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Dirty Talk

Dirty Talk

Titel: Dirty Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mullany
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dem Weg geschoben hatten und ihr einen Zugang legten. Die Leute hier arbeiteten schnell und benutzten den medizinischen Fachjargon, den jeder aus dem Fernsehen kannte. Er hatte einen Moment lang Angst gehabt, er habe sie verloren.
    Gab es nicht dieses Sprichwort, dass man für das Leben eines anderen in Zukunft verantwortlich war, wenn man es einmal gerettet hatte? Er gähnte, kratzte seine Bartstoppeln und sehnte sich nach Schlaf, Bequemlichkeit und Ruhe. Um ihn herrschte ein beständiger Lärm, Menschen weinten und schrien in den Behandlungsräumen der Notaufnahme, während Jo friedlich schlief.
    Auf der Trage sah sie so winzig aus. Blass und hilflos. Er bekam Angst.
    Ich bin verletzt.
    Aber auch er war verletzt, und er wusste, dass er verschwinden sollte. Jetzt und für immer. Er musste sich von ihr fernhalten. Wovor sollte er sie in Zukunft denn noch retten? Welche Dramen und mitternächtlichen Anrufe und Lügen waren noch zu erwarten? Er hatte inzwischen Zeit gefunden, den lächerlichen Brief zu lesen, der zusammengeknautscht am Boden ihres Rucksacks gelegen hatte. Er fragte sich, ob sie schon jemanden dazu überredet hatte, ihr aus dieser Zwickmühle zu helfen. Vielleicht schuldete sie wirklich jemandem zehn Riesen. Vielleicht steckte sie in Schwierigkeiten, die er nicht ermessen konnte.
    Er hätte von Anfang an vorsichtiger sein müssen. Hinterher war man immer schlauer … Die Nacht im Sexklub oder was genau das gewesen war, hätte ihm eigentlich Warnung genug sein müssen. Hätte er damals bloß das Weite gesucht und wäre nicht so schnell wie möglich wieder mit ihr ins Bett gestiegen. Aber schon davor hatte es zahlreiche Hinweise gegeben: dass sie spätabends von einer Limousine abgeholt wurde oder einmal, als sie nach einer Nacht mit ziemlich grobem Sex heimkam; dann noch, dass er immer das Gefühl hatte, sie hätte irgendwelche Geheimnisse vor ihm. Aber dann dachte er wieder an ihr Lächeln. Ihren Duft, ihr Lachen und wie sie aussah, wenn sie kam. Und dann hatte nichts davon mehr eine Bedeutung. Absolut keine Bedeutung.
    Hatte er völlig den Verstand verloren?
    Mein Gott …
    Er beugte sich vor und berührte ihre Hand.
    Keine Frage, er war hier, weil er wollte, dass ihre Beziehung etwas wurde, das Bestand hatte.
    Er hatte sich geschworen, nie wieder eine Frau zu retten (es sei denn, sie drohte zu erfrieren, weil sie mit gebrochenem Arm im Eissturm lag; das war vermutlich eine der rühmlichen Ausnahmen, die ihm diese Regel gestattete). Jetzt musste er vor allem sich selbst retten.
    Ich wachte von dem dringenden Bedürfnis auf, zu pinkeln.
    „Was machst du da?“ Patrick stand von dem Plastikstuhl auf, der neben meinem Bett stand. Wir waren auf drei Seiten von Vorhängen eingeschlossen und wurden von dem grellen Krankenhauslicht beschienen. Über uns waren wieder die hässlichen Deckenplatten, und irgendwie hing in der Luft der typische Krankenhausgeruch.
    „Ich muss aufs Klo.“
    Er half mir aus dem Bett und nahm meinen Infusionsständer mit. Mein gebrochener Arm steckte in einer Schlinge, und ein Knie fühlte sich ziemlich steif und wund an. Als ich mich bewegte, merkte ich, dass fast alles wehtat. „Warte“, sagte er. „Mit dem Hemdchen sieht man deinen nackten Arsch.“ Er stützte mich mit einer Hand und suchte in einer Schublade, bis er ein zweites Krankenhaushemd fand, das er mir um die Schultern legte. So verließen wir mein Eckchen der Notaufnahme. Meine Beine waren schwach und wund, und so taumelte ich – während Patrick mich stützte – zum nächsten Klo.
    „Lass die Tür offen“, riet er mir.
    Nachdem ich gepinkelt hatte, schaute ich mich im Spiegel an. Ich sah echt schrecklich aus. Die Augen lagen in dunklen Höhlen, und ich war sehr blass. Ich fühlte mich, als wäre ich mindestens hundert.
    „Mit dir da drin alles okay, Jo?“, rief Patrick.
    „Ich komme jetzt raus.“ Ich spritzte kaltes Wasser in mein Gesicht und schlurfte zur Tür. Patrick half mir zurück ins Bett, wo ich sofort wieder einschlief.
    Als ich aufwachte, war er immer noch da. Ich fand heraus, dass ich nach Hause durfte, sobald der Arzt zurückkam und die notwendigen Papiere unterzeichnete. Es war inzwischen neun Uhr in der Früh, und ich entdeckte noch weitere Verletzungen, die ich zusätzlich zum gebrochenen Arm davongetragen hatte. Ein Knie, das dringend gekühlt werden musste, sowie gezerrte Muskeln und Schürfwunden. Nach einer weiteren Stunde verließen wir bewaffnet mit einer Liste Anweisungen und einem

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