Dieser Mann ist leider tot
sich gezwungen, in schneller Folge zu produzieren, um genug Geld zu verdienen. Es erscheinen Romane wie ›The World Jones Made‹ (dt. ›Die seltsame Welt des Mr. Jones‹), ›Eye in the Sky‹ (dt. ›Und die Erde steht still‹), oder Storysammlungen wie ›A Handful of Darkness‹ (dt. ›Eine Handvoll Dunkelheit‹) und ›The Variable Man‹ (dt. ›Krieg der Automaten‹). 1957 trennte sich Dick von seiner zweiten Frau; 1958 heiratete er Anne Rubenstein. Aus dieser Verbindung ging die Tochter Laura hervor. Die Ehe hielt bis 1966. In dieser Zeit endete auch Dicks erste Romanphase. Jahrelang nahm man an, daß er unter einem ›writer’s block‹ litte und von 1959 bis 1961 kaum etwas schrieb und mit seiner Frau Anne in deren Juweliergeschäft arbeitete. Erst 1962 meldete sich Dick mit dem Roman ›The Man in the High Castle‹ – dem obigen ›Das Orakel vom Berge‹ – zurück, der die zweite Phase in einem Romanwerk einleitete und mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde. Doch die Auffassung, Dick habe über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geschrieben, ist, wie man heute weiß, völlig falsch. Anne Dick bestätigte, daß Dick während ihrer Ehe ständig an Manuskripten gearbeitet hat. Geschrieben hat er – nur veröffentlichen konnte er das Geschriebene nicht.
Denn es gab noch einen ›anderen‹ Philip K. Dick, einen Schriftsteller, wie er eigentlich ins damalige Berkeley gepaßt hätte: einen Autor, der seine Kurzgeschichten schrieb – hohe Literatur natürlich – und sie seinen Freunden und Kommilitonen vorlas, nur damit sie anschließend wieder in der Versenkung verschwanden. Dick jedoch versuchte, diese ›hohe Literatur‹, diese Mainstream-Texte, ebenfalls zu verkaufen: zuerst auf eigene Faust, dann über seine Agentur Scott Meredith bot er sie zahlreichen Verlagen an. Einer seiner ›Hauptabnehmer‹ war der Verlag Harcourt, Brace and Company, der sogar aufgrund eines Exposés einen Roman ›in Auftrag gab‹, dann aber doch nicht ankaufte.
Es sind insgesamt dreizehn Mainstream-Romane bekannt:
›The Earthshaker‹, geschrieben etwa 1948 – 50; die ersten Kapitel und das Exposé sind erhalten geblieben. Dieser Text könnte als Grundlage für den späteren SF-Roman ›Nach dem Holocaust‹ gedient haben.
›Voices from the Street‹, etwa 1952 – 53, 547 Manuskriptseiten.
›Gather Yourselves Together‹, 481 Manuskriptseiten.
›Mary and the Giant‹, etwa 1954/55, 1987 veröffentlicht.
›A Time for George Stavros‹, etwa 1956, Manuskript verschollen, könnte als Grundlage für den späteren ›Humpty Dumpty in Oakland‹ gedient haben.
›Pilgrim on the Hill‹, etwa 1956, Manuskript verschollen.
›The Broken Bubble of Thisbe Holt‹, etwa 1956, 1988 unter dem Titel ›The Broken Bubble‹ veröffentlicht.
›Puttering About in a Small Land‹, 1957, 1985 veröffentlicht.
›Nicholas and the Higs‹, 1957/58, Manuskript verschollen.
›In Milton Lumky Territory‹ (dt. ›In Milton Lumky Land‹), 1958, 1985 veröffentlicht.
›Confessions of a Crap Artist‹ (dt. ›Eine Bande von Verrückten‹), 1958/59, 1975 veröffentlicht.
›The Man Whose Teeth Were All Exactly Alike‹ (dt. ›Der Mann, dessen Zähne alle exakt gleich waren‹), 1960, 1984 veröffentlicht.
›Humpty Dumpty in Oakland‹, Mitte 1960, wahrscheinlich Überarbeitung von ›George Stavros‹, 1986 veröffentlicht.
Dick mußte schließlich feststellen, daß seine Mainstream Romane unverkäuflich waren (1963 erhielt er sie alle von seinem Agenten Scott Meredith zurück; ein schwerer Schlag für Dick, der damit seine Karriereträume in dieser Richtung endgültig begraben mußte), und wandte sich nun wieder phantastischen Themen zu. Sichtlich durch die Mainstream-Fingerübungen gereift, verfaßte er 1961 mit ›The Man in the High Castle‹ den Roman, der ihm in der Science Fiction endgültig den Durchbruch bescherte und der seine zweite – und nach Meinung vieler Kritiker fruchtbarste – Schaffensphase einleitete. In der Folge entstanden solch herausragende Werke wie ›Martian Time-Slip‹ (dt. ›Mozart für Marsianer‹), ›The Three Stigmata of Palmer Eldritch‹ (dt. ›LSD-Astronauten‹), ›Dr. Bloodmoney‹ (dt. ›Dr. Bloodmoney‹), ›Do Android Dream of Electric Sheep?‹ (dt. ›Träumen Roboter von elektrischen Schafen?‹, auch als ›Blade Runner‹ [7] ) und ›Ubik‹ (dt. ›Ubik‹), in denen Dick die Wirklichkeit nicht nur hinterfragte, sondern nachhaltig zertrümmerte.
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