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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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Bald wären wir so eine Art Mudjahedin oder so. Krass.
    Amirs Kontaktmann, den wir an seiner Pilotenbrille und einem rot-weißen Fußballschal erkennen sollten, erwartete uns vor dem Flughafen und überreichte uns einen Umschlag mit Visum, Flugtickets und der Hotelbuchung und wir gaben ihm den Umschlag mit dem Geld. Das Ganze dauerte kaum länger als eine halbe Minute. Als er weg war, blickte ich in den Umschlag. Tatsächlich, die Tickets und eine Kontaktadresse in Teheran. Ich prüfte das Abflugdatum und stellte fest, dass wir noch einen ganzen Tag Zeit hatten, bis unser Flieger startete.
    Also hockten wir uns erst mal in die S7 Richtung Praterstern. Auf einmal stach mir ein Plakat ins Auge. Ich schielte zu Murat. Er studierte es auch auf das Genaueste. Als er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, blickte er schnell woanders hin. Ich musste grinsen.
    »Sag mal. Wie ist das jetzt eigentlich? Wenn wir Mudjahedin werden, dann kommen wir doch auf jeden Fall ins Paradies, oder?«
    Murat starrte mich an. »Ja. Das weißt du doch. Wieso fragst du das jetzt?«
    »Ich dachte – na ja, ich meine, wenn wir eh ins Paradies kommen, weil wir Märtyrer werden, dann könnten wir uns vielleicht noch eine kleine Sünde erlauben …«, sagte ich und starrte wieder auf das Plakat.
    Murat knuffte mich in die Seite. Dann lachte er. »Zwei Dumme, ein Gedanke! Das mit der verbotenen Musik verstehe ich sowieso nicht, ehrlich gesagt.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ist halt so.«
    »Glaubst du, dass es im Paradies auch keine Musik gibt?«, fragte er.
    Ich blickte ihn entsetzt an. »Was? Das denkst du doch nicht im Ernst, dass es da keine Musik gibt? Der Imam hat gesagt, dass es dort um ein Unendliches schöner ist als hier. Also muss es dort Musik geben. Ohne Musik kann das doch alles gar nicht so schön sein.«
    Das schien Murat einzuleuchten. Dann bekam er glänzende Augen. »Weißt du, wie lange ich keine Musik mehr gehört habe?«
    »Nee.«
    »Ewig.«
    »Na dann, lass uns ein Mal noch sündigen und zum Hip-Hop-Battle gehen«, sagte ich und lachte.
    Und dann suchten wir tatsächlich den Club, für den das Plakat in der S-Bahn geworben hatte, und als wir dort waren, war es strange. Richtig strange. Einerseits fühlte ich mich sofort zu Hause, der Groove, der Geruch nach Schweiß und dem Zeug, das aus der Nebelmaschine kam, Alkohol, die aufgebretzelten Mädels in ihren Tops und kurzen Röckchen, das Gehopse auf der Tanzfläche, der Typ, der die Leute ansprach und sich per Handschlag von ihnen verabschiedete, während ein Tütchen und Kohle ihre Besitzer wechselten, und andererseits war es das Bild tiefster Verworfenheit und Dekadenz. Aber was mich zutiefst beunruhigte, war der Umstand, dass es mir mehr gefiel, als dass es mich abstieß.
    Ich holte uns zwei Desperados und dann zog es uns zur Tanzfläche und amüsiert beobachtete ich, wie sich ein Typ an Murat heranmachte, aber Murat hatte solch prächtige Laune, dass er tatsächlich mit ihm tanzte. Ich grinste und als mich eines der Mädchen ansprach, vergaß ich Murat und wäre gerne noch einmal Julian Engelmann gewesen, um alle, wirklich alle Register dieser Nacht ziehen zu können, aber ich war mir nicht sicher, wie weit ich gehen durfte, damit ich mir nicht doch noch kurz vor dem Zieleinlauf den Einlass ins Paradies versaute. Also wimmelte ich sie irgendwann ab, hockte mich an den Tresen und trank einen Wodka nach dem anderen, weil ich plötzlich an Romea, ja, an Romea, nicht an Shania, denken musste und daran, wie alles hätte anders laufen können, wenn wir damals in Barcelona nicht geschnappt worden wären. Plötzlich überkam mich eine tiefe Sehnsucht nach meinem alten Leben. Meine Gedanken frevelten so wild vor sich hin, dass ich auf einmal nichts mehr wollte, als den Club so schnell wie möglich zu verlassen. Ich sah schon seit mindestens einer Stunde alles doppelt. Trotzdem versuchte ich, Murat auf der Tanzfläche zu fokussieren, aber er war verschwunden. Ich verfluchte ihn, bestellte noch einen doppelten Wodka, stürzte ihn auf ex hinab und starrte vor mich hin. In diesem Moment tauchte Murat auf. Er wirkte auf einmal sehr zerknirscht, rüttelte an meiner Schulter und wollte, dass wir sofort den Club verließen. Das war mir nur recht. Ich rutschte vom Barhocker und stellte fest, dass ich keinen Schritt mehr geradeaus gehen konnte. Murat hakte sich bei mir unter, aber auch er hatte seinen Bewegungsapparat nicht mehr so ganz im Griff.
    Als wir draußen waren, sogen wir tief die

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