Dieser Weg wird kein leichter sein
sondern weil ich und Linda uns das Jawort gegeben hatten. Denn der wichtigste Teil einer Heirat unter Ghanaern ist nicht das Brautpaar selbst, sondern das Einverständnis des Stammes für die Heirat. Aus diesem Grund hatten meine Eltern sich mit Geschenken, Schmuck, Stoffen und Geld auf die Reise gemacht, um bei Lindas Eltern um deren Hand für mich anzuhalten. Alle beteiligten Personen zusammenzubekommen war dabei nicht so einfach, da die Familien in aller Welt zu Hause waren. Deshalb hatten Linda und ich auch keinen Einfluss auf den endgültigen Termin! Aber eines stand fest: Ohne diese Stammeszustimmung wären wir in Ghana nie verheiratet gewesen.
Das alles schwirrte mir durch den Kopf, während ich noch bei der ersten Halbzeit auf der Ersatzbank zuschaute. Nicht, dass ich Angst gehabt hätte, dass etwas hätte schiefgehen können, aber ich wäre bei der »Zeremonie« schon gerne dabei gewesen. Normalerweise wird nämlich der Bräutigam in das Haus der Braut geführt, die allerdings versteckt gehalten wird. Dort werden ihm in der Regel zwei- bis dreimal Frauen unter einem Schleier vorgeführt, wobei er herausfinden muss, ob es seine Braut ist oder nicht. Natürlich ist das ein Riesenspaà für die ganze Familie â vergleichbar mit einer Art Reality-Quizshow. Und zu gewinnen gibt es natürlich auch etwas: Wenn man nämlich die fremden Frauen als solche erkennt, muss man sie wegschicken und darf dann zur Belohnung die wirkliche Braut sehen. Ein schöner Brauch, dem abends eine groÃe Feier mit der ganzen Familie folgt. Wie gerne wären Linda und ich dort gewesen! Da das nun mal nicht möglich war, haben unsere Eltern ein Bild von uns aufgestellt und die Party am Abend gefilmt. Ehrlich gesagt, als ich später das Video angeschaut habe, habe ich kaum jemanden erkannt. All meine Cousins in Ghana kannte ich gar nicht mehr, war ich doch seit meiner Ankunft in Hannover erst zweimal wieder dort gewesen.
8 Ich unterschreibe für ein Leben mit Linda. Sie hat es â Gott sei Dank â auch getan!
Kurz und gut: Am Abend des 11. November 2000 waren wir mit Schalke drei Punkte reicher und ich verheiratet! Zumindest stammestechnisch â und das, ich sage es nochmals, steht bei einer Hochzeit in Ghana über allem. Linda und ich haben an diesem Abend auch eine eigene kleine Feier veranstaltet. Das war sehr schön, aber so richtig war das alles nichts, wie ich finde. Auch der bürokratische Teil, den wir in Ghana erledigen mussten, gestaltete sich eher unromantisch. Froh, überhaupt Zeit gefunden zu haben, um uns dort das Ja-Wort zu geben, flogen wir nach Ghana, wo mein Vater einen Beamten, sagen wir mal, überzeugt hatte, dass er einen schnellen Termin für uns ansetzte. Und so saÃen wir plötzlich im Standesamt von Accra und wurden dort im Beisein von meinen Eltern, meinen Schwestern und Lindas Oma höchst offiziell zu Mann und Frau erklärt. Bis heute habe ich die Urkunde nicht übersetzen lassen, so vermisste ich unsere Freunde, den Rest der Familie ⦠Obwohl ich zur Taufe unserer Zwillinge eine groÃe Party in der Arena auf Schalke gegeben habe, steht noch immer die richtige Hochzeitsfeier mit Brautkleid und Anzug aus. Das plane ich jetzt, aber es ist noch geheim. Ich glaube, Linda wird sich darüber freuen. Wenn andere nach ein paar Jahren ihr Eheversprechen erneuern, dann können wir das erst recht! Dann kommt Tradition und Moderne erst wirklich zusammen.
Linda hatte keine richtige Vorstellung davon, was es heiÃt, wenn der Mann ein FuÃballprofi ist. Das hat sie mir später einmal gestanden. Dass es schlimm werden würde, hatte sie vielleicht erwartet, aber so schlimm? Ich war häufiger von zu Hause weg, als ich und auch sie es dachten, da Schalke nicht nur national, sondern auch auf internationaler Bühne erfolgreich spielte. Das bedeutete längere »Dienstreisen« im In- und Ausland.
Doch Linda arrangierte sich mit diesen Gegebenheiten, fand schnell Anschluss auf Schalke und empfing zu Hause viel Besuch. So bildeten sich Freundschaften, die heute noch existieren. Und genau wie ich irgendwann ein dienstalter Schalker war, wurde sie mit der Zeit eine angesehene dienstalte Spielerfrau.
Sie hat im Ãbrigen nie etwas zu meinen Vereinswechseln gesagt, nie wirklich mitentschieden, wie meine Zukunft als FuÃballer aussehen soll. Für sie war nämlich immer nur eines wichtig: Sie wollte mich nicht
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