DIESES MAL IST ALLES ANDERS
Argentiniens Bewertung auf ungefähr den Wert 15 abgefallen – ein Hinweis darauf, dass sich das Land auf dem besten Wege zum Länderklub C befand. Wie wir sehen werden (Kapitel 17), ist es für Länder nicht leicht, in einen Klub mit einem besseren Rating aufzusteigen. Unter Umständen bedarf es vieler Jahrzehnte an kontinuierlicher Schuldentilgung und einer anhaltend niedrigen Schuldenquote, um von Klub B in Klub A aufzusteigen. In Ungnade zu fallen (das Abrutschen in eine schuldenintolerante Zone) ist kein neues Phänomen. Es bleibt abzuwarten, ob Klub A nach der jüngsten Krise einige seiner Mitglieder verliert.
Die Quintessenz dieser Definitionen und Gruppierungen ist, dass Länder mit einer Historie der institutionellen Schwäche, die zu wiederkehrenden Zahlungsausfällen führt (die sich in einem niedrigen IIR widerspiegelt), tendenziell ein höheres Risiko für Schuldenintoleranz » symptome« aufweisen, und zwar selbst bei einem relativ niedrigen Verschuldungsgrad. Doch sowohl die Schuldenanfälligkeit des »Patienten« als auch die Schuldendosis sind für das Risiko einer Entwicklung von Symptomen (Zahlungsausfall) relevant.
Gedanken über Schuldenintoleranz
Die traurige Tatsache, die sich aus unserer Arbeit ergibt, lautet, dass ein Land eine anhaltend hohe Schuldenintoleranz beibehält, nachdem es einmal zu gehäuften Zahlungsausfällen gekommen ist. Länder können aus diesem Klub aufsteigen und es gelingt ihnen auch immer wieder, aber das ist nur selten ein schneller oder ein leichter Prozess. Wenn es keinen externen politischen Anker gibt (zum Beispiel die EU für Griechenland und Portugal), kann die Erholung Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern. Zur Zeit der Entstehung dieses Buches kann selbst das Hilfsmittel eines externen politischen Ankers lediglich als vielversprechende experimentelle Behandlung zur Überwindung der Schuldenintoleranz gelten, aber nicht als definitive Heilung.
Die Implikationen der Schuldenintoleranz sind gewiss ernüchternd für Tragfähigkeitskalkulationen, mit denen ermittelt werden soll, ob von einem Land unter angemessenen Annahmen über Wachstum und Weltzinssätze erwartet werden kann, dass es seine Auslandsschulden verlässlich bedienen kann. Solche Tragfähigkeitsübungen sind zum Beispiel bei der Berechnung der notwendigen Schuldensenkung üblich, damit ein Schuldnerland seine Schuldenverpflichtungen erfüllen kann. Das Versäumnis, die Schuldenintoleranz zu berücksichtigen, kann zu einem Verlust des Marktvertrauens führen oder auf Schuldnerseite zum Verlust der Bereitschaft, die Schulden zu tilgen – und somit zu einer weiteren Schuldenkrise.
Kann ein Land seine Schuldenintoleranz irgendwann überwinden? Oder ist ein Land mit schwachen internen Strukturen, die es schuldenintolerant machen, dazu verurteilt, sich in eine Abwärtsspirale des sinkenden Wachstums und höherer makroökonomischer Volatilität zu begeben? In gewisser Hinsicht muss die Antwort auf die zweite Frage bejaht werden, doch ein eingeschränkter Zugang zu internationalen Kapitalmärkten sollte am besten als Symptom und nicht als Ursache der Krankheit betrachtet werden.
Die institutionellen Schwächen, die ein Land schuldenintolerant machen, stellen das wahre Hindernis dar. Dabei handelt es sich um ein dreifaches Grundproblem.
Erstens weist die moderne Literatur über empirisches Wachstum zunehmend auf »weiche« Faktoren hin, wie zum Beispiel Institutionen, Korruption und Regierungsführung, die für die Erklärung länderübergreifender Unterschiede im Pro-Kopf-Einkommen eine weitaus größere Bedeutung haben als für die Unterschiede im Verhältnis Kapital zu Arbeit
Zweitens legen quantitative Methoden nahe, dass die Nutzen eines Risk Sharing für eine Kapitalmarktintegration zudem relativ bescheiden sein können. (Mit »Kapitalmarktintegration« meinen wir die De-facto- und De-jure-Integration der Finanzmärkte eines Landes mit der übrigen Welt. Mit »Nutzen eines Risk Sharing« meinen wir Nutzen im Hinblick auf eine geringere Konsumvolatilität.) Diese Resultate gehören jedoch in eine idealisierte Welt, in der man sich keine Gedanken über eine überflüssige, politisch verursachte makroökonomische Instabilität, eine schlechte Regulierung des inländischen Bankensektors, Korruption oder (nicht zuletzt) eine Politik machen muss, die Kapitalzuflüsse in Richtung einer kurzfristigen Schuldenaufnahme verzerrt. 11
Drittens gibt es Anzeichen, die darauf hinweisen, dass die
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