"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
noch verbessern kann. In den deutschen Bundesligastadien sowie auch in den Arenen bei EM- oder WM-Turnieren stehen bei Spielen nicht nur ausreichend Notfallteams mit Defibrillatoren für die Sportler, sondern für die Zuschauer bereit. Leider gilt dies aber nicht für alle europäischen Länder. Da muss sicherlich noch nachgebessert werden.
Dass die Verfügbarkeit von Defibrillatoren extrem wichtig sein kann, erlebte ich dann selbst mit. Denn der für mich angeschaffte Rettungskoffer konnte zu meiner Zeit auf Schalke ein anderes Leben retten als das meine. 2004 sah ich, wie unser Fitnesscoach Dr. Christos Papadopoulos auf dem Trainingsplatz zusammenbrach. Herz-Kreislauf-Stillstand. Wir waren fassungslos. Es war Glück im Unglück, dass ihm schnell geholfen werden konnte. Der rettende Defibrillator hing in der Kabine. Vielleicht war es sogar auch doppeltes Glück im Unglück. Denn ich kann mich noch erinnern, dass der Coach selbst wenige Tage zuvor auf Schalke eine Fortbildung gegeben hatte, wie man mit so einem Gerät umgeht. Von dem Wissen haben die Retter möglicherweise profitiert.
Wie aber gehe ich heute mit meiner Krankheit um? Ich habe lange darüber nachgedacht, was nun besser ist: Ich weiß nichts von meiner Krankheit und merke vielleicht mein ganzes Leben nichts davon oder ich weiß von meinem Risiko und werde hier und da daran erinnert. Was soll nun besser sein? Ich habe mich dafür entschieden, dass alles so sein soll, wie es ist. Denn aus den Erfahrungen, die ich gemacht habe, habe ich gelernt, immer an mich zu glauben und nicht aufzugeben – und vor allem, andere davor zu schützen, in die gleichen Fallen zu tappen wie ich. Vielleicht kann ich sogar dazu beitragen, ein paar Leben zu retten.
Die Gerald-Asamoah-Stiftung
Heute wird viel geforscht rund um das Thema plötzlicher Herztod. In Deutschland sterben daran jährlich über 100 000 Menschen, einige Hundert sind beim Sport davon betroffen. Hätte man ihnen allen eigentlich helfen können, frage ich mich manchmal. Wahrscheinlich eher nicht. Denn die Gründe sind wirklich vielfältig und die Ursachen bleiben oft unentdeckt. Prof. Dr. Tim Meyer, u. a. mein Arzt bei der Nationalmannschaft, hat an der Universität Saarbrücken unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie eine Online-Datenbank eingerichtet. Dort will er möglichst viel Wissen über die einzelnen Fälle sammeln und hofft so, die Prävention zu verbessern. Ihm geht es dabei nicht nur um Leistungssportler wie mich, die sofort ein riesiges mediales Interesse hervorrufen. Nein, auch in der Fußballkreisklasse, im Handball und Volleyball und vor allem beim Laufsport gibt es Todesfälle. Hier sind Sportler mit Risiko genauso gefährdet und deshalb auch für eine wissenschaftliche Auswertung interessant.
Tim Meyers Traum ist ein zentrales Register solcher Fälle in Deutschland. Das wird wohl Jahre dauern, aber ähnliche Aufarbeitungen in den USA und Italien haben schon Ergebnisse gebracht: So ist, wie bei mir, in den USA die krankhafte Verdickung des Herzmuskels die häufigste Todesursache, in Italien hingegen eine krankhafte Vergrößerung der rechten Herzkammer. Es scheint also länderspezifische Verteilungsmuster zu geben. Vielleicht findet man in Deutschland noch ein weiteres, anderes Krankheitsbild. Dieses Register ist eine wirklich wichtige und gute Sache, die es zu unterstützen gilt. Und schon mal eine Mahnung an uns Herren der Schöpfung: Vielleicht sollten gerade wir es im Breitensport nicht ganz so ehrgeizig angehen. Denn schließlich sind 90 Prozent der Todesfälle männlichen Geschlechts. Männer hören ja bekanntlich nicht gerne auf ihren Körper und ignorieren vielleicht dadurch eindeutige Warnsignale.
Wie ist das bei mir? Natürlich bin ich mir darüber im Klaren, dass ich mit meinem Beruf mein Leben riskiere. Ich tue das auf eigene Verantwortung und habe dabei Vertrauen in meinen Körper – und auch zu Gott. Ich hoffe, er wird mir zur Seite stehen. Er hat eben noch etwas mit mir vorgehabt, als er mir aus dem Dilemma half, und hat es hoffentlich auch in Zukunft noch. Wenn ich spiele, denke ich sowieso nicht an meine Krankheit. Das würde mich auch eher behindern als fördern. Aber ich bin natürlich unendlich dankbar, dass mein Leben ohne Einschränkungen weitergehen kann. Und weil Gott mir beistand, steht für mich außer Frage, dass ich etwas zurückgeben muss und werde. Lange habe ich überlegt, was das sein kann. Dann kam die Idee, eine Stiftung
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