Diese Lippen muss man küssen
Nachmittag war sie ein richtiger kleiner Engel gewesen. Zeke, Chris und er hatten sich mit Vertretern des Vorstands eines fast schon professionellen Footballvereins getroffen, den sie kaufen und nach Royal holen wollten.
Bei dem Gedanken musste er lächeln. Wie fast alle Texaner waren auch die Einwohner von Royal begeisterte Footballfans. Er selbst hatte viele Jahre in der Highschool und später im College Football gespielt. Zeke, Chris und er waren der Schrecken der gegnerischen Teams gewesen, und alle drei freuten sich, dass ihre Heimatstadt Royal bald eine eigene Mannschaft haben würde. Allerdings hatten sie sich vorgenommen, erst auf dem Weihnachtsball des TCC diese aufregende Nachricht bekannt zu geben. Denn bis dahin hofften sie, den früheren Profispieler Mitch Hayward als Generalmanager zu gewinnen. Und Daniel Warren, der Architekt, der auch das geplante Clubhaus bauen würde, konnte dann hoffentlich Pläne für das neue Stadion vorlegen.
Während er den Einkaufswagen durch die Gänge schob, musste er wieder daran denken, wie sehr sich sein Leben verändert hatte. Wenn ihm jemand vor einem halben Jahr prophezeit hätte, dass er eines Tages nicht mehr ins Büro fahren, sondern von zu Hause aus arbeiten würde, damit er Windeln wechseln, ein Baby füttern und mit ihm im Supermarkt Einkäufe machen konnte, hätte er ihn für verrückt erklärt.
Leise in sich hinein lachend blickte er hoch. War das nicht Abby, die ihm da entgegenkam? In Jeans, Stiefeln und Jeansjacke sah sie verdammt gut aus. Schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage wirkte sie ausgesprochen sexy auf ihn, ein klarer Beweis dafür, dass er mal wieder eine Frau brauchte. Sowie er zu Hause war, würde er Sadie anrufen und sie bitten, möglichst bald einen Abend lang Sunnie zu hüten. Gute Idee, dachte er grinsend.
„Du scheinst ja ausgesprochen guter Laune zu sein, Price“, begrüßte Abby ihn. „Denkst du schon an den großen Sieg, von dem du ja so fest überzeugt bist?“
„Allerdings. Ich bin genauso sicher zu gewinnen, wie du davon überzeugt bist, mir die Präsidentschaft wegzuschnappen.“
„Und das werde ich auch tun.“ Sie beugte sich vor und lächelte Sunnie an. „Wie geht es denn dem kleinen Engel?“
„Der Arzt war heute Nachmittag sehr zufrieden mit ihr. Und sie hat sogar bei der Impfung nicht geweint. Das werden wir heute Abend feiern, indem wir es uns auf dem Sofa vor dem Fernseher gemütlich machen. Sie bekommt ein Fläschchen und ich eine Pizza.“
„Wahrscheinlich hat dir der Kinderarzt gesagt, dass die Impfung möglicherweise eine Reaktion hervorrufen kann?“ Abby kitzelte die Kleine unter dem Kinn, und Sunnie quietschte vor Vergnügen.
„Ja. Sie mochte die Impfung zwar nicht besonders, aber es geht ihr prima. Allmählich fühle ich mich auch sicher im Umgang mit ihr und bin davon überzeugt, dass wir keine weiteren Probleme haben werden.“
„Das hoffe ich.“ Abby hob den Kopf und sah ihn ernst an.
Traute sie ihm das etwa nicht zu? „Keine Sorge, alles läuft bestens“, sagte er mit Nachdruck. „Ich habe sogar herausgefunden, dass sie viel schneller einschläft, wenn sie vorher nicht weiß, dass es ins Bett geht.“
Abby lachte laut los, was ihn irgendwie ärgerte. „Donnerwetter, das hört sich gut an! Willst du mir nicht dein Geheimnis verraten, Price?“
„Du kannst gern heute Abend vorbeikommen, wenn du mir nicht glaubst“, sagte er zu seiner eigenen Überraschung. Irgendwie hatte er das Gefühl, er müsse ihr beweisen, dass sie unrecht hatte. Offenbar waren manche Angewohnheiten nur schwer abzulegen. Wenn Abby ihn provozierte, hatte er nie widerstehen können, sondern immer die Herausforderung angenommen. Und ihr war es merkwürdigerweise ebenso gegangen.
Sie schüttelte lachend den Kopf, sodass ihr kastanienbrauner Pferdeschwanz hin und her schwang. „Tut mir leid. So gern ich diese Meisterleistung begutachten würde, heute Abend geht es nicht. Ich habe den ganzen Tag auf der Ranch gearbeitet und bin erschöpft.“
„Du willst wohl nur nicht zugeben müssen, dass ich nicht übertrieben habe.“
Vergnügt kniff sie die leuchtend blauen Augen zusammen. „Vielleicht möchte ich dir nur die Peinlichkeit ersparen, dass ich Zeugin deiner Niederlage werde.“
„Das nehme ich dir nicht ab! Im Gegenteil, du genießt es geradezu, wenn mir etwas misslingt, das wissen wir doch beide.“
„Ich muss zugeben, dein Vorschlag ist durchaus verlockend …“ Nachdenklich sah Abby das Baby an.
Weitere Kostenlose Bücher