Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
ließ irgendwann die Hosen fallen, und als letztes kam wie immer „Baby Please Don’t Go“. Es war so intensiv, dass es sich anfühlte, als ob wir nur eine Viertelstunde auf der Bühne gestanden hätten – jedenfalls kam mir das so kurz vor.
Tony Stewart vom New Musical Express erlebte den Gig so: „Der Schuljungen-Lümmel oben auf dem Podest grinst bösartig, als die ersten Power-Akkorde unsere Körper schmerzhaft durchschütteln, und wirft in einer überflüssig triumphierenden Geste seine Mütze auf den Boden, als wollte er sagen: ‚Das ist unser Tag!’ Der Tag, Gott helfe uns, an dem AC/DC London eroberten.“
Michael Browning hatte einen Fotografen engagiert, der den Auftritt dokumentieren sollte, und hatte ihn angewiesen, auch ein Foto von draußen zu machen, wo über dem Eingang des Odeon der Name AC/DC hell erleuchtet in Großbuchstaben stand. Das war natürlich schon ein bisschen peinlich, aber Scheiß drauf, es war unser erstes Mal. Auf den Bildern sah man auch, wie Bon in aller Seelenruhe die Stufen zum Eingang hinauf schlenderte, die Tasche über der Schulter, als sei er auf dem Weg ins Büro. Der blöde Arsch.
E ndeNovember 1976 war es in London bitterkalt, vor allem für einen so dünnhäutigen Typen wie mich. Von daher freute ich mich sehr darauf, in den australischen Sommer fliehen zu können. Der Gedanke an blauen Himmel, Strände, kaltes Bier und Grillpartys war jedenfalls wesentlich verlockender als ein trister, grauer Winter in London. Außerdem war die nächste Tournee geplant, die unsere Kasse wieder ein wenig auffüllen sollte, was inzwischen dringend nötig war. Und die Aufnahmen fürs nächste Album standen an. Es würde also alles andere als ein gemütlicher Heimaturlaub werden – wenn denn Australien überhaupt noch unsere Heimat war.
Im vergangenen Jahr hatten wir uns ein Stück Europa erobert, und obwohl ich Australien immer noch als mein Zuhause betrachtete, hatte sich die Sichtweise der Band stark verändert, was den fünften Kontinent betraf. Es war allen klar, dass die Zukunft von AC/DC nicht dort zu suchen sein würde. Nachdem wir zumindest schon einmal in Europa unterwegs gewesen waren, blickten wir insgeheim alle in Richtung USA. Trotzdem waren wir nun bei unserer Rückkehr allgemein guter Stimmung und freuten uns darauf, die Feiertage mit Freunden und der Familie zu verbringen. Nach einer kurzen Pause, um die Batterien wieder aufzuladen, wollten wir uns wieder im Alberts Studio bei George und Harry einfinden.
Am 26. November, einem Freitag, landeten wir in Sydney. Band und Crew checkten im Kingsgate Hyatt in Kings Cross ein, 200 Meter entfernt vom Hampton Court Hotel, wo AC/DC Anfang 1974 vor amerikanischen Soldaten aufgetreten waren, die während ihres Vietnam-Einsatzes kurze Erholungsurlaube zugestanden bekamen. Die größte Attraktion an diesem Abend befand sich eindeutig in Bons Suite. Er hatte sich im Duty-Free-Shop einen 25 Jahre alten Chivas Regal gekauft, der in einem noblen roten Samtbeutel verpackt war. Bon rief mich an, bevor er die Flasche öffnete, und fragte, ob ich einen Schluck probieren wollte. Ich war in Sekundenschnelle bei ihm.
Bon befreite den Scotch aus der roten Samtverpackung, bedachte ihn mit einem langen, liebevollen Blick und erklärte: „Scheiß drauf, jetzt hauen wir ihn weg.“ Dann drehte er den Verschluss auf. Wir saßen vor einem riesigen, breiten Fenster und blickten aus großer Höhe auf Sydney hinunter. Der Ausblick war phantastisch, aber der Chivas interessierte mich wesentlich mehr. Ein Probierschluck führte zum nächsten, wie das ja oft so ist, und schließlich machten wir es uns richtig gemütlich. Wir saßen da, tranken den teuren Whisky und redeten. Es war unübersehbar, dass Bon bereits jetzt seine Freundin Silver vermisste. Er war noch keine 48 Stunden von ihr getrennt und redete schon von nichts anderem.
Es war geplant, dass Silver Bon Anfang des neuen Jahres in Sydney besuchen sollte. Die Frauen standen bei ihm Schlange, und wenn er gewollt hätte, hätte er sich auch anderweitig amüsieren können, aber er war völlig verschossen in Silver. Für mich jungen Kerl von nicht mal 21 erschien das damals unfassbar. Es war doch unnötig, sich so auf eine Frau zu fixieren, wenn man bedachte, welche Angebote er in den nächsten Monaten sicherlich bekommen würde. Aber möglicherweise verabschiedete sich Bon gerade von seinem Image als Frauenheld. Jedenfalls bekam ich den Eindruck, dass er über ein ruhigeres Leben an Silvers
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