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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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geredet, sie haben mir widersprochen. Nur wollte ich nicht mit ihnen streiten, denn soweit ich sehen kann, gibt es nichts, worüber man streiten könnte. Entweder man versteht es oder nicht, und sie verstehen es eben nicht. Na ja, wie auch? Ich meine, Mums ganzer Lebensstil hätte mir vor Augen führen müssen, dass sie es niemals begreifen würde. Ein Leben in Kontemplation? Wohl kaum, wenn dein einziges Interesse darin besteht, Mode- und Klatschzeitschriften zu lesen und zu überlegen, wie du dich in Posh Spice verwandeln kannst, und das ausgerechnet an einem Ort, wo es nicht besonders viele Designerläden gibt. Und du zudem ungefähr hundert Kilo mehr wiegst als Posh Spice oder wie immer sie sich heutzutage nennt.«
    »Wer?«
    »Was meinst du, wer? Posh Spice. Posh wie auch immer. Mum lässt sich Hello ! und OK! mit dem Laster dorthinbringen und Vogue und Tatler und was sonst noch, und das ist ihre Ambition. So wie all diese Frauen auszusehen und so wie sie zu leben. Aber das ist nicht mein Ziel, Granddad. Das wird es niemals werden, also du kannst mich gerne nach Hause schicken, aber ändern wird sich nichts. Ich will nicht, was sie wollen. Das habe ich nie und werde ich auch nie.«
    »Ich wusste nicht, dass du mit ihnen gesprochen hast«, wiederholte er. »Sie haben gesagt, sie hätten nicht mit dir geredet.«
    »Wie meinst du das?« Sie warf sich im Sitz herum, sodass sie ihn ansehen konnte.
    »Diese Mutter … wie nennt man sie noch gleich?«, fragte er. »Die Abt-Dame. Wie nennt man sie?«
    Tammy geriet ins Stocken. Ihre Zunge schnellte hervor, fuhr über die Lippen, dann nahm sie die Unterlippe zwischen die Zähne und saugte daran wie ein kleines Mädchen. Selevan spürte seine Brust bei dem Anblick eng werden. Sie war in so vieler Hinsicht noch ein kleines Mädchen. Er verstand, dass ihren Eltern der Gedanke unerträglich war, sie könnte hinter Klostermauern verschwinden. Vor allem so ein Kloster, wo niemand mehr herauskam, es sei denn, in einem Sarg. Sie konnten einfach keinen Sinn darin erkennen. Es war so … so unmädchenhaft. Tammy hätte sich doch eigentlich für spitze Schuhe mit hohen Absätzen begeistern sollen, für Lippenstifte und Haardingsbums. Für kurze Röcke, lange Röcke oder Zwischendrin-Röcke, für die Frage, ob Jacke oder nicht, Weste oder nicht, für Musik und Jungen und Filmstars und an welchem Punkt in ihrem Leben sie sich einen Kerl an die Wäsche gehen lassen sollte. Aber womit sie sich mit siebzehn nicht befassen sollte, waren der Zustand der Welt, Krieg und Frieden, Hunger und Krankheit, Armut und Unwissenheit. Und woran sie ganz sicher nicht denken sollte, waren Sackleinen und Asche oder was immer die in solchen Häusern trugen, eine kleine Zelle mit einer Pritsche, einer Gebetsbank und einem Kruzifix, Rosenkranz und Aufstehen im Morgengrauen, um zu beten, zu beten und wieder zu beten, für alle Zeiten der Welt abgekehrt.
    »Granddad …«, sagte Tammy. Aber sie schien sich nicht zu trauen, den Satz zu beenden.
    »Das bin ich«, erwiderte er. »Der Granddad, der dich liebt.«
    »Wo hast du …?«
    »Na ja, das stand doch in dem Brief, oder? Rufen Sie die Mutter Dingsda an, um einen Besuchstermin zu vereinbaren. ›Manchmal stellen Mädchen fest, dass sie nicht damit fertig werden. Sie glauben, dieses Leben wäre irgendwie romantisch, aber ich versichere Ihnen, das ist nicht der Fall, Mr. Penrule. Doch wir bieten Besinnungstage für Einzelpersonen oder Gruppen an, und wenn sie daran teilnehmen möchte, ist sie herzlich willkommen.‹«
    Wieder erinnerten Tammys Augen ihn an Nans. Oder Nans Augen, wie sie hätten sein sollen, wenn sie ihren Vater ansah. Nicht wie sie gewesen waren, wenn sie sich sein Gebrüll hatte anhören müssen.
    »Granddad, du bringst mich nicht zum Flughafen?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte er, als wäre es für ihn das Selbstverständlichste auf der Welt, die Wünsche ihrer Eltern zu missachten und seine Enkelin an die schottische Grenze zu fahren, damit sie dort eine Woche in einem Karmeliterinnenkloster verbringen konnte. »Sie wissen nichts davon und werden es auch nie erfahren.«
    »Aber wenn ich mich dazu entschließe, dort zu bleiben … Wenn ich bleiben will … Wenn ich feststelle, dass es das ist, was ich glaube und was ich brauche … dann musst du's ihnen sagen. Und was dann?«
    »Lass das nur meine Sorge sein.«
    »Das würden sie dir nie verzeihen! Wenn ich entscheide … Wenn ich es für das Beste halte … Sie würden niemals

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