Diese Lippen muss man Kuessen
waren auch gekommen, ebenso wie einige andere Kollegen. Bei so vielen Leuten war es ganz natürlich, dass das Bier alle war.
“Ich hole welches”, bot Kayla an.
“Bestimmt nicht. Das letzte Mal, als du mein Bier kaufen solltest, hast du eine schwache Imitation mitgebracht”, neckte er sie.
„Du bist ja ganz schön nachtragend”, beschwerte sie sich.
“Du bleibst hier. Ich bin bald wieder da.” Er küsste sie auf die Wange, und die anderen Männer jubelten. Dann war er weg.
“Hat Jack dir verraten, was für einen Spitznamen er in der Feuerwache hat?” fragte Boomer und grinste.
Kayla war in Versuchung zu antworten, dass Jack ihr selten etwas erzählte, nicht mal, dass er vorgehabt hatte, die Decke zu durchlöchern. Und von seiner Arbeit sprach er schon gar nicht. Aber sie hatte Angst, dass Boomer ebenfalls schweigen würde, wenn sie das erwähnte. “Warum verrätst du ihn mir nicht?” erwiderte sie stattdessen.
“Wir haben an „Jumping Jack Flash“ gedacht, weil er so schnell über Hindernisse springt. Aber das war uns zu schwierig auszusprechen. Also nennen wir ihn As, weil er solches Glück hat. Er war immer stolz darauf, dass er sich nie wesentlich verletzt hat, bis jetzt.”
Daraufhin überlegte Kayla, was ihm wohl vorher alles passiert sein mochte.
“Dann waren wir in diesem brennenden Haus. Jack ging in das hintere Schlafzimmer, obwohl der Boden aussah, als würde er jede Minute durchbrechen. Und das tat er auch. Trotzdem schaffte Jack es, den kleinen Jungen zu retten. Er behauptet, er wäre bestens raus gekommen, wenn er nicht über einen Schlauch gestolpert wäre. Aber die Wahrheit sieht so aus, dass er sich das Bein gebrochen hat, als er diesen Jungen gerettet hat. Der durchbrechende Fußboden hat ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, aber du weißt ja, wie er ist, wenn es um Kinder geht. Da riskiert er alles. Er hat seine Gründe dafür.”
Kayla wusste gar nichts, abgesehen davon, wie Jacks Eltern gestorben waren. Ging er deshalb solche Risiken ein?
„Es scheint ihm Spaß zu machen, dieses Haus herzurichten”, stellte Boomer fest. “Wie viele Rauchmelder hat er installiert?
Drei?”
Kayla nickte. “Das hat er gleich am ersten Tag getan. In dieser Hinsicht ist er richtig fanatisch.”
„Weil es nicht die Hitze von einem Feuer ist, die die meisten Opfer umbringt, sondern der Rauch. Da war ein Vorfall in unserem ersten Jahr …” Boomers Ausdruck wurde ungewöhnlich ernst. “Ich weiß, dass Jack ihn nie vergessen hat.”
“Was ist passiert?”
„Es steht mir nicht zu, die Geschichte zu erzählen.” Boomer wirkte schuldbewusst, weil ihm schon zuviel rausgerutscht war.
“Jedenfalls hat Jack die Rauchmelder installiert, weil er versucht, euch zu beschützen. Darin ist er wirklich gut.”
„Ja, das stimmt.” Kayla dachte, dass er aber weniger gut darin war, sich von jemand anderem schützen zu lassen.
Ashley war so ziemlich die einzige, die etwas für ihn tun durfte, und die Fähigkeiten einer Dreijährigen waren nun mal begrenzt.
Jack lag inzwischen sehr viel an dem Kind, und er wusste genauso viel über den Sorgerechtsstreit wie Kayla. Wann immer sie sich Sorgen wegen des Gerichtstermins machte, beruhigte er sie. Das konnte er gut. Was er nicht konnte, war, sich zu öffnen, sich jemandem anzuvertrauen.
Kayla überlegte, was Jack wohl in seinem ersten Jahr als Feuerwehrmann passiert sein mochte. Während Boomer weiter Anekdoten erzählte, wurde ihr klar, wie viel sie nicht wusste.
Jack teilte wenig mit ihr, abgesehen von seinem Bett, weder Gedanken noch Träume, abgesehen von denen, die damit zu tun hatten, sie zu verführen.
Er redete nicht über seine Freunde, seine Arbeit, darüber, wie er sich das Bein gebrochen hatte… nicht mal über seine Pläne für das Haus. Dadurch fühlte Kayla sich wie eine Außenseiterin.
Wie eine Fremde. Und das tat weh.
Nun entschuldigte sie sich und ging zu Corky in die Küche.
“Hat Jack dir je erzählt, wie er sich das Bein gebrochen hat?”
Corky war anscheinend nicht überrascht. Ihr Blick verriet höchstens Bedauern.
“Er hat nur erwähnt, dass er ungeschickt war.”
“Es ist passiert, als er einen kleinen Jungen gerettet hat.”
Corky lächelte. “Das wundert mich nicht.”
“Mich auch nicht. Darum geht es nicht. Ich meine nur, dass er uns die Wahrheit hätte, sagen sollen. Er sollte sich nicht vor den Leuten verschließen, die ihn lieben.“
Kayla erkannte verblüfft, was sie da gerade eingestanden hatte.
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