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Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
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dem ich mit dem Abgesandten sprach. In diesem Augenblick begriff ich, dass er mich auf den Weg brachte, den zu beschreiten mir stets bestimmt gewesen war. Den Weg, der mich zum Amt des Kais führen würde.«
    »Hört sich an, als glauben Sie das nicht länger.«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll«, sagte Yevir sanft. Es klang, als bereitete ihm das Geständnis Schmerzen. »Ich begreife die jüngsten Entwicklungen nicht. Der Ohalu-Text, die Spaltung der Gläubigen, die gescheiterten Friedensgespräche mit Cardassia … All das bedroht Bajors spirituelles Heil. Mir ist, als verstünde ich die Aufgabe, die mir der Abgesandte übertrug, nicht länger. Ich kam hierher, zu Ihnen, weil ich hoffte, bei Ihnen die Klarheit zu finden, die er mir einst schenkte …« Seine Stimme brach. Schließlich zuckte er mit den Achseln. »Ich kam, weil ich nicht anders konnte.«
    Kasidy sah ihn an und suchte nach Anzeichen von Unehrlichkeit. Doch sie fand nur Verwirrung. Yevir schien tatsächlich ratlos zu sein. Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, es gäbe ein Handbuch für Abgesandten-Gattinnen. »Ich wünschte, ich wüsste, was Ben Ihnen sagen würde, wenn er hier wäre.«
    Yevir schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich verstehe. Bitte verzeihen Sie die Störung.« Nahezu väterlich nahm er ihre Hand und legte sie zwischen die seinen. »Danke für Ihre Zeit, Captain Yates. Ich finde selbst hinaus.« Dann ging er, verneigte sich tief – und erstarrte.
    Kasidy folgte seinem Blick, sah an sich hinab, zu Boden, zu den Möbeln. Fand nichts. »Was? Was haben Sie?«
    Yevir schien sie nicht zu hören. Reglos starrte er an ihr vorbei.
    Als sie sich umdrehte, fiel ihr Blick auf die Statuette. Kira hatte sie auf den Sofatisch gestellt, bevor sie zur Tür gegangen war. Bernstein und Gold. Das Licht der Flammen spiegelte sich auf ihr und verlieh ihr ein nahezu irreales Leuchten.
    »Was ist das?«, flüsterte Yevir.
    »Sie stammt aus B’hala«, antwortete Kasidy. »Man fand sie bei Ausgrabungen.« Eivos sagte, sie bestehe aus Jevonit. Ist mir hier irgendetwas entgangen?
    Zögernd und zitternd näherte sich Yevir der Statuette und streckte die Hand danach aus. »Darf ich?«
    »Nur zu.«
    Er hob die Figur an, hielt sie in der Hand, drehte und wendete sie langsam. »Es steht mir nicht zu, darum zu bitten, doch …« Seine aufgerissenen, fragenden Augen hatten etwas Kindliches.
    »Nehmen Sie sie«, sagte Kasidy. »Bitte. Wenn sie Ihnen etwas bedeutet, soll sie Ihnen gehören.«
    Er umklammerte die Statuette fest und neigte den Kopf respektvoll. »Danke. Haben Sie vielen Dank, Captain.«
    »Ich wüsste nicht, wofür.« Sie erhob sich langsam.
    »Ich glaube, die Propheten brachten mich aus einem Grund hierher. Zwar kenne ich ihn noch nicht, aber das hier …« Er hielt die Figur in die Höhe. »Das ist vielleicht der Pfeil, nach dem ich suchte.«
    Verwirrt geleitete Kasidy ihn zur Tür und verabschiedete sich von ihm. Er denkt, gefunden zu haben, weshalb er kam. Und es hilft, eine Richtung zu haben. Sie sah ihm nach, bis er um die Wegbiegung verschwand. Hoffentlich findet Kira auch bald eine.
    Kira stieß die Fersen in den Dreck. Bei jedem Schritt musste sie daran denken, dass sich Kas gerade mit ihm befassen musste. Dabei war Yevir ihr Problem, allein ihres. Angeekelt spuckte sie aus. Das Universum ist nicht gerade subtil.
    Gerade als sie ihr verworrenes Leben in den Griff zu bekommen versuchte, tauchte Yevir auf. Das war ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass es ihr nicht bestimmt war, das Warum zu erfahren. Warum sich Thriss das Leben nahm, zwei Tage vor der Ankunft von Shars Nachricht aus dem Gamma-Quadranten. Warum irgendein Dreckskerl das Bedürfnis verspürte, abermals ein Exempel an Ziyal zu statuieren. Und dann war da noch ihr liebstes »Was-zum-Donnerwetter-denkt-er-sich-nur«-Fragezeichen: Shakaar. Natürlich hatte sie schon früher Probleme mit ihm gehabt. Doch selbst wenn er ihre gemeinsame Vergangenheit zu seinem politischen Vorteil nutzte, hatte sie stets auf seine Führungsqualitäten bauen können. Was war nur geschehen, dass Shakaar sich auf einmal so ignorant wie Yevir gebärdete? Auf geistlicher und säkularer Ebene wurde Bajor von blinden Männern geführt – wer war sie, zu glauben, sie sei besser? Nichts von dem, was sie tat, schien zu funktionieren. War es nicht egoistisch von ihr, Antworten und Hinweise zu erwarten, wenn ihre ganze Welt ins Dunkel zu irren drohte? Sollte sie nicht einfach loslassen und

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