DIESES MAL IST ALLES ANDERS
Staatsschulden in weniger als einem Jahrzehnt sprunghaft um 30 Prozent an und könnte leicht kollabieren, da die Verbraucher bei anhaltender Rezession versuchen, ihre Schulden zu senken.
Einen Vorbehalt müssen wir im Zusammenhang mit unserer These äußern, dass die US-Indikatoren im Vorfeld der Krise von 2007 ein hohes Risiko einer sich anbahnenden tiefen Finanzkrise anzeigten: Im Vergleich zu anderen Ländern, die in Finanzkrisen gerieten, hatten die USA vor der Krise eine relativ geringe Inflation. Allerdings ereigneten sich die früheren Krisen in entwickelten Ökonomien in einer Zeit, in der die Inflationsraten in den reichen Ländern sanken.
Abbildung 13.7 Reale Regierungsschulden und die Bankenkrisen nach dem Zweiten Weltkrieg: entwickelte Ökonomien
Quellen: US-Finanzamt; IWF (verschiedene Jahre), International Financial Statistics; Anhänge A.1 und A.2 sowie hierin zitierte Quellen und Berechnungen der Autoren.
Anmerkung: Die nominale Verschuldung wird mit den Verbraucherpreisen deflationiert. Das Jahr, in dem die Krise begann, ist mit t bezeichnet; t – 4 = 100.
Zusammenfassung
Warum haben so viele Menschen die Finanzkrise von 2007 nicht kommen sehen? Was die Standardindikatoren für Finanzkrisen betrifft, standen bereits einige Zeit zuvor zahlreiche Alarmsignale auf Rot. Wir wollen hier nicht behaupten, dass es ein Leichtes gewesen wäre, die US-Finanzkrise zu verhindern, wenn die politischen Entscheidungsträger die Risiken früher erkannt hätten. Wir haben auf makroökonomische Themen fokussiert, allerdings waren viele Probleme im »Rohrleitungssystem« der Finanzmärkte versteckt, wie seit Beginn der Krise auf schmerzhafte Weise deutlich geworden ist. Die Lösung einiger dieser Probleme hätte möglicherweise Jahre gedauert. Mehr als alles andere hätte der dramatische Anstieg der Immobilienpreise – US-weit über 100 Prozent innerhalb von fünf Jahren – ein Alarmsignal sein sollen, vor allem angesichts des Umstands, dass dieser Anstieg auf einer wachsenden Verschuldung (Leverage) basierte. Zu Beginn des Jahres 2008 betrug der Gesamtwert aller Hypotheken 90 Prozent des BIP. Die politischen Entscheidungsträger hätten bereits mehrere Jahre vor Ausbruch der Krise beschließen sollen, den Druck aus dem System zu nehmen. Leider hatten die Maßnahmen zum Erhalt der Wachstumsraten sowie zur Verhinderung deutlicher Aktienkursrückgänge den Effekt einer Entfernung des Sicherheitsventils aus einem Dampfkochtopf. Doch selbst angesichts des großen Ausmaßes dieser Finanzkrise waren die USA Mitte 2009 nicht in eine Schuldenkrise geraten. Wären die USA eine aufstrebende Ökonomie, wären ihr Wechselkurs eingebrochen und ihre Zinssätze explodiert. Der Zugang zu den Kapitalmärkten wäre in einem klassischen »Sudden Stop« nach Dornbusch/Calvo verschlossen gewesen. Stattdessen geschah im ersten Jahr nach der Krise (2007) genau das Gegenteil: Der Dollar zog an und die Zinssätze fielen, da Investoren weltweit andere Länder als weitaus riskanter einschätzten und in großem Stil US-Schatzanleihen kauften. 33 Doch Käufer aufgepasst! Langfristig könnten sich der US-Wechselkurs und die US-Zinssätze ins Gegenteil verkehren, vor allem wenn keine Strategien zur Wiederherstellung einer soliden Basis für eine dauerhafte fiskalische Nachhaltigkeit entwickelt und umgesetzt werden.
Die Nachwirkungen von Finanzkrisen
Im vorhergehenden Kapitel haben wir eine historische Analyse vorgestellt, indem wir die Geschehnisse im Vorfeld der US-Subprime-Krise mit den Geschehnissen im Vorfeld anderer Bankenkrisen seit dem Zweiten Weltkrieg in entwickelten Ökonomien verglichen haben. Wir haben gezeigt, dass die US-Standardindikatoren, wie zum Beispiel Assetpreisinflation und ein nachlassendes Wirtschaftswachstum, praktisch alle Anzeichen eines Landes aufwiesen, das sich am Rande einer Finanzkrise befindet, und zwar einer schweren Finanzkrise. In diesem Kapitel werden wir eine ähnliche komparative historische Analyse vornehmen, die auf die Nachwirkungen systemischer Bankenkrisen fokussiert. Im Lauf der Ereignisse können sich diese Nachwirkungen natürlich besser oder schlechter als die hier genannten Vergleichswerte entwickeln. Dennoch ist der Ansatz an sich schon wertvoll, weil sich makroökonomische Standardmodelle, die statistisch auf »normale« Wachstumsphasen ausgerichtet sind, bei der Analyse extremer Schocks wie solcher, welche die US- und die Weltwirtschaft zur Zeit der Entstehung dieses Buches erschüttern,
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