Diese Lippen muss man küssen
mit ungeheurem Respekt. Sie kannte eine Reihe von Männern in seiner Position, die noch nicht einmal für die eigenen Kinder bereit waren, etwas an ihrem Lebensstil zu ändern, geschweige denn für eine Nichte oder einen Neffen.
Der Unterschied zwischen Brad Price, dem Playboy mit dem genialen Geschick in finanziellen Angelegenheiten, und Brad Price, dem aufopferungsbereiten Daddy, der sich ganz seiner neuen Aufgabe widmen wollte, war gewaltig und verwirrte Abby. Sie brauchte Zeit, diese beiden Seiten seiner Persönlichkeit zusammenzubringen. Wie viel einfacher war es gewesen, in ihm nur den verwöhnten Spross einer reichen Familie und den lebenslangen Rivalen zu sehen, der mit ihr auch noch um die Präsidentschaft des ehrwürdigen TCC konkurrierte. Den liebevollen, menschlichen und verantwortungsvollen Mann, als der er sich heute gezeigt hatte, konnte sie überhaupt nicht einschätzen.
Schnell stand sie auf. „Ich sollte jetzt los. Morgen muss ich früh aufstehen, um Summer Franklin bei dieser Fundraising-Aktion mit den Flamingos zu unterstützen.“
„Das ist wirklich eine verrückte Idee! Ihr wollt tatsächlich diese grässlichen rosa Plastikflamingos in den Vorgarten irgendeiner arglosen Seele pflanzen, die dann Geld für das Frauenhaus spenden muss, damit ihr die Vögel wieder entfernt?“
„Es ist für einen guten Zweck.“
„Das mag ja sein.“ Brad lachte. „Aber ausgerechnet Flamingos aus Plastik, dazu noch in diesem knalligen Pink? Hättet ihr euch nicht etwas Hübscheres aussuchen können, das weniger geschmacklos ist?“
Lächelnd griff Abby nach ihrer Tasche und nahm den Mantel hoch. „Wenn sie den Leuten gefallen würden, würden die ja kein Geld dafür zahlen, sie loszuwerden.“
„Hm, da ist was dran.“ Brad nahm ihr den Mantel ab. „Aber tu mir bitte einen Gefallen.“
„Was denn?“
Er half ihr in den Mantel, legte ihr dann die Hände auf die Schultern und drehte Abby zu sich um. „Verschone mich mit den Flamingos. Ich kann sie nicht leiden und bin gern bereit, euch eine Spende zu schicken, nur damit ich sie nicht ansehen muss.“
Sie lachte, doch bevor sie etwas sagen konnte, hatte er die Arme um sie gelegt und zog sie an sich. „Und noch einmal ganz herzlichen Dank, dass du mir heute Morgen und gerade eben mit Sunnie geholfen hast, Darlin’. Das war sehr, sehr nett.“
Wieder ließ sie dieses „Darlin’“ erröten, obgleich sie wusste, dass es ohne besondere Bedeutung war. Sofort musste sie an den Kuss unter dem Mistelzweig denken, der sie vollkommen verwirrt hatte. Denn das war nicht mehr der magere Jüngling von früher gewesen, der immer gegen sie angetreten war, sondern ein sehr attraktiver, extrem gut gebauter Mann, in dessen Armen ihr ganz heiß wurde.
Schnell löste sie sich von ihm und ging zur Tür. Hoffentlich hatte er nicht gemerkt, was in ihr vorging. „Okay, diese Angst kann ich dir nehmen. Ich verspreche dir, dass du morgen früh keine rosa Flamingos in deinem Vorgarten finden wirst.“
Grinsend steckte er die Hände in die Hosentaschen und wippte auf den Füßen hin und her. „Gut zu wissen.“
Sie öffnete die Tür, doch bevor sie hinaustrat, warf sie noch einen Blick zurück. „Aber fühl dich nicht zu sicher, Price. Eines Tages erwischt es dich auch noch, und zwar dann, wenn du am wenigsten darauf vorbereitet bist.“
Was ist denn nur mit mir los?, fragte sie sich, während sie zu ihrem Wagen ging. Wieso fiel ihr mit einem Mal auf, wie sexy Brad war? Und warum hatte sie sich in seinen starken Armen so wohl und geborgen gefühlt wie schon lange nicht mehr? Vielleicht hatte es damit zu tun, dass sie so lange keinen Mann gehabt hatte, dass selbst Brad Price sie erregte. „Du hast wohl den Verstand verloren, Mädchen“, murmelte sie vor sich hin, als sie ihren SUV über die kreisförmige Einfahrt auf die Straße steuerte.
Sie suchte nicht nach einem Mann, der sie in den Armen hielt, und schon gar nicht nach jemandem wie Playboy Brad Price. Bei einem Mann mit solchen haselnussbraunen Augen, der mit seinem dunklen Haar und der tief gebräunten Haut dazu noch unverschämt gut aussah, konnte es nur Probleme geben. Und darauf konnte sie gut verzichten. Hinzu kam, dass der Tod ihres Mannes unglaublich schmerzhaft gewesen war und sie so etwas nicht noch einmal durchmachen wollte. Deswegen hatte sie nicht vor, einem Mann überhaupt je wieder näherzukommen.
Die schlimmste Zeit hatte sie überstanden, weil ihre Arbeit für verschiedene
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