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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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in Falmouth zur Welt gekommen zu sein, gibt es auch keine Geburtsurkunde. Außerdem decken Teile ihrer Geschichte über ihren Job in Bristol sich nicht mit den Fakten.«
    »Welche Teile?«
    »Es gibt im dortigen Zoo eine angestellte Veterinärin namens Daidre Trahair, aber der Mann, den sie mir als ihren Freund Paul beschrieben hat – vorgeblich der Primatenpfleger –, existiert nicht.«
    »Davon haben Sie mir gar nichts erzählt«, warf Havers ein. »Warum nicht?«
    Lynley seufzte. »Sie scheint einfach nicht … Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie eine Mörderin ist. Ich wollte die Dinge für sie nicht noch schwieriger machen.«
    »Schwieriger als was?«, fragte Hannaford.
    »Ich weiß nicht. Es scheint … Ich gebe zu, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmt. Ich glaube nur nicht, dass es mit dem Mord zu tun hat.«
    »Und Sie glauben, Sie wären in der Verfassung, solch eine Entscheidung zu treffen?«, erkundigte sich Hannaford.
    »Ich bin nicht blind«, gab er zurück. »Und ich habe auch nicht den Verstand verloren.«
    »Aber Sie haben Ihre Frau verloren«, erwiderte Hannaford. »Wie wollen Sie nach all dem, was Ihnen widerfahren ist, erwarten, dass Sie klar denken, klar sehen oder sonst irgendetwas klar tun können?«
    Lynley wich zurück, aber nur einen Schritt. Er wollte diese Konversation beenden, und dies schien ihm der beste Weg, das zu erreichen. Er spürte Havers' Blick auf sich. Er wusste, er würde irgendetwas erwidern müssen, ehe sie es an seiner Stelle tat; das wäre ihm unerträglich gewesen. »Ich habe keine Fakten vor Ihnen verheimlicht, Inspector«, sagte er. »Ich wollte lediglich mehr Zeit.«
    »Wofür?«
    »Für etwas wie das hier, nehme ich an.« Er hielt einen großen Umschlag in der Hand, aus dem er nun das Foto entnahm, das er aus Boscastle mitgebracht hatte. Er reichte es ihr.
    Hannaford betrachtete es. »Wer sind diese Leute?«
    »Eine Familie namens Parsons. Der Sohn – der Junge auf dem Bild – starb vor etwa dreißig Jahren in einer Strandhöhle in Pengelly Cove. Das Foto entstand in etwa zu der Zeit; höchstens ein, zwei Jahre eher. Niamh ist die Mutter, Jonathan der Vater. Der Junge ist Jamie, die Mädchen seine jüngeren Schwestern. Ich würde an dem Bild gern eine digitale Altersprogression vornehmen lassen. Gibt es hier jemanden, der das kurzfristig ausführen könnte?«
    »Eine Altersprogression von wem genau?«, fragte Detective Inspector Hannaford.
    »Von allen«, antwortete Lynley.
    Daidre hatte den Wagen an der Lansdown Road abgestellt. Sie wusste, es sah nicht gut aus, so nah bei der Polizeiwache zu parken, aber sie musste ihn sehen, und gleichzeitig brauchte sie ein Zeichen, das ihr sagte, wie sie weiter vorgehen sollte. Wahrheit bedeutete Vertrauen, sogar blindes Vertrauen. Aber dieses blinde Vertrauen konnte sie geradewegs in den tödlichen Treibsand des Verrats führen, und davon hatte sie in ihrem Leben weiß Gott genug gesehen.
    Im Rückspiegel sah sie sie aus der Polizeiwache kommen. Wäre Lynley allein gewesen, wäre sie ihm vielleicht hinterhergelaufen, um mit ihm die Unterhaltung zu führen, die sie dringend führen mussten. Da aber sowohl Detective Inspector Hannaford als auch Detective Sergeant Havers in seiner Begleitung waren, wertete Daidre dies als Zeichen, dass der Zeitpunkt nicht der richtige war. Sie hatte ein Stück weit die Straße hinauf geparkt, und als die drei Beamten auf dem Parkplatz der Polizeiwache stehen blieben, um noch ein paar Worte zu wechseln, startete sie den Motor und fuhr an. In ihr Gespräch vertieft, sah keiner der drei ihr nach. Auch das wertete Daidre als Zeichen. Manche hätten sie einen Feigling genannt, wusste sie, weil sie jetzt davonlief. Andere hätten ihr jedoch zu ihrem gesunden Selbsterhaltungsinstinkt gratuliert.
    Sie verließ Casvelyn, fuhr landeinwärts, erst in Richtung Stratton, dann quer über Land. Schließlich hielt sie im rasch schwindenden Abendlicht vor der Ciderfarm.
    Die Umstände bewogen sie zu vergeben. Aber Vergebung funktionierte in beide Richtungen, oder, genauer betrachtet, in alle Richtungen. Sie musste sie erbitten ebenso wie erteilen. Und für beides brauchte man Übung.
    Stamos wühlte in seinem Pferch in der Hofmitte. Daidre ging an ihm vorüber und umrundete die Marmeladenküche, wo zwei Angestellte unter grellem Neonlicht riesige Kupfertöpfe schrubbten.
    Sie öffnete das Tor unter dem Laubengang und betrat den privaten Teil des Geländes. Wie beim letzten Mal hörte sie

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