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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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Tommy! Bist du so weit gelaufen? Weißt du eigentlich, wie …« Dann unterbrach sie sich. Was sie hatte fragen wollen, war, ob er wüsste, wie besorgt sie gewesen seien. Aber sie liebte ihn, und darum wollte sie ihm keine weitere Bürde auferlegen.
    Weil er sie ebenso liebte, antwortete er trotzdem. »Ich weiß. Wirklich. Bitte versteh das. Es ist einfach so, dass ich unfähig scheine, meinen Weg zu finden.«
    Sie wusste natürlich, dass er nicht von mangelndem Orientierungssinn sprach. »Mein Junge, wenn ich irgendetwas tun könnte, um dir das abzunehmen …«
    Er konnte die Wärme in ihrer Stimme, ihr unerschöpfliches Mitgefühl kaum ertragen, vor allem da sie selbst im Laufe der Jahre so viele Tragödien hatte erdulden müssen. »Tja …« Er räusperte sich.
    »Alle möglichen Leute haben angerufen«, erzählte sie. »Ich habe eine Liste erstellt. Und sie hören nicht auf anzurufen, wie man es doch erwarten würde. Du weißt, was ich meine: Ein Anruf, und damit ist die Pflicht getan. So war es nicht. So viele Menschen sind in Sorge um dich. Du wirst so geliebt, mein Junge.«
    Er wollte das nicht hören, und das musste er ihr begreiflich machen. Es war nicht so, dass er die Anteilnahme seiner Freunde und Bekannten nicht zu schätzen wüsste. Nur rührte diese Anteilnahme – und schlimmer noch: der Ausdruck dieser Anteilnahme – an eine Stelle in seinem Innern, die bereits so wund war, dass jede weitere Bekundung an Folter grenzte. Deswegen hatte er sein Zuhause verlassen, denn im März war der Küstenpfad menschenleer, und auch im April waren dort nur wenige unterwegs, und selbst wenn er jemandem begegnete, so wusste dieser Mensch doch nichts von ihm oder davon, was er tat, warum er Tag für Tag weiterlief oder was ihn zu dieser Entscheidung getrieben hatte.
    »Mutter …«
    Wie immer hörte sie aus seiner Stimme alles heraus. »Mein Liebling, es tut mir leid. Reden wir nicht mehr davon.« Ihr Tonfall veränderte sich, wurde geschäftsmäßiger, und dafür war er dankbar. »Was ist passiert?«, fragte sie. »Du bist doch unversehrt, oder? Nicht verletzt?«
    Nein, er sei nicht verletzt, versicherte er, aber er habe jemanden gefunden, der einen Unfall erlitten hatte. Er sei anscheinend der Erste am Unfallort gewesen. Das Opfer sei ein Junge. Er sei von einer Klippe zu Tode gestürzt. Jetzt ermittele die Polizei. Und er habe alles zu Hause gelassen, womit er sich ausweisen könne. »Würdest du mir bitte meine Brieftasche schicken? Es ist eine reine Formsache, nehme ich an. Sie untersuchen die näheren Umstände. Es sieht aus wie ein Unfall, aber ehe das nicht sicher ist, will die Polizei natürlich nicht, dass ich weiterziehe. Und ich muss beweisen, dass ich derjenige bin, für den ich mich ausgebe.«
    »Wissen sie, dass du Polizist bist, Tommy?«
    »Einer weiß offenbar davon. Ich habe ihnen lediglich meinen Namen gesagt.«
    »Nichts sonst?«
    »Nein.« Es hätte die ganze Geschichte in ein viktorianisches Melodrama verwandelt: Mein guter Mann – oder in diesem Fall Frau –, wissen Sie eigentlich, wen Sie hier vor sich haben? Er hätte seinen Rang genannt, und wenn das nicht ausgereicht hätte, um Eindruck zu schinden, seinen Titel. Und der hätte gewiss alle strammstehen lassen, wenn auch sonst nichts dabei herausgekommen wäre. Allerdings schien Detective Inspector Hannaford nicht unbedingt der Typ zum Strammstehen zu sein.
    »Sie sind nicht gewillt, mir einfach zu glauben, was ich sage, und das kann man ihnen wohl kaum verübeln. Ich würde mir auch nicht glauben. Schickst du mir bitte meine Brieftasche?«
    »Natürlich. Sofort. Soll Peter morgen früh damit zu dir fahren?«
    Er glaubte nicht, dass er die ängstliche Besorgnis seines Bruders würde ertragen können. »Aber nein, es ist nicht nötig, dass er sich die Mühe macht«, versicherte er. »Schick sie einfach mit der Post.«
    Er nannte ihr die Adresse, und sie fragte, wie es typisch für sie war, ob das Hotel wenigstens ansprechend sei, das Zimmer behaglich und das Bett lang genug. Er sagte, es sei alles in Ordnung. Und er freue sich auf ein Bad.
    Das beruhigte seine Mutter ein wenig, auch wenn es sie nicht gänzlich zufriedenstellte, bewies der Wunsch nach einem Bad vielleicht auch nicht unbedingt den Entschluss weiterzuleben, so doch zumindest seine Bereitschaft, sich noch ein Weilchen länger mit dem Leben herumzuplagen. Das genügte ihr fürs Erste. Sie verabschiedete sich, nachdem sie ihm aufgetragen hatte, sich ein langes,

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