nahm mich nur auf, weil er eine sogenannte ‚Stütze der Gesellschaft‘ war. Unter keinen Umständen wollte er eine schlechte Presse haben. Kaum wohnte ich unter seinem Dach, bestand er darauf, meinen Namen in Alexandra zu ändern. Er verbreitete das Gerücht, er hätte mich aus Barmherzigkeit adoptiert. Niemand sollte wissen, dass ich seine richtige Tochter war. Er wollte nicht daran erinnert werden, dass er einmal eine Affäre mit einer Putzfrau hatte. Was mich betraf, so schämte er sich – ganz besonders dafür, dass ich keine Blonde mit glatten Haaren bin wie seine Mutter oder seine neue Frau.“
Rico stand auf und begann, auf und ab zu gehen. „Und was ist mit deiner Mutter? Wo war sie?“
Gypsy krampfte die Hände ineinander und blickte zu Boden. „Uns ging es nicht gut. Im Vergleich zu unserer damaligen Wohnung war mein Apartment in London der reinste Palast. Meine Mutter war alledem nicht gewachsen. Sie versuchte sich umzubringen … deshalb schickte sie mich zu meinem Vater. Er sorgte dafür, dass man sie in eine psychiatrische Klinik
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