Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
Seite nachdachte, soweit die Anforderungen der Band das zulassen würden. Denn AC/DC stand immer an erster Stelle, vor allen anderen Dingen oder Personen, die in unserem Leben eine Rolle spielen mochten.
Allmählich machte sich der Alkohol bemerkbar, zumal wir ja die letzten anderthalb Tage im Flieger verbracht hatten und ein bisschen angeschlagen waren. Ich begriff Bon trotzdem nicht. Dass er Silver so auf einen Sockel stellte, machte für mich überhaupt keinen Sinn, zumal sie nicht gerade den Eindruck erweckte, für eine langfristige, häusliche Beziehung reif zu sein — weder mit Bon noch mit sonst wem. Zwar kannte ich sie nicht so gut, aber für sie schien der Himmel nicht so sehr voller Geigen zu hängen wie für Bon.
Bon hingegen hatte sich, wie es seine Art war, Hals über Kopf verliebt, genau wie Anfang 1975 in Judy King, mit der er eine Beziehung begann, die ihn anschließend fast umbrachte. Wie wir so dasaßen und tranken, dachte ich, dass Bons Stimmung entweder auf den Scotch oder auf den Jetlag (oder vielleicht auch auf beides) zurückzuführen war. Ich hielt seine Verliebtheit für eine Phase. Hätte ich etwas mehr Reife besessen, hätte ich wohl erkannt, dass es keinesfalls so war. Bon suchte etwas außerhalb der Band, das seinem Leben einen Sinn gab, und er glaubte, das mit Silver gefunden zu haben.
Mal und Angus waren nach Burwood zurückgekehrt, um nach sieben langen Monaten ihre Familie wiederzusehen. Allerdings blieb dafür nicht viel Zeit, da wir uns am Samstagmorgen schon wieder am Flughafen einfinden mussten, um in Melbourne wieder einmal bei Countdown aufzutreten. So verlangte es der unerbittliche Zeitplan der Band. Ach, ihr wart im Ausland und habt eure Familien lange nicht gesehen? Kein Problem, fahrt hin, aber macht schnell! Es war schon ein bisschen surreal, als wir nach Melbourne flogen und sofort zu den ABC-Fernsehstudios fuhren, vorbei am Prahran Hilton, und ich keine Zeit hatte, kurz reinzuschauen. So ist das Showgeschäft. Den privaten Angelegenheiten würden wir uns dann widmen können, wenn alles erledigt war, was für AC/DC getan werden musste.
Für die Australien-Tournee hatte sich der Promoter zunächst „The Little Cunts Have Done It“ – „die kleinen Wichser haben’s geschafft“ – als Motto ausgedacht, aber schließlich einigte man sich auf das etwas weniger ordinäre „Giant Dose of Rock’n’Roll“ – „Riesendosis Rock’n’Roll“. Wie sich herausstellte, hätten wir es auch beim ersten Titel belassen können. Manche Leute fanden uns so oder so ordinär.
Unsere dringendste Pflicht bestand wie immer darin, das Equipment zu überprüfen, und so bauten wir als erstes die Marshall-Gitarren- und Bassverstärker in Armstrong’s Studio in South Melbourne auf. Wir spielten probeweise ein paar Songs, um wieder in Schwung zu kommen und die ganze Anlage auf Herz und Nieren zu testen, bevor der erste Gig in der Myer Music Bowl anstand. Für den Abend nach der Probe war eine kleine Überraschung geplant. Ich weiß nicht genau, wessen Idee es war, aber ich vermute mal, dass Mal und Angus dahintersteckten. Wir sollten ein unangekündigtes Konzert in einem Pub in Richmond geben, im Royal Oak, dessen kleiner Saal The Tiger Lounge genannt wurde, nach dem örtlichen Football-Team, den Richmond Tigers. Ich hatte geglaubt, es würde ein kleiner, intimer Auftritt zum Aufwärmen sein, aber entweder hatte ich irgendwas in den falschen Hals bekommen, oder der Plan hatte sich geändert. Als ich den Pub erreichte, brauchte ich eine halbe Stunde, bis ich mich zur Küche durchgekämpft hatte, die wir als Garderobe benutzten. Für einen unangekündigten Gig waren jedenfalls ziemlich viele Leute da, als ob da doch jemand etwas hatte durchsickern lassen. Der Laden war rappelvoll.
Wir gingen auf die Bühne und spielten ein halbes Dutzend Songs, lauter beliebte Klassiker: „Roll Over Beethoven“, „Jailhouse Rock“, „Whole Lotta Shakin’ Goin’ On“ und dergleichen: schnörkellose Rock-Songs, die bei den Zuschauern, die wie die Ölsardinen zusammengedrängt dastanden, hervorragend ankamen. Es war ein wirklich gutes Gefühl, wieder zu Hause zu sein, und der Auftritt erwies sich in der Tat als hervorragende Vorbereitung für das Konzert am folgenden Abend.
Die Myer Music Bowl war ideal für den Tourbeginn. Dabei handelt es sich um ein großes Freiluft-Amphitheater, das im Domain-Park nahe der Innenstadt lag, gar nicht weit entfernt von unserem alten Wasserloch, dem Hard Rock
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