Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
Verpflichtung. Wir möchten fünf verschiedene Formen der extrinsischen Motivation näher beleuchten: den Zwang (dem man sich zunächst freiwillig aussetzt), die Deadline, die Bedrohung mit einer Strafe, Geld sowie den sozialen Druck.
Der Vorteil am Zwang ist, dass er wie das Wollen keine Selbstdisziplin erfordert. Der Zwang ist gewissermaßen der dunkle Zwilling des Lustprinzips. Wer in einer Höhle mitschwindenden Sauerstoffvorräten verschüttet wurde, hat keine Schwierigkeiten, sich zum Wegräumen von Steinen zu motivieren. Auf dieser Basis erledigen LOBOs viele Augen-zu-und-durch-Arbeiten, zu denen man ja doch ab und zu gezwungen ist. Das Praktische am Zwang ist, dass er sich selbst definiert: Wenn er nicht wirkt, war er nicht da. Der Umgang mit ihm erfordert keine besonderen Erkenntnisse oder Anstrengungen, lediglich Vorausschauvermögen oder eine gewisse Phantasie bezüglich der Folgen des eigenen Handelns sollte man mitbringen, sonst tanzt man womöglich aus schierer Naivität mit verbundenen Augen am Abgrund – und nicht absichtlich mit offenen Augen an der am wenigsten hohen Stelle des Abgrunds, wie es sich eigentlich gehört.
Der Deadline als Überinstrument neuzeitlicher Arbeitsorganisation haben wir ein eigenes Kapitel gewidmet. Für viele LOBOs sind Deadlines unverzichtbar, wenn es darum geht, sich bei der Bearbeitung von Aufgaben zu motivieren, die nicht zu einhundert oder mehr Prozent aus einer geliebten Tätigkeit bestehen. Der richtige Umgang mit Deadlines macht den Unterschied zwischen erfolgsverwöhntem Helden der Arbeit und unzuverlässigem Verpeiler aus. Daher lohnt sich die Auseinandersetzung mit dem eigenen Deadlineverhalten und ein entsprechendes Feintuning in jedem Fall. Sollte man es irgendwann schaffen, selbstgesetzte Deadlines einzuhalten, kann man sich zu den Großmeistern des Deadlinings zählen. Wir wollen dem durchschnittlichen LOBO aber keine falschen Hoffnungen darauf machen, es handelt sich um nicht Geringeres als den zehnten Deadline-Dan, und man kann auch ohne ihn weit kommen.
Die Strafe im Versagensfall ist ein delikates Instrument der extrinsischen Motivation und vermutlich häufiger missbraucht worden als irgendeine andere Motivationsart. Für die Verbrechensprävention sind Strafen längst als weitgehendunwirksam entlarvt worden: Eine Gefängnisstrafe vermindert statistisch nur in unbedeutendem Maß die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen, ähnlichen Tat. Ein ganz anderes Momentum erhält die Strafe aber, wenn sie als zusätzlicher Anreiz für die Bewältigung einer Aufgabe angewendet wird. Der Prokrastinationsforscher Joseph Ferrari wies in Experimenten an Studenten nach, dass kleine, schnelle Strafen die Motivation erhöhen, eine Aufgabe zu bewältigen. Schon die glaubhafte Ankündigung solcher zeitnah eintretenden Unannehmlichkeiten genügt. Wichtig ist dabei, dass es sich um konkrete, zeitnah eintretende Folgen handelt – gegen vage Schreckensszenarien wie «So bekommst du später nie einen Job!» sind Prokrastinierer vollkommen immun.
Wenn sie nicht zu oft verwendet wird, kann auch die Bedrohung durch große Strafen motivierend wirken. Wer eine hohe Konventionalstrafe zahlen muss, falls er eine Arbeit nicht pünktlich erledigt, wird sie etwas wahrscheinlicher erledigen. Auch das rechtzeitige Zurückgeben eines Mietwagens fällt in der Regel wesentlich leichter als das Zurückgeben einer entliehenen DVD. Der Unterschied zwischen kleinen und großen Strafen besteht darin, dass kleine durch den Lerneffekt fürs nächste Mal und große eher abschreckend wirken.
Das herrschende Wirtschaftssystem basiert im Punkt Motivation zur Arbeit weitgehend auf Geld. Geld ist eine praktische Sache, deren positives wie negatives Motivationspotenzial den meisten Menschen nachvollziehbar erscheint. Als leistungssteigerndste monetäre Motivation hat sich der Sonderfall der Akkordarbeit herausgestellt. Man unterteilt eine Aufgabe in kleinere Einheiten und zahlt für jede erreichte Zwischenstufe eine Belohnung aus. Abseits dessen beginnen die Schwierigkeiten, zum Beispiel mit dem Yerkes-Dodson-Gesetz. Die beiden amerikanischen Psychologen RobertYerkes und John Dodson entdeckten bereits Anfang des 20. Jahrhunderts einen Zusammenhang zwischen der Leistungsfähigkeit und dem allgemeinen Erregungszustand. Das nach ihnen benannte Gesetz erklärt, weshalb unangemessen hohe Geldbeträge als Anreiz im Schnitt zu schlechteren Leistungen führen, weil sie den Druck und damit die Erregung
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