Dieser Mann ist leider tot
amerikanische Mars-Expedition an und zeigt dabei sein wahres Gesicht: er ist ein machtbesessener Diktator, ein Kriegstreiber, der nach Vietnam die UdSSR ausmerzen will. Mehr noch: er entpuppt sich als Satan, der von einem Bischof – mit Hilfe Dicks, der dort materialisiert – exorziert wird (wobei die Mondstation vernichtet wird und alle ums Leben kommen).
Das Ende des Romans ist hoffnungsvoll: Dick hat aus eigener Kraft den ›Schwarzen Eisenvorhang‹ gesprengt, sein persönlicher Kosmos ist zum allgemeinen geworden: durch seine Tat hat er die Welt hinter dem Vorhang hervorgeholt auf eine andere – bessere – parallele Existenzebene, die jedoch plötzlich von Außerirdischen bedroht wird. Und in dieser neuen Welt ist Nixon nicht Präsident, lebt Philip K(yle) Dick noch, hat sich in ein Kloster zurückgezogen und erkennt, was er getan hat: Daß diese Realität die Welt für immer halten wird, wenn er nicht zur Feder greift und sie neu erschafft. Und so macht sich Philip K(yle) Dick daran, die Grundlagen der Realität aufs neue zu ändern …
Michael Bishop, zweifellos einer der großen Stilisten der SF, hat in diesem Roman glaubwürdige Charaktere erschaffen, sich ständig weiterentwickelnde Menschen, die, wie Dicks Helden, stets ihre moralischen Entscheidungen vor sich vertreten und die Konsequenzen dieser Entscheidungen akzeptieren müssen. Es gelingt dem Autor, die niederdrückende Tyrannei dieses Paralleluniversums anhand von Einzelschicksalen aufzuzeigen. Ihre Probleme – kleine Entscheidungen, die letztendlich über persönliche Integrität, Verrat und Selbstachtung entscheiden – fordern wie bei Dick, bei anscheinend unbedeutenden Kleinigkeiten menschliche Größe zu beweisen; dies macht den Tenor des Romans aus. Er ist in zweifacher Hinsicht herausragend: Zum einen fängt er genau das typische Wesen der besten Werke Dicks ein, atmet den Geist dieses Autors; zum anderen ist er viel mehr als eine bloße Hommage, nämlich ein eigenständiges Werk, das auch ein Leser genießen kann, der niemals auch nur eine Zeile von Dick gelesen hat. Bishops Extrapolation eines Paralleluniversums, in dem Nixon eine Tyrannei errichtet, die USA den Vietnamkrieg gewonnen haben und in der Weltraumfahrt führend sind, ist stimmig, scheint auf Fakten zu basieren. Die moralischen Entscheidungen, die die Charaktere treffen müssen, beruhen zwar auf den Prämissen, die Dick in seinem Werk errichtet hat, sind jedoch allgemeingültig.
Für den Leser, der Philip K. Dick kennt, ergeben natürlich die Anspielungen in ›Dieser Mann ist leider tot‹ auf Dick einen besonderen Reiz. Dies geht über eine Erwähnung der Titel von Dicks Mainstream-Romanen und eine gelungene Verballhornung seiner ›unbekannten‹ SF-Romane weit hinaus. Michael Bishop benutzt wie Philip K. Dick eine Erzählform, in der er die Handlung aus der Sicht verschiedener Charaktere schildert. Er greift auf den frühen Philip K. Dick zurück, wie er sich in ›Das Orakel vom Berge‹ präsentiert, und geht mit abrupten Realitätswechseln sparsam um. Doch wenn Bishop am Schluß beschreibt, wie Philip Kyle Dick zu Papier und Bleistift greift und voller Schmerz die charakteristischen Züge des Universums verändert, wenn er vom Schwarzen Eisenvorhang schreibt, erkennt man sofort jene göttliche Macht aus ›VALIS‹, die die Wirklichkeit ständig neu gestalten kann. Und man findet den politischen Philip K. Dick in diesem Roman; den, der ›Eine andere Welt‹ geschrieben und in zahlreichen Artikeln gegen ›Die Nixon-Bande‹ gewettert und vor diesem Präsidenten gewarnt hat. ›Dieser Mann ist leider tot‹ stellt den buchgewordenen Alptraum eines Philip K. Dick dar, der in Watergate das Ende der amerikanischen Demokratie sah.
Auch Erinnerungen an Dicks Roman ›Radio Free Albemuth‹ (dt. ›Radio Freies Albemuth‹) werden wach; dabei handelt es sich um die Urfassung von Dicks späterem ›VALIS‹. Der Roman entstand etwa 1975/76; Dick versuchte vergeblich, ihn zu verkaufen, und arbeitete den Stoff schließlich zu der ›VALIS‹-Trilogie um. Auch in diesem Roman, der posthum 1985 erschien, nimmt Dick selbst als handelnde Person eine wichtige Rolle ein. Er wird aus der Sicht zweier Protagonisten erzählt, einmal Dick selbst, der völlig unverfremdete Einzelheiten aus seinem Leben preisgibt, einmal von Nicholas Brady, einer Art verfremdetem Dick, bei dem wichtige biographische Stationen ebenfalls übereinstimmen. So wird Bezug genommen auf den Versuch von
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