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Diva (DE)

Diva (DE)

Titel: Diva (DE) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Kinder singen. Wir hören Löwen und Tiger brüllen. Hyänen lachen. Irgendein Urwaldvogel oder Brüllaffe kündet mit irrem Geschnatter von seiner Existenz. Unsere ganze Welt, immer im Kampf gegen die Stille und Dunkelheit des Todes.
    Zwitscher, quack, i-aah  … George Gobel .
    Muh, miau, oink  … Harold Lloyd .
    Statt im Weichzeichner erscheint diese Rückblende körnig, als Hommage an das Cinema verité . Die einzige Lichtquelle, die Nachmittagssonne, fällt ins Objektiv der Kamera und überstrahlt immer wieder aufblitzend das Bild. Unten wanken die Grizzlys brüllend zwischen den Felsen umher. Im Off kreischt ein Pfau, kreischt mit der hysterischen Stimme einer Frau, die erstochen wird.
    Über all diese Tierlaute hinweg hören wir immer noch leise den Conferencier bei seiner Ansprache: »Wir verleihen ihr die Ehrendoktorwürde der geisteswissenschaftlichen Fakultät nicht so sehr in Anerkennung dessen, was sie gelernt hat, als vielmehr in Dankbarkeit  – in tiefster Dankbarkeit  – für das, was Katherine Kenton uns gelehrt hat …«
    Aus den Zoogeräuschen schält sich langsam ein Herzschlag heraus. Das regelmäßige bu-bumm, bu-bumm deckt sich mit dem Zucken der Ader an Miss Kathies Hals unmittelbar unterhalb des Kieferknochens. Die Schreie der Tiere und das Geplapper der Menschen werden leiser, der Pulsschlag lauter. Das Herz schlägt schneller, lauter; an Miss Kathies Hals treten die Sehnen zutage und künden von ihrem Entsetzen. Ähnliche Adern und Sehnen erscheinen zuckend auf den Rücken ihrer Hände, mit denen sie sich am Geländer der Bärengrube festhält.
    Webster, der neben Miss Kathie am Geländer steht, hebt einen Arm und legt ihn ihr um die Schultern. Ihr Herz rast. Der Pfau kreischt. Als Webbs Arm ihre Schultern berührt, lässt Miss Kathie das Geländer los. Packt mit beiden Händen Webbs Hand neben ihrem Gesicht, reißt sie nach unten und schleudert Webster mit einem Judowurf über ihren Rücken. Übers Geländer. In die Grube.
    Wir blenden zur rechten Bühnenseite zurück, in die Gegenwart, und hören einen Grizzlybären brüllen und den leisen Schrei eines Mannes. Miss Kathie steht in dem schwachen Licht, das der Sprecher reflektiert. Ihr Hals ist glatt, nichts pulsiert dort. Nur ihr Lippenstift bewegt sich, als sie sagt: »Hast du wieder neue Fassungen des Manuskripts gefunden?«
    An der hinteren Bühnenwand erscheint sie als Mrs. Leonardo da Vinci , als Mrs. Stephen Foster , als Mrs. Robert Fulton .
    Interviews, überhaupt alle Werbekampagnen sind im Grunde nichts anderes als sogenannte »Blind Dates« mit irgendwelchen Fremden, wo man flirtet und mit den Wimpern klimpert und sich alle Mühe gibt, nicht gefickt zu werden.
    In Wirklichkeit hängt das Ausmaß eines Erfolgs davon ab, wie oft man das Wort Ja sagen und das Wort Nein hören kann. Wie oft man ausgebremst wird und trotzdem weitermacht.
    Indem wir diese Szene mit demselben Publikum und in derselben Umgebung drehen wie die frühere, deuten wir an, dass Preisverleihungsfeiern bloß hübsch ausstaffierte Fallen sind, mit irgendeinem versilberten Plunderpreis als Köder. Tödliche Fallen, mit Applaus als Köder.
    Ich bücke mich, schraube die Thermoskanne auf, nicht die mit schwarzem Kaffee, nicht die mit gekühltem Wodka, nicht die, in der Valium rasselt wie in einer Rumba-Rassel von Carmen Miranda . Vielmehr öffne ich eine andere Thermoskanne und zupfe ein dünnes Bündel Papier heraus, das eng zusammengerollt dort drin versteckt war. Als Kopfzeile steht auf jedem Blatt Sklave der Liebe . Ein dritter Entwurf. Ich gebe ihr die Blätter.
    Meine Miss Kathie blinzelt auf den getippten Text. Sie schüttelt den Kopf und sagt: »Ich kann damit nichts anfangen. Nicht ohne meine Brille.« Und sie gibt mir die Blätter zurück und sagt: »Lies mir das vor. Erzähl mir, wie ich sterben soll …«
    Und im Publikum brandet plötzlich donnernder Beifall auf.

2. AKT, SECHSTE SZENE
     
    »›An dem Tag, als sie qualvoll starb‹«, lese ich im Off, »›genoss meine geliebte Katherine Kenton ein herrliches Schaumbad.‹«
    Wie in den früheren vorgelesenen Schlusskapitel-Sequenzen von Sklave der Liebe sehen wir die jüngeren, idealisierten Versionen von Miss Kathie und Webster in einer weichgezeichneten, nebligen Version ihres Boudoirs auf dem Bett herumtoben. Ich lese im Off, während die Traumverliebten ihr Liebesspiel unterbrechen und langsam, langbeinig ins angrenzende Bad entschweben.
    »›Wie es ihr Brauch war‹«, liest meine

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