Diva (DE)
ihrer klügsten Investitionen retten.
In der Rückblende sehen wir, wie die Hässliche sich an die Hübsche heranmacht. Mit geübter, einstudierter Nonchalance nimmt die graue Maus wie zufällig Kontakt zu der Schönheit auf. Die täppische Kuh rempelt sie an und sagt: »Hoppla, tut mir leid …«
Um sie herum ein Gewühl hübscher namenloser Gesichter. Die Heuballenkönigin . Die Frühlingszwiebelprinzessin . Nette Gesichter, die man vergessen kann, geboren zum Flirten und Ficken und Sterben.
Damals, vor all diesen Jahren und Jahrzehnten, setzt die Schöne ihr erstaunliches Lächeln auf und sagt: »Ich heiße Kathie.« Sie sagt: »Eigentlich Katherine.« Sie reicht ihr die Hand und sagt: »Katherine Kenton .«
Jeder Filmstar ist ein Sklave.
Auch die Herren dienen ihren Herren.
Wie zur freundlichen Begrüßung reicht nun die Hässliche ihr ihrerseits die Hand und sagt: »Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich heiße Hazie Coogan .«
Und die zwei jungen Frauen geben sich die Hand.
3. AKT, FÜNFTE SZENE
Wir blenden langsam in die Gegenwart zurück. Das Szenenbild: eine Küche im Parterre des Stadthauses von Katherine Kenton ; an der hinteren Bühnenwand aufgereiht: ein Elektroherd, ein Kühlschrank, eine Tür nach draußen, ein staubiges Fenster in besagter Tür. Eine schmale Treppe führt in den ersten Stock hinauf. An der Fensterscheibe sehen wir immer noch das Herz, dort eingeritzt, nachdem vor ach so vielen Szenen Loverboy als Welpe hier eingetroffen war.
Im Vordergrund sitze ich bei Tageslicht auf einem weiß gestrichenen Küchenstuhl, die Füße auf einen ähnlich weiß gestrichenen Tisch gelegt, die Beine an den Knöcheln gekreuzt; meine Hände blättern in einem Drehbuch. In meinem Schoß liegt ein weiteres Drehbuch über Lillian Hellman mit Lillian Hellman in der Hauptrolle, geschrieben von Lillian Hellman .
Im Hintergrund erscheinen Miss Kathies Füße auf der Treppe, die aus dem ersten Stock nach unten führt. Ihre rosa Pantoffeln. Der Saum ihres rosa Morgenmantels. Der Mantel flattert, ein glatter Oberschenkel wird sichtbar. Ihre Hände erscheinen, in einer hält sie einen Stoß Papier, in der anderen ein schwarzes Tuch. Noch bevor ihr Gesicht in der Tür erscheint, ruft ihre Stimme: »Hazie …« Sie schreit beinahe: »Eben hat mich jemand angerufen, aus der Tierklinik.«
Im Drehbuch ist Lilly Hellman schneller als eine Pistolenkugel. Sie ist stärker als eine Lokomotive und kann mit einem einzigen Satz auf ein hohes Gebäude springen.
Miss Kathie steht in der Tür, das schwarze Tuch, der Papierstoß in Händen. Sie sagt: »Loverboy ist nicht an Schokolade gestorben …« und wirft das schwarze Tuch auf den Küchentisch. Dort liegt es und macht ein Gesicht mit zwei leeren Augen und offenem Mund. Eine Skimaske, genau so eine, wie sie in Sklave der Liebe der Yakuza -Mörder mit dem Eispickel getragen hat.
Miss Kathie sagt: »Der überaus freundliche Tierarzt hat mir erklärt, dass Loverboy mit Zyankali vergiftet wurde …«
Wie so viele andere hier…
Im Drehbuch teilt Lilly Hellman das Rote Meer und weckt Lazarus von den Toten auf.
»Danach«, sagt sie, »habe ich mit Groucho Marx telefoniert, und er sagt, du hast ihn nicht zur Beerdigung eingeladen…« Ihre veilchenblauen Augen blitzen auf, und sie sagt: »Und Joan Fontaine, Sterling Hayden und Franz Borzage hast du auch nicht eingeladen.« Ihre wohlklingende Stimme wird lauter und sagt: »Der Einzige, den du eingeladen hast, war Webster Carlton Westward III .«
Sie schwingt den zusammengerollten Stoß Papier in ihrer Faust und schlägt damit so fest auf die schwarze Skimaske, dass der Tisch einen Satz macht. Miss Kathie schreit: »Ich habe diese Maske in einem Versteck gefunden – in deinem Zimmer !«
Was für ein Vorwurf. Meine Miss Kathie sagt, ich habe den Pekinesen vergiftet und dann nur den braunäugigen Webster zu uns in die Krypta eingeladen, auf dass er ihr in ihrem großen Schmerz einen Blumenstrauß überreiche. Sie behauptet, in den vergangenen Monaten, während ich sie immer wieder vor Webster gewarnt habe, hätte ich ihn in Wirklichkeit gegen sie aufgehetzt. Ich hätte ihm gesagt, wann er kommen soll und wie er sie am besten umgarnen kann. Und dann hätten Webster und ich aus Versehen Terry vergiftet. Sie sagt, Webster und ich hätten vor, sie umzubringen.
Kläff, schnorch, gluck … Verschwörung .
Oink, i-aah, piep … Verrat .
Muh, miau, wieher … finsterste Machenschaften .
Im Drehbuch wandelt Lilly
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