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Dirty

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Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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„Klar.“
    „Wirklich?“, kreischte sie, und aus dem Händedruck wurde eine spontane Umarmung, bei der mein ganzer Körper sich versteifte. Marcy klopfte mir auf den Rücken und trat einen Schritt zurück. Falls ihr aufgefallen war, dass ich mich bei der Umarmung in einen Holzklotz verwandelt hatte, so erwähnte sie es nicht. „Gut.“
    „Gut.“ Ich nickte lächelnd.
    Ihre Begeisterung war ansteckend, und es war lange her, dass ich eine Freundin gehabt hatte. Später, an meinem Schreibtisch, ertappte ich mich dabei, wie ich vor mich hin summte.
    Doch Euphorie hält auch unter den besten Umständen nicht lange an, und als ich später meine Wohnungstür aufschloss und den Anrufbeantworter blinken sah, löste sich meine Hochstimmung sofort in Luft auf.
    Ich werde nicht oft zu Hause angerufen. Sprechstundenhilfen, Telefonmarketing, falsch verbunden, mein Bruder Chad … und meine Mutter. Die blinkende Vier schien sich über mich lustig zu machen, während ich die Post auf einen Tisch fallen ließ und den Schlüssel an einen kleinen Haken neben der Tür hängte. Vier Nachrichten an einem Tag? Die mussten alle von ihr sein.
    Seine eigene Mutter zu hassen ist ein derartiges Klischee, dass Komiker auf der Bühne damit ihr Publikum zum Lachen bringen. Psychiater bauen ihre komplette Karriere darauf auf, diesen Hass zu diagnostizieren. Die Grußkartenindustrie stochert in dieser Wunde und verursacht bei den Kunden ein derart schlechtes Gewissen, dass sie freiwillig fünf Dollar für ein Stück Papier bezahlen, auf denen ein paar nette Worte stehen, die sie nicht selbst geschrieben haben und ein Gefühl beschwören, das sie nicht kennen.
    Ich hasse meine Mutter nicht.
    Ich habe es versucht, wirklich. Denn wenn ich sie hassen würde, könnte ich sie vielleicht endlich aus meinem Leben verbannen, fertig mit ihr sein, den Schmerzen, die sie mir zufügt, ein Ende bereiten. Doch die traurige Tatsache ist, dass ich nicht gelernt habe, meine Mutter zu hassen. Das Beste, was mir gelingt, ist, sie zu ignorieren.
    „Ella, nimm ab.“
    Die Stimme meiner Mutter klang wie ein Nebelhorn, das voller Verachtung die anderen Schiffe warnt, auf Abstand zu mir zu bleiben, dem Grund all ihrer Enttäuschung. Ich kann sie nicht hassen, aber ich kann ihre Stimme hassen und dass sie mich Ella und nicht Elle nennt.
    Ella ist der Name für ein Waisenkind, das sich in der Gosse herumdrückt. Elle ist viel eleganter. So heißt eine Frau, die von den Leuten ernst genommen werden will. Sie besteht darauf, mich Ella zu nennen, weil sie weiß, dass mich das ärgert.
    Bis zur vierten Nachricht hatte sie mir erklärt, wie wenig lebenswert das Leben mit einer so undankbaren Tochter wie mir sei. Dass die Tabletten, die der Arzt ihr verschrieben hatte, nicht halfen. Wie peinlich es sei, die Nachbarin Karen Cooper bitten zu müssen, für sie in die Apotheke zu gehen, wo sie doch eine Tochter hätte, die sich eigentlich um sie kümmern müsste.
    Sie hat auch einen Mann, der für sie gehen könnte, aber auf diese Idee kam sie nie.
    „Und vergiss nicht“, ich schrak zusammen, als ihre Stimme plötzlich lauter wurde, “du hast gesagt, du würdest uns bald besuchen.“
    Daraufhin entstand eine kurze Pause, als ob sie überzeugt wäre, dass ich doch zu Hause war und sie nur lange genug zu warten bräuchte, bis ich aufgab. Dann klingelte das Telefon wieder. Resigniert nahm ich ab. Ich machte mir nicht die Mühe, mich zu verteidigen. Sie sprach volle zehn Minuten, bis ich endlich die Chance hatte, etwas zu sagen.
    „Ich war bei der Arbeit, Mutter“, erklärte ich, als sie kurz schwieg, um sich eine Zigarette anzuzünden.
    Sie zischte verächtlich. „So lange!“
    „Ja, Mutter. So lange.“ Es war zehn nach acht. „Ich fahre mit dem Bus nach Hause, das weißt du doch.“
    „Aber du hast doch dieses schicke Auto. Warum fährst du nicht damit?“
    Ich wollte ihr nicht schon wieder sämtliche Gründe dafür aufzählen, warum ich zwar ein Auto besaß, aber trotzdem öffentliche Verkehrsmittel benutzte, was schneller und bequemer war. Sie hätte ja sowieso nicht hingehört.
    „Du solltest endlich einen Ehemann finden“, sagte sie, und ich unterdrückte ein Stöhnen. Die Tirade näherte sich ihrem Ende. „Wobei ich nicht weiß, wie dir das jemals gelingen soll. Männer mögen es nicht, wenn Frauen klüger sind als sie. Oder mehr Geld verdienen. Oder …“, sie machte eine bedeutungsvolle Pause, “… nicht richtig auf sich achten.“
    „Ich achte auf mich,

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