Diese Lippen muss man küssen
für die Nacht zurechtzumachen und zum Einschlafen zu bringen.“ Am Fuß der Treppe wies er auf die Küche. „Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen?“
„Äh … nein, ich glaube, ich sollte lieber gehen und dich die wohltuende Stille genießen lassen.“ Sie ging zur Garderobe, um ihre Sachen zu holen. „Wenn es irgendwelche Probleme gibt, kannst du mich jederzeit anrufen.“
Doch bevor sie noch nach ihrem Mantel greifen konnte, legte Brad ihr die Hand auf den Rücken und schob sie in Richtung Wohnzimmer. „Ehrlich gesagt wäre ich sehr froh, mal ein bisschen Zeit mit einem Erwachsenen zu verbringen. Wie du selbst gesehen hast, sind Sunnies Möglichkeiten, eine Unterhaltung zu führen, noch etwas begrenzt.“
Abby lachte. „Aber du musst zugeben, dass sie das, was sie will, sehr deutlich machen kann.“
„Das kann man wohl sagen. Mir klingeln jetzt noch die Ohren.“
Vorsichtig setzte sie sich auf die Sofakante und verschränkte die Hände im Schoß. „Danke für das Angebot, aber ich möchte um diese Tageszeit lieber keinen Kaffee mehr trinken. Sonst bin ich die ganze Nacht wach.“
„Möchtest du etwas anderes? Wasser? Limonade? Leider habe ich nichts Stärkeres. Da ich selbst keinen Alkohol trinke, habe ich selten welchen im Haus.“
Von Brads Schwester Sadie wusste Abby, dass ihr verstorbener Bruder Michael Alkoholiker gewesen war. Kein Wunder also, dass Brad keinen Alkohol mehr anrührte. „Ich mache mir auch nicht viel draus. Mal ein Glas Wein zum Essen, das ist es dann auch schon.“
Brad ließ sich in den großen Sessel fallen. „Versteh mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Alkohol in Maßen. Er wird nur dann zum Problem, wenn man nicht mehr weiß, wann man aufhören sollte.“
„Wie bei deinem Bruder?“
Er nickte. „Ja. Mike war der geborene Rebell und lehnte sich ständig gegen unseren Vater auf. Er wollte ihn demütigen und ihm das Leben so schwer wie möglich machen. Nun, als stadtbekanntem Säufer ist ihm das bestens gelungen.“
Dass Michael damit nicht nur den Vater, sondern die ganze Familie getroffen hatte, würde Brad ihm nie verzeihen. Nur zu gut konnte Abby das nachvollziehen. Sie selbst hatte als Teenager sehr unter einem Skandal gelitten, in den ihre Familie verwickelt gewesen war, unter dem Klatsch und den bösartigen Spekulationen. „Viele Jugendliche machen eine solche Phase durch“, versuchte sie Brads Verbitterung abzumildern. „Wahrscheinlich hat Michael nicht damit gerechnet, dass das Ganze mal solche Dimensionen annehmen würde.“
„Vielleicht nicht. Aber leider hat er es nie geschafft, diese Phase hinter sich zu lassen. Und als Dad ihn enterbte, wurde es noch schlimmer.“
Michael Price war zwei Jahre älter als sie und Brad gewesen, und sie erinnerte sich nur daran, dass seine wilden Partys berüchtigt gewesen waren. „Ist er deshalb aus Royal weggezogen?“
„Ja. Dad war am Ende seiner Weisheit und hat Michael aus dem Haus geworfen. Und anstatt abzuwarten, bis Dad sich wieder beruhigt hatte, verließ Mike die Stadt sofort. Wir haben danach nichts mehr von ihm gehört. Erst wieder vor acht Monaten, als wir die Nachricht von seinem Tod erhielten.“
„Das hat deinem Vater doch sicher das Herz gebrochen.“ Abby wagte kaum sich vorzustellen, was Brads Vater dabei empfunden hatte. Den Sohn zu verlieren, ohne sich mit ihm ausgesprochen zu haben – was für ein Albtraum!
„Es hat ihm sicher sehr viel mehr ausgemacht, als er nach außen zeigte. Aber glaube nicht, dass Robert Price seine damalige Entscheidung bereut hätte. Du weißt, wie wichtig ihm der Ruf der Familie ist. Sadie wäre nie nach Houston gezogen, als sie schwanger war, ohne verheiratet zu sein, wenn sie nicht Angst vor der Reaktion unseres Vaters gehabt hätte.“
Da Abby damals in Seattle gelebt hatte, wo sie mit einer Freundin gleich nach dem Studium eine Softwarefirma aufgebaut hatte, war sie über die Einzelheiten dieses Skandals erst später informiert worden. Erst nachdem sie ihren Anteil an der Firma sehr gut verkauft hatte und nach Royal zurückgekehrt war, um Richard zu heiraten, erfuhr sie Genaueres. „Ich bin froh, dass Sadie nach Royal zurückkehrte. Wer weiß, sonst hätten Rick und sie sich vielleicht nie wieder getroffen.“
Sadie Price war schon nach der ersten Nacht mit Rick Pruitt schwanger geworden. Unglücklicherweise war er kurz danach als Soldat ins Ausland geschickt worden. Die beiden hatten jeglichen Kontakt verloren, bis sie sich
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