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Dinnerparty

Titel: Dinnerparty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Clausen
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nur annähernd nüchtern. Die Stricher kamen aus Osteuropa. Für ein paar Euro würden sie alles machen. Und die Stundenhotels waren gleich um die Ecke.
    Das Taxi hielt. Er reichte einen Schein nach vorne zum Fahrer und verließ den Wagen ohne Gruß. Sein Herz schlug ihm vor Aufregung bis zum Hals. Er betrat die schäbige Bar und setzte sich an die Theke. Er bestellte einen billigen Weinbrand und hoffte, dass das Zeug ihn nicht blind machen würde. Dann blickte er sich um. In einer anderen Ecke standen ein paar Typen. Sie sahen zu ihm herüber. Schnell traf er seine Wahl. Ein junger Dünner schwankte bereits. Er nickte und deutete auf sein Glas. Der Stricher kam rüber und setzte sich neben ihn. Der Wirt stellte ein zweites Glas Fusel auf die Theke. Er zahlte sofort.
    »Gehen wir ins Hotel?«, fragte er mit seiner neuen Stimme.
    Der Dünne nickte und leerte sein Glas mit einem Zug.
    »15 Euro.«
     
    Sie mussten nicht weit gehen. Der verschwitzte Mann an der Rezeption kassierte, ohne den Blick von seinem Pornoheft zu wenden. Perfekt. Das Zimmer war schmuddelig. Es roch muffig und er wollte gar nicht wissen, was für widerliche Sachen hier stattgefunden hatten. Zum Glück konnten die Flecken an den Wänden nicht reden. Er zog die Flasche aus der Tasche und tat so, als würde er einen ordentlichen Schluck davon nehmen. Dann reichte er sie dem Stricher. Er trank.
    »Woher kommst du?«
    »Warschau«, antwortete er mit starkem Akzent. Als er ihm die Flasche zurückgeben wollte, schüttelte er den Kopf.
    »Nimm nur, ich hatte schon zu viel.«
    Der Dünne trank den tödlichen Mix gierig. Dass der Wodka leicht salzig schmeckte, schien er nicht zu bemerken. Oder es störte ihn nicht. Wahrscheinlich hatte er schon genug selbstgebrannte Scheußlichkeiten zu sich genommen.
    »Hier sind 20. Auch ’ne Kippe?« Er reichte ihm die Schachtel HB. Im wirklichen Leben würde er nie diese Marke rauchen.
    »Alle nennen mich Wladi«, sagte der Stricher und zog kräftig an der Zigarette, die er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. Das Geld hatte er in seine Hemdtasche gesteckt.
    »Ach, ist das so?«
     
    Schneller als erhofft, fiel sein neuer Freund Wladi ins Koma. Er würde ohne rasche Hilfe sterben. Und Hilfe gab es nun mal leider nicht.
    Er fummelte den Geldschein wieder aus dem Hemd und steckte seine eigene Zigarettenkippe in die Hosentasche. Dann stand er auf, klopfte sich angewidert den Dreck von der Hose und verließ das Hotel ungesehen. Der Stricher tat ihm schon ein bisschen leid, aber dafür war zumindest die Generalprobe erfolgreich verlaufen. Wenn Laura doch nur ahnen könnte, was für eine Mühe er sich machte. Eigentlich hatte er sie nie wiedersehen wollen. Als er davon erfahren hatte, dass sie ein Comeback in Deutschland plante, war es ein Schock für ihn gewesen. Er hasste sie seit sieben Jahren. Er hatte mit den Briefen erreichen wollen, dass sie blieb, wo sie war, und ihm niemals wieder unter die Augen treten würde. Laura hatte sich nicht aufhalten lassen. Und da war ihm klar geworden, dass er eine Aufgabe hatte, die es zu erfüllen galt. Er würde nicht zulassen, dass diese Frau ein Leben führen würde, das sie nicht verdiente. Er gönnte ihr nicht das Schwarze unter den Nägeln. Wenn er darüber nachdachte, dass sie womöglich Fernsehpreise bekam und ein unbeschwertes Luxusleben führen durfte, wurde im übel. Er hatte keine Wahl. Er musste handeln. Und Laura musste mit ihrer Entscheidung leben, wenn auch nur für kurze Zeit. Sein Urteil hatte er gefällt und die einzig gerechte Strafe konnte nur der Tod sein. Es war Schicksal, dass er nun sogar eine großartige Chance bekam, sein Urteil zu vollstrecken. Es gab so viele Kochsendungen im Fernsehen. Langweilig eigentlich. Doch die ›Dinnerparty‹ mit Laura Crown als sterbender Gastgeberin würde etwas ganz Besonderes werden. Schade, dass sie wohl nie ausgestrahlt werden würde.
     
     
    Montag
     
     
    Sophie Sturm saß mit den anderen Redakteuren im Konferenzraum der ›Stars & Style‹. Die nächsten Ausgaben wurden besprochen. Sie konnte sich kaum konzentrieren. Gedankenverloren starrte sie durch die Glasfront auf die Elbe. Hafenbarkassen und Fähren steuerten Touristen durch den sonnigen Vormittag. Nach dem nächtlichen Gewitter war der Himmel nun wieder strahlend blau und die Luft angenehm frisch. Sollte sie Laura wirklich als Star der Woche vorschlagen? Sophie trank noch einen Schluck ihres mittlerweile lauwarm gewordenen Kaffees und wünschte sich in ihren

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