Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
Café. Die 5.000 Tickets waren restlos verkauft, und zum Gelände an sich, das mit Maschendraht abgeriegelt worden war, hatten nur Kartenbesitzer Zutritt. Für mich sah es allerdings so aus, als ob sich hinter der Absperrung noch einmal genauso viele Zuhörer versammelt hatten, die nun die Abendsonne genossen, das mitgebrachte Bier tranken und sich auf das AC/DC-Konzert freuten, das gleich beginnen sollte. Auch wenn wir auf die Entfernung vermutlich wie Ameisen aussahen, wollten wir zumindest dafür sorgen, dass auch die Jungs ganz hinten uns gut hören würden.
Wir alle waren ganz wild darauf, wieder zu spielen. AC/DC war eine Band, die von Live-Auftritten lebte, und die dreiwöchige spielfreie Zeit, die seit dem letzten Gig in England vergangen war, hatte uns schon wieder ganz kribblig gemacht. Klar, wir waren um die halbe Welt geflogen, wieder nach Hause gekommen (abgesehen von Bon, der ja im Westen Australiens aufgewachsen war) und hatten Freunde besucht, aber jetzt war es an der Zeit, wieder loszulegen. Live spielen war unser Lebenszweck; wenn wir nicht spielten, hätte die Welt auch gern aufhören können, sich zu drehen.
Das Konzert war überwältigend, die Reaktion des Publikums großartig. Die Zuschauer flippten richtig aus, aber was in erster Linie auffiel, war der Lärm, den die Menge machte. Ich hatte vergessen, wie es sich anhörte, wenn junge Mädchen durchdringend kreischen; inzwischen war ich vielmehr an Männerstimmen gewöhnt, wie wir sie in Glasgow gehört hatten, wo das Publikum eher wie eine Horde Fußball-Fans klang. In der Music Bowl war das anders. Zwar waren durchaus auch Männer im Publikum, aber nicht vorn vor der Bühne. Die Jungs, die eher unseren europäischen Fans entsprachen, standen auf der anderen Seite des Zauns und zogen sich ein Bier nach dem anderen rein. Wer waren unsere Fans, hier in Australien? Offenbar hatte sich da eine Kluft aufgetan, denn wir hatten durchaus noch einen harten Kern von Teenie-Fans, die uns seit den Countdown -Auftritten mit Satinjacken treu geblieben waren. Dabei hatten wir erwartet, dass die Mädels sich längst anderen Stars zugewandt haben würden. Aber umso besser: Schreit euch die Lunge aus dem Hals, Girls! Was sie dann auch taten.
Der Auftritt war ein überragender Erfolg. Ein idealer Auftakt für die Tour, die uns in alle größeren Städte und Bundesstaaten Australiens führen sollte, dachten wir. Es war Sommer, das Wetter würde großartig sein, das Bier kalt, und wenn alle Konzerte so liefen wie dieses, dann sah doch alles gut aus. Zu gut.
Erfolg entwickelt eine seltsame Eigendynamik. Es ist, als würde man fliegen, man macht keinen falschen Schritt, und das Selbstbewusstsein, das man dadurch entwickelt, führt geradewegs zu noch mehr Erfolg. Um eine solche Entwicklung zu stoppen, muss schon einiges passieren. Entweder eine große Panne, oder aber zumindest viele kleine Dinge. Und es war eine ganz kleine Sache, die das erste Sandkörnchen ins Getriebe warf. In unserem – speziell in meinem – Fall war es das Tourprogramm.
Die Promoter hatten ein richtiges Hochglanzmagazin drucken lassen, sehr gut gemacht und ein ideales Souvenir für den Fan. Darin waren unter anderem Bühnenporträts aller Bandmitglieder zu sehen, über denen jeweils ein „charakteristischer Spruch“ stand. Wie gesagt, bei dem Konzert in der Myer Music Bowl waren jede Menge junge Mädchen, die von ihren Eltern an der Halle abgesetzt worden waren, sich die Lunge aus dem Hals kreischten, ein solches Heft kauften und dann von Mama und Papa wieder eingesammelt wurden.
„Na, wie war denn das Konzert?“
„Toll! Ich habe ein Programmheft gekauft.“
Alles kein Problem, bis die Eltern der kleinen Sharons oder Sharleens die Seite 8 aufschlugen. Dort befand sich ein Bild von mir, ergänzt um die Bemerkung: „Ich würde gern so viel Geld verdienen, dass ich Britt Ekland ficken kann.“ Und tatsächlich hätte ich nichts dagegen gehabt, so viel Geld zu haben, dass ich in Rod Stewarts Liga gespielt hätte. Aber dieser Satz wirbelte so viel Staub auf, dass wir den ganzen Rest der Tour mit Dreck beworfen wurden.
Es hagelte Beschwerden, aufgebrachte Eltern riefen bei Radiosendern an, der ganze Scheiß eben. Schließlich mussten wir das Programm wieder einstampfen, weil man uns mit einer Klage wegen der Verbreitung obszöner Schriften drohte. Gegen wen sich die Klage richtete, war zwar nie klar, aber vielen Dank, Jungs, dass ihr mir diesen Satz untergeschoben habt – er stammte
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