DIESES MAL IST ALLES ANDERS
bei ihren eigenen Entscheidungen geben, ganz abgesehen von den internationalen Kreditinstituten und der breiteren internationalen Gemeinschaft.
Unserer Ansicht nach ist das Verstehen des Problems der gehäuften Zahlungsausfälle auf Auslandsschulden für die Entwicklung besserer inländischer und internationaler Wirtschaftsstrategien mit Blick auf Krisenprävention und Krisenbewältigung unerlässlich. Wenngleich weitere Forschungsanstrengungen nötig sind, glauben wir, dass es starke Argumente dafür gibt, dass sich die Schuldenintoleranz durch eine relativ geringe Zahl an Variablen systematisch erfassen lässt, vor allem die individuelle Historie der Zahlungsausfälle und Hochinflation eines Landes. Schuldenintolerante Länder haben erstaunlich niedrige Auslandsschuldenschwellen, jenseits deren das Risiko eines Zahlungsausfalls oder einer Umschuldung signifikant ansteigt. Mit der Explosion der Inlandsstaatsschulden, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts einsetzte und zu der wir in diesem Buch neue Daten liefern, sank die Toleranzschwelle für Auslandsschulden – wie wir in Kapitel 9 zeigen werden – noch weiter unter das bereits niedrige Niveau, das noch vor einem Jahrzehnt die Toleranzschwelle markierte. Unsere ersten Ergebnisse legen nahe, dass dieselben Faktoren, die eine Auslandsschuldenintoleranz bestimmen – nicht zu erwähnen andere Manifestationen der Schuldenintoleranz wie eine inländische Dollarisierung (der De-facto- oder De-jure-Ersatz einer ausländischen Währung für Transaktionen oder die Indexierung von Finanzinstrumenten) –, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einen großen Einfluss auf die Inlandsschuldenintoleranz haben.
Doch obzwar schuldenintolerante Länder dringend Wege finden müssen, um ihre Schuldenquote zu senken, ist die Umsetzung nicht leicht. Historisch betrachtet sind die Fälle, in denen es Ländern gelungen ist, ihre Schuldenquoten zu senken – sei es durch starkes Wirtschaftswachstum oder durch umfangreiche und anhaltende Schuldenrückzahlung –, eher die Ausnahme gewesen. 15 Die meisten umfangreichen Schuldensenkungen in Schwellen- und Transformationsländern wurden durch eine Schuldenrestrukturierung oder einen Zahlungsausfall erzielt. Die Unterschätzung der Schwierigkeit, sich allein durch Wachstum und eine schrittweise Verringerung der Schuldenquote von einer hohen Schuldenintoleranz zu befreien, ist einer der zentralen Irrtümer, der vielen Standardberechnungen zugrunde liegt, die während Schuldenkrisen sowohl vom privaten Sektor als auch von offiziellen Analysten angestellt werden.
Zur Zeit der Entstehung dieses Buches sind viele Schwellen- und Transformationsländer dabei, Konjunkturpakete umzusetzen, die sich stark an den Anstrengungen der entwickelten Länder zur Ankurbelung ihrer Wirtschaft orientieren. Unsere Analyse ergibt, dass solche Maßnahmen »im Schatten der Schuldenintoleranz« mit Vorsicht zu genießen sind, da die betreffenden Länder aufgrund steigender Haushaltsdefizite den Schuldenschwellen unangenehm nahekommen, die mit ernsthaften Schuldenrückzahlungsproblemen assoziiert werden. Mit Blick in die Zukunft kann man sagen, dass nach dem Ende der jüngsten Finanzkrise eine Herausforderung darin bestehen wird, Wege zu finden, Kapital in anderer Form als Schulden in schuldenintolerante Länder zu lenken, um zu verhindern, dass sich der Krisenzyklus um ein weiteres Jahrhundert verlängert.
EINE GLOBALE DATENBANK ÜBER FINANZKRISEN MIT LANGFRISTIGER PERSPEKTIVE
Man würde meinen, dass es relativ unkompliziert ist, angesichts von mindestens 250 Auslandsschuldenkrisen souveräner Staaten in der Zeit von 1800 bis 2009 und mindestens 68 Inlandsschuldenkrisen, umfassende langfristige Zeitreihen über die öffentliche Verschuldung zu finden. Das ist jedoch nicht der Fall – ganz im Gegenteil. Daten über Staatsschulden gehören zu den am schwersten zu beschaffenden ökonomischen Zeitreihen.
Nach der Definition der Krisentypen und mit der Analyse der Anfälligkeit für gehäufte Zahlungsausfälle kehren wir nun zum Kern des Buches zurück, zu unserem Datensatz. Er ist die Informationsquelle, die wir über verschiedene Wege erschließen, um Krisenereignisse zu erklären. Dieses Kapitel liefert eine grobe Beschreibung der umfassenden Datenbasis, die in dieser Studie verwendet wurde, und benennt ihre Hauptquellen, Stärken und Beschränkungen. Eine weitere Dokumentation über die Erfassung und zahlreichen Quellen individueller Zeitreihen nach Ländern und
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