Doch die Sünde ist Scharlachrot
Henker das mit Daidre Trahair zu tun habe, die sie übrigens immer noch sprechen wolle, erzählte er ihr eine Geschichte von jugendlichen Surfern, Sex, Drogen, Alkohol, Partys, Strandhöhlen und Tod. Reiche Kids, arme Kids und Cops, die es nicht geschafft hatten, den Fall zu lösen, obwohl irgendjemand geredet hatte.
»Es geht um Ben Kerne«, sagte Lynley. »Seine Freunde haben von Anfang an geglaubt, Dellen sei diejenige gewesen, die ihn angeschwärzt hatte. Dellen Kerne, meine ich. Bens Vater glaubt das im Übrigen auch.«
»Und inwieweit ist das relevant?«, fragte Bea müde.
»Ich glaube, die Antwort hierauf liegt in Exeter.«
»Sind Sie jetzt auf dem Weg dorthin?«
»Morgen«, erwiderte er. Er hielt inne, ehe er hinzufügte: »Dr. Trahair habe ich heute übrigens nicht gesehen. Ist sie aufgetaucht?« Nach Beas Geschmack klang er viel zu gelassen, und sie war kein Dummkopf.
»Keine Spur von ihr. Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
»Es kann alles Mögliche bedeuten. Vielleicht ist sie nach Bristol zurückgefahren.«
»Oh, ich bitte Sie! Das glaube ich keine Sekunde.«
Er schwieg. Das war Antwort genug.
»Ich habe Ihre Freundin Havers geschickt, um sie herzuschaffen, falls Dr. Trahair nach Hause gekrochen kommt«, berichtete Bea ihm.
»Sie ist nicht meine Freundin Havers«, entgegnete Lynley.
»Sagen Sie das nicht«, erwiderte Bea und beendete das Gespräch.
Keine fünf Minuten später rief besagte Sergeant Havers selbst sie auf dem Handy an.
»Nichts«, verkündete sie knapp, und in der schlechten Verbindung rauschte es unablässig. »Soll ich noch länger warten? Kann ich machen, wenn Sie wollen. Ich habe nicht oft Gelegenheit, in aller Ruhe eine Zigarette zu rauchen und der Brandung zu lauschen.«
»Sie haben lange genug gewartet«, entschied Bea. »Fahren Sie zurück ins Salthouse Inn. Ihr Superintendent Lynley ist auch schon auf dem Weg dorthin.«
»Er ist nicht mein Superintendent Lynley«, widersprach Havers.
»Was ist nur los mit euch beiden?«, seufzte Bea und legte auf, ehe Sergeant Havers antworten konnte.
Ihre letzte Amtshandlung, bevor auch sie nach Hause fahren wollte, war, Pete anzurufen und ihre mütterliche Sorge um seine Kleidung, Ernährung, Hausaufgaben und Fußball kundzutun und sich nach den Hunden zu erkundigen. Wäre es zufällig Ray, der ans Telefon ging, würde sie höflich, aber sachlich-distanziert bleiben.
Doch sie konnte sich die Mühe sparen; Pete nahm ihren Anruf selbst entgegen. Er war ganz aus dem Häuschen über einen neuen Spieler, den Arsenal eingekauft hatte, irgendjemanden mit einem unaussprechlichen Namen aus … hatte er wirklich gesagt, vom Südpol? Nein, er musste São Paulo gesagt haben.
Bea äußerte sich mit angemessener Begeisterung und strich im Geiste das Thema Fußball von ihrer Liste, arbeitete dann seine Mahlzeiten und Schularbeiten ab und wollte gerade zur Kleidung übergehen – er hasste es, bezüglich seiner Unterwäsche befragt zu werden, aber wenn sie es nicht verhinderte, trug er nun mal dieselbe Unterhose eine ganze Woche lang –, als er sie unterbrach: »Dad will, dass du ihm Bescheid gibst, wenn der nächste Sporttag in der Schule ist, Mum.«
»Ich gebe ihm immer Bescheid, wenn Sporttag ist«, erwiderte sie.
»Ja, aber ich meine, er will mit dir zusammen hingehen, nicht allein.«
»Er will das? Oder du?«, hakte Bea nach.
»Na ja, wär doch schön, oder? Dad ist in Ordnung.«
Rays Kampagne war also erfolgreich, erkannte Bea. Nun, im Moment konnte sie daran nichts ändern. »Wir werden sehen«, sagte sie und verabschiedete sich mit den Worten: »Ich hab dich lieb.«
Sie hielt kurz inne und setzte sich dann entgegen ihres Vorsatzes, endlich auch heimzufahren, zurück an den Computer. Sie rief die Webseite ihrer Partnervermittlung auf und loggte sich ein. Pete brauchte eine männliche Präsenz im Haus, und Bea war bereit für etwas Definitiveres als eine Verabredung und den gelegentlichen One-Night-Stand, wenn Pete bei seinem Vater übernachtete.
Sie überflog die Annoncen und versuchte, nicht immer zuerst auf die Fotos zu schauen. Sie sagte sich, es sei wichtig, unvoreingenommen zu bleiben. Aber eine Viertelstunde dieser Tätigkeit vermochte ihren Datingfrust zu steigern wie nichts anderes. Sie kam zu dem Schluss, wenn jeder, der von sich behauptete, romantische Strandspaziergänge bei Sonnenuntergang zu lieben, tatsächlich romantische Strandspaziergänge bei Sonnenuntergang unternähme, müsste es dort zur
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