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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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die man schlichtweg nicht anders als brillant nennen konnte. Fundraising. Murat bastelte eine Website, auf der wir alle Brüder und Schwestern dazu aufriefen, uns finanziell zu unterstützen, damit wir als Gotteskrieger für sie in den Krieg ziehen konnten. Davon hatte schließlich jeder was. Zu spenden gehörte ohnehin zu den fünf Säulen des Islam, und wer einen Gotteskrieger unterstützte, der würde dafür später ein Stückchen vom Paradies abbekommen, und das, ohne sich hier auf Erden die Finger schmutzig machen zu müssen. Und wir, wir könnten bald nach Pakistan oder in den Nordjemen einreiten und dem Westen danach mal so richtig einheizen.
    Einen Namen hatte ich auch schon für unser Projekt. Gemäß meiner ultimativen Gleichung nannten wir es Djihad Paradise . Wir richteten ein Spendenkonto ein und wir waren sicher, so verdammt sicher, dass es bestimmt nur wenige Tage dauern würde, bis wir das Geld zusammenhätten und dann könnte es bald losgehen. Feierlich luden wir die Homepage hoch und stießen euphorisch mit einer Tasse Tee darauf an. Es lebe Djihad Paradise !
    Was die Aufmerksamkeit betraf, die unserer Site zuteilwurde, war sie ein Meteoriteneinschlag. Schon nach zwei Wochen quoll sie über vor lauter Kommentaren und wir kamen mit dem Löschen kaum noch hinterher. Es waren Tausende. Tausende von giftigen Kommentaren. Verfluchungen. Verwünschungen. Ein wahrer Shitstorm fegte über uns hinweg, fegte jede Euphorie aus unseren Köpfen, und das Einzige, was er hinterließ, war Verbitterung.
    Was passiert war? Passiert war Folgendes: Ein Prozent des Shitstorm stammte von Neonazis, die meinten, wir sollten doch einfach bei ihnen vorbeikommen. Wenn wir unbedingt sterben wollten, würden sie gerne für uns diese Drecksarbeit erledigen. Gut, dass auch die Nazis ihren Senf dazugeben würden, damit war zu rechnen. Aber was das wirklich Schockierende war: Neunundneunzig Prozent der Gifteinträge stammten von anderen Muslimen. Neunundneunzig Prozent! Und es waren sogar ein paar Salafisten darunter. Verblendete nannten sie uns, Terroristen, Arschlöcher, Schaitane, Teufel, die den Koran verdrehten, es war wirklich deprimierend. Neunundneunzig Prozent unserer Brüder und Schwestern waren vom rechten Weg abgekommen. Unglaublich. Was sich da zeigte, das war der schädliche Einfluss des Westens. Er hatte sie alle korrumpiert.
    Murat schaltete die Site ab und löste das Spendenkonto wieder auf. Wir waren enttäuscht. Immerhin, einen einzigen Aufrechten gab es und der hatte fünf Euro gespendet. Aber dass das fürs Paradies reichen würde, daran hatte ich meine Zweifel. Fünf Euro und einen Shitstorm. Toll. Danke.
    Aus lauter Frust und weil uns Djihad Paradise so gut gefiel, beschlossen wir, die kleinste Kämpferzelle Deutschlands zu gründen, bestehend aus den Mudjahedin Murat und Abdel. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es in Deutschland doch noch ein paar aufrechte Muslime geben sollte, konnten sie sich uns ja anschließen.
    Trotzdem musste irgendwie eine Geldquelle her, und schließlich war es Murat, der irgendwann die geniale Idee hatte, teuren Technikschnickschnack zu vertreiben. Eine Art iStore. Bei eBay. Woher wir das Zeug hatten? Eben. Wir hatten es nicht. Nichts. Gar nichts hatten wir. Hundert Prozent Gewinn bei null Leistung. Aber bis das auffallen würde, wären wir hoffentlich schon längst im Iran oder sonst wo.
    »Alter, schau, schau, schau …! Yeah! Das Arschloch hat wirklich fast tausend Euro geboten und bekommt nun einen supergünstigen und supervirtuellen iMac.«
    High Five. Wie gebannt klemmten wir vor den Auktionen und sahen zu, wie sich das Konto des iStores füllte, und bei zwanzigtausend ließen wir es gut sein. Wir räumten das Konto vollkommen leer und dann schrieben wir eine E-Mail an Amir mit dem Betreff Paradise. Wir waren total aufgeregt, aber es dauerte fast eine Woche, bis Amir sich meldete.
    Viel erfuhren wir nicht. Wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen. Nur, dass unser Ziel ein Ausbildungslager in Nordwaziristan im pakistanischen Stammesgebiet war. Wir sollten innerhalb der nächsten Woche nach Wien fliegen und vor dem Abflug an eine Handynummer, die er uns schickte, eine SMS mit dem Wort »freedom« absenden. Ein Typ würde uns dann am Flughafen erwarten und von ihm würden wir alles Weitere erfahren. Wichtig war, dass wir innerhalb dieser Woche nach Wien kamen, denn sonst wäre unser Kontaktmann wieder weg.
    Auch wenn das alles nicht wirklich so klang, als könnte es klappen,

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