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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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zusätzlichen Patrone in der Kammer würde das Gewicht nur unwesentlich erhöhen. Er betrachtete sie eingehender und stellte fest, dass der Magazinentriegelungsknopf hinter dem Abzug keinerlei Spuren von Abnutzung aufwies.
    »Fabrikneu«, sagte Ma.
    Wyatt ersparte sich einen Kommentar. Er kaufte kein Auto. Er war nicht auf eine günstige Gelegenheit aus. Er kannte die Steyr und sie sagte ihm zu, mehr nicht. Anderen Selbstladern fehlte die Zuverlässigkeit der Steyr, sie neigten zu Fehlzündungen, Ladehemmungen oder machten Probleme beim Entladen. Eine Steyr GB konnte man in weniger als zwanzig Sekunden auseinandernehmen und wieder zusammensetzen, und genau das tat Wyatt jetzt.
    »Wie viel?«, fragte er.
    »Zweitausend«, sagte Tyler.
    »Halt die Klappe, Ty«, fuhr Ma ihn an. »Tausend.«
    »Okay, einen Riesen plus eine Schachtel Patronen«, sagte Wyatt.
    »Abgemacht.«
    Tyler schnippte mit den Fingern. »Die Kohle.«
    »Ty, Schatz.«
    »Ich trau ihm nun mal nicht, verdammt noch mal.«
    Wyatt zählte zehn Scheine vom Geld des Hafenmeisters ab. Ma beförderte die Steyr zurück in den Plastikbeutel und wickelte sie zusammen mit einem Strauß vielblättriger Rosen in mehrere Lagen rotes Seidenpapier. Wyatt zog los wie ein Mann auf dem Weg zu seiner Freundin. Er ließ eine dicke, alte Frau mit einer dicken Marie und einem Möchtegerngangster zurück, dem die Galle hochkam.
    An der Elizabeth Street verdrückte er sich in einen McDonald’s, versenkte die Rosen in einem Abfallbehälter auf der Toilette, steckte die Steyr hinten in den Hosenbund und zog das T-Shirt darüber. Dann machte er sich auf den Weg nach Hause. Bevor er anderweitig aktiv wurde, musste er die Pistole wegschließen.
    Wyatt wohnte am Südufer des Yarra, in Southbank, einer Gegend mit neuen Apartmenthäusern, die sich hinter den Cafés, den Geschäften und Spazierwegen entlang des Flussufers erhoben. Westlake Towers, das waren vier Gebäude, um einen Hof gruppiert und in fußläufiger Entfernung zum Fluss und dem Melbourne CBD, dem City Business District. Jedes Gebäude verfügte über sechs Apartments pro Etage, eine eigene Tiefgarage, einen Swimmingpool auf dem Dach und einen Fitnessraum im Keller. Wyatt besaß zwei Apartments. Das eine war ein Unterschlupf im obersten Stockwerk. Seine Wohnung »für alle Tage« befand sich im ersten Stock am Ende eines schwach beleuchteten Flurs, wo nur er Grund hatte, sich aufzuhalten. Er ging unverzüglich hinein und deponierte die Steyr in einem Safe im Fußboden.
    Er war kribbelig, stellte sich an das Fenster seines Wohnzimmers und blickte hinaus. Kurze Zeit später ging er zurück auf die andere Seite des Flusses, hinein in das Getümmel des frühen Freitagabends, streifte die spiegelnden Fassaden und Oberflächen mit kurzen Blicken und überlegte sich die nächsten Schritte. Tyler Gadd war ein Angeber, aber würde er es auf eine Konfrontation ankommen lassen?
    In der Elizabeth Street regierte die Hektik: Scharen von Kauflustigen, Schulkindern und Büroangestellten, die zu Bussen und Straßenbahnen hasteten, nichts anderes im Sinn, als schnell nach Hause zu kommen.
    Autos standen Stoßstange an Stoßstange, Straßenbahnen bimmelten, Hupen ertönten und die Luft war voller Abgase. Niemand nahm Notiz von dem kleinen Drama vor der Tür eines vollen Fotogeschäftes, als Wyatt herumfuhr und Gadd in den Schwitzkasten nahm. Es hätte ebenso gut eine rustikale Begrüßung unter alten Freunden sein können.
    Gadd entfuhr ein Röcheln. Wyatts Unterarm drückte ihm die Luft ab. Wyatt drückte schwächer zu, dann wieder stärker, schließlich lockerte er den Druck. Der Blick seiner Augen war eisig, seine Stimme aber war sanft, als er sagte: »Du bist mir nach Hause gefolgt.«
    »Du Profi hast gar nicht mitgekriegt, dass ich da war, oder?« Gadd keuchte und rieb sich den Hals.
    Dem war so. Für Wyatt gab es keine Entschuldigung: Er hatte den Verfolger nicht bemerkt. Aber völlig im Stich gelassen hatten ihn seine Sinne nicht, und er bearbeitete Gadds Luftröhre noch einmal. »Halt dich von mir fern.«
    »Hör doch, ich hab Ideen, prima Ideen.«
    Wyatt wandte sich ab. »Kein Interesse.«
    »Wie wär’s mit ’nem Bier? Oder ’nem Kaffee? Ich geb einen aus.«
    »Ich geh jetzt. Komm mir nicht hinterher«, sagte Wyatt.
    »Warte!«
    Wyatt setzte sich in Bewegung. Er sah sich nicht um. Er marschierte vorwärts, bis sein Körper sich entspannt hatte, dann ging er den ganzen Weg zurück und bog rechts in die Collins Street ein. Kurz

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