Diese Lippen muss man küssen
drei Jahre später zufällig im Clubhaus des TCC begegnet waren. Inzwischen waren sie glücklich verheiratet und genossen das Leben mit ihren zweijährigen Zwillingsmädchen.
„Ja, Dad ist darüber auch froh. Er ist sowieso mit der Zeit milder geworden und erfreut sich an der kleinen Familie.“ Brad warf einen unsicheren Blick auf das Babyfon, das er auf dem Couchtisch abgelegt hatte. „Meinst du wirklich, dass mit Sunnie alles in Ordnung ist? Sie hat so herzzerreißend geschrien.“
„Das machen Babys manchmal.“ Abby unterdrückte ein Lächeln, als sie den sonst so selbstsicheren Brad Price in dieser ungewöhnlichen Situation erlebte. „Ich bin ganz sicher, dass ihr nichts fehlt.“
„Hoffentlich.“
„Heute Nachmittag hast du gesagt, dass du keine Nanny einstellen willst. Aber glaubst du nicht, dass es dir guttun würde, ein wenig Hilfe zu haben? Es könnte dich entlasten?“
„Nein.“ Er schwieg eine ganze Weile, und als er den Kopf hob und Abby ernst ansah, wusste sie, dass er die Entscheidung nicht leichtfertig gefällt hatte. „Denn ich glaube nicht, dass es gut für Sunnie wäre.“
„Dann willst du versuchen, sie allein aufzuziehen?“ Ungläubig starrte sie ihn an. Normalerweise stellten Männer, die so reich waren wie Brad, selbst dann eine Nanny ein, wenn sie verheiratet waren und die Frau nicht außer Haus arbeitete.
„Ja.“ Er beugte sich vor, stützte sich auf den Knien ab und blickte nachdenklich vor sich hin. „Hier geht es nicht um mich und meine Bequemlichkeit. Hier geht es um Sunnie. In ihrem kurzen Leben hat sie schon viel ertragen müssen. Sie wurde als Pfand bei einer Erpressung missbraucht, von ihrer Mutter ausgesetzt und ist immer wieder abgeschoben worden. Bisher hatte sie noch keine Möglichkeit, sich an einen Menschen zu gewöhnen und sich sicher und aufgehoben zu fühlen. Dabei ist das so wichtig.“
Wie recht er hatte. Abby nickte. Sunnie war das Ergebnis einer einzigen Nacht mit Michael Price. Ihre Mutter hatte es darauf angelegt, schwanger zu werden, um das Kind dann später bei einem Erpressungsversuch einzusetzen. Ein Drogenboss stand dahinter, der auf diesem Weg Millionen von den Prices erpressen wollte. Brad hatte entsprechende Briefe bekommen, die behaupteten, er sei Vater geworden. Doch anders, als der Erpresser vermutet hatte, hatte Brad nicht gezahlt. Daraufhin hatte die Mutter das Kind schließlich vor der Tür des Clubs ausgesetzt und einen Zettel an der Decke festgesteckt, der besagte, Brad Price sei der Vater. Zwar war eine genetische Verwandtschaft tatsächlich festzustellen gewesen, doch Brads Freund Zeke Travers hatte schließlich die Mutter des Babys ausfindig machen können. Und die musste zugeben, dass nicht Brad, sondern sein inzwischen tödlich verunglückter Bruder Michael der Vater des Kindes sei. Brad hatte sich trotzdem entschlossen, die Kleine zu adoptieren – entweder, weil er eine familiäre Verpflichtung fühlte oder weil ihm das Kind bereits ans Herz gewachsen war.
„Ich bewundere deine Entschlossenheit“, sagte sie und bemühte sich um eine vorsichtige Wortwahl. Denn auf keinen Fall wollte sie ihn entmutigen. „Aber meinst du nicht, dass etwas Unterstützung dennoch nicht schaden könnte? Zumindest so lange, bis du vollkommen vertraut damit bist, was ein Baby braucht?“
„Sie ist schon durch so viele Hände gegangen, dass ich ihr das Gefühl von Beständigkeit geben will. Sie soll begreifen, dass ich nicht gleich wieder verschwinde und sie sich an die nächste Person gewöhnen muss. Ich will für sie da sein. Deshalb werde ich auch das kommende halbe Jahr von zu Hause aus arbeiten.“
„Dir ist es also wirklich ernst.“ Bewundernd blickte Abby ihn an. Nie hätte sie sich vorstellen können, dass ausgerechnet Brad Price zu solchen Opfern fähig war.
„Ja, sogar sehr ernst. Meine Assistentin wird die alltäglichen Arbeiten im Büro erledigen und mir all das per E-Mail oder Fax schicken, worum ich mich selbst kümmern muss. Nach Sunnies erstem Geburtstag werden wir weitersehen. Dann kann ich wahrscheinlich relativ gut entscheiden, ob ich wieder ins Büro zurückkehre oder lieber weiterhin von Hause aus arbeiten sollte.“
Schon als Abby von Brads Absicht gehört hatte, seine Nichte zu adoptieren, hatte sich ihre Einstellung ihm gegenüber sehr geändert. Denn nie hätte sie ihm einen solchen Schritt zugetraut. Aber dass er seine Verantwortung derart ernst nahm und bereit war, sein Leben komplett umzustellen, erfüllte sie
Weitere Kostenlose Bücher