Vom Dämon gezeichnet - Rowland, D: Vom Dämon gezeichnet
1
Ich konnte hören, wie der Fremde in mein Haus eindrang.
Leider war es genau derselbe Moment, in dem auch der Dämon vor mir erschien.
Das Geräusch von splitterndem Glas im ersten Stock lenkte mich zwar nur für den Bruchteil einer Sekunde ab, aber es reichte aus, damit das arkanische Portal meiner Kontrolle entglitt und herumzuhüpfen begann wie ein ungebändigter Gartenschlauch unter vollem Druck. Verzweifelt versuchte ich, das Portal wieder zu fassen zu bekommen, und mir brach der kalte Schweiß aus. Mein Herz hämmerte, während ich mit der nun ungebändigten Energie rang. Meine Technik war grob und ziemlich unelegant, aber das war mir völlig egal. Ich war nur daran interessiert zu überleben und achtete nicht darauf, ob ich gut dabei aussah.
Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, aber es dauerte nur ein paar hektische Sekunden, bis ich die wild herumtanzenden Kräfte wieder im Griff hatte. Vorsichtig atmete ich einige Male tief durch, um meinen wild galoppierenden Puls wieder zu beruhigen. Das war knapp gewesen. Wenn ich nur wenige Sekunden früher die Kontrolle verloren hätte, wäre ich wahrscheinlich in Stücke gerissen worden – entweder vom Mahlstrom des Portals, das ich im Keller meines Hauses geöffnet hatte, oder von den Klauen des Dämons, den ich gerade durch dieses Portal gerufen hatte.
Bebend atmete ich aus und löste meinen mentalen Griff von dem Portal, während ich triumphierend auf den mächtigen Dämon hinabsah, der vor mir hockte – ein Knie gebeugt, den Kopf gesenkt und die Schwingen auf dem Rücken zusammengefaltet. Er hatte sich während meines gesamten Kampfes mit dem Portal vollkommen still verhalten, und ich dankte insgeheim welcher Macht auch immer, dass ich die Bedingungen für seine Anwesenheit bereits mit ihm festgelegt hatte, bevor mir das Portal entglitten war. Ich spürte, wie sich ein Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete. Ich hatte es geschafft. Ich hatte einen Reyza beschworen, der auf der höchsten aller zwölf Ebenen der Dämonen stand.
Nun war ich offiziell eine voll qualifizierte Beschwörerin.
Das scharfe Splittern von Glas riss mich aus meinen Träumereien. Mein Grinsen wich einem finsteren Blick. Ein Einbrecher. Na klasse. Wenn ich jetzt hinaufging und mich um den Idioten kümmerte, würde ich meinen eigentlichen Plan aufgeben müssen, weshalb ich den Dämon überhaupt beschworen hatte. Und einen Reyza zu beschwören, war weit mehr wert als ein paar weltliche Besitztümer. Abgesehen davon war mein weltlicher Besitz ohnehin nicht besonders viel wert.
Bei dem Geräusch hob der Dämon den Kopf. »Jemand dringt in Euer Reich ein«, knurrte er, und seine tiefe Stimme hallte machtvoll durch den Keller. Bevor ich noch Luft holen konnte, um etwas zu erwidern oder ihm einen Befehl zu erteilen, rannte er die schwere hölzerne Kellertreppe hinauf und stürmte durch die Tür, die in den Flur führte.
»Verfluchter Mist!« Schnell verankerte ich die Kraft, die ich noch nicht wieder abgegeben hatte. Das war’s dann also mit meinem Plan. Mir zitterten die Knie, als ich dem Dämon die Stufen hinauffolgte, und ich fluchte, dass ich vor Erschöpfung so langsam war. Nach einer Beschwörung fühlte ich mich immer ziemlich ausgelaugt, aber diesmal war es schlimmer, als ich erwartet hatte.
Ich hörte einen panischen Schrei aus dem vorderen Teil meines Hauses und rannte, so schnell ich auf meinen wackeligen Beinen konnte, dorthin. Okay, ich hab es geschafft, ihn zu rufen. Aber kann ich ihn jetzt auch kontrollieren? Das entsetzte Gekreisch erreichte ungeahnte Höhen, während ich durch den Flur taumelte.
»Kehlirik! Tu ihm nichts!«, rief ich, während ich gleichzeitig versuchte, mental Druck auf ihn auszuüben.
Völlig außer Atem erreichte ich das Wohnzimmer und war dankbar dafür, dass mein Haus eher gemütlich als besonders prunkvoll war. Ich war mir nicht sicher, ob ich es noch viel weiter geschafft hätte, ohne hinzufallen. Ruh dich lieber gut aus, bevor du das nächste Mal einen Dämon der zwölften Ebene beschwörst! , nahm ich mir vor.
Der Dämon knurrte und wandte sich mir zu. Er hatte einen spindeldürren Mann am Kragen gepackt, der wirres Zeug plapperte, und wirkte unglaublich fehl am Platz vor den gedeckten, salbeigrün gestrichenen Wänden und den Kirschholzmöbeln meines Wohnzimmers. Eine Flügelspitze streifte den Computer auf meinem Schreibtisch, und ich unterdrückte den Impuls, den Flügel zu packen und ihn dort wegzuziehen. Wahrscheinlich war das keine
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