Doctor Sleep (German Edition)
Mobilfunkbranche dichtmachen.«
Lucy zeigte kein Lächeln. »Setz dich und iss, John. Du hast zehn Minuten Zeit, dann wecke ich das Murmeltier, das da drin auf dem Sofa liegt.« Sie setzte sich ebenfalls. »Sprich weiter, Dan.«
»Ich weiß nicht, ob sie dachte, dass mein Vater meine Mutter wegen ihr verlassen würde, und ich bezwei fl e, dass wir die Antwort darauf in ihrem Koffer finden werden. Falls sie kein Tagebuch hinterlassen hat. Nach allem, was ich von Dave weiß und was Concetta mir später erzählt hat, ist sie jedenfalls eine Weile dortgeblieben. Vielleicht hatte sie sich ernsthafte Hoffnungen gemacht, vielleicht hat sie auch einfach nur Party gemacht, vielleicht beides. Als sie festgestellt hat, dass sie schwanger war, hatte sie offenbar keine Erwartungen mehr. Höchstwahrscheinlich waren wir damals auch schon in Colorado.«
»Meinst du, deine Mutter hat je davon erfahren?«
»Keine Ahnung, aber sie hat sich bestimmt gefragt, ob er ihr treu war, vor allem in den Nächten, in denen er spät und besoffen nach Hause gekommen ist. Außerdem muss ihr klar gewesen sein, dass Säufer ihr schlechtes Benehmen nicht darauf beschränken, auf Pferde zu wetten und den Kellnerinnen im Twist and Shout Geldscheine in den Ausschnitt zu stecken.«
Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. » Wie geht’s dir eigentlich? Du siehst erschöpft aus.«
»Ist schon in Ordnung. Aber du bist nicht die Einzige, die versucht, das Ganze zu verarbeiten.«
»Sie ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen«, sagte Lucy. Sie hatte sich von Dan abgewandt und den Blick auf die am Kühlschrank befestigte Pinnwand geheftet. Dort hing in der Mitte ein Foto von Concetta und der etwa vierjährigen Abra. Hand in Hand gingen die beiden durch eine Gänseblümchenwiese. »Der Mann, der am Steuer saß, war wesentlich älter als sie. Und besoffen. Sie sind zu schnell gefahren. Momo wollte mir nichts erzählen, aber als ich achtzehn war, wurde ich neugierig und hab sie so lange gelöchert, bis sie wenigstens ein paar Einzelheiten preisgegeben hat. Ich hab sie gefragt, ob meine Mutter auch betrunken war, aber sie sagte, das wüsste sie nicht. Die Polizei hätte keinen Grund, bei Unfällen ums Leben gekommene Beifahrer auf Alkohol testen zu lassen, bloß den Fahrer.« Sie seufzte. »Ist auch egal. Sparen wir uns die Familiengeschichten für später auf. Erzähl mir jetzt mal genauer, was mit meiner Tochter geschehen ist.«
Das tat er. Nach einer Weile drehte er sich um und sah in der Tür Dave Stone stehen, der sich das Hemd in die Hose stopfte und ihn beobachtete. Er sah ebenso grimmig wie verängstigt aus.
12
Dan begann damit, wie Abra Kontakt mit ihm aufgenommen habe, zuerst über Tony als Vermittlungsinstanz. Danach berichtete er, wie Abra auf den Wahren Knoten gestoßen sei – durch eine albtraumhafte Vision vom Schicksal Bradley Trevors, den sie den Baseballjungen nannte.
»An diesen Albtraum erinnere ich mich«, sagte Lucy. »Da bin ich durch ihr Schreien aufgewacht. Das kannte ich zwar schon von früher, aber damals war es das erste Mal seit zwei oder drei Jahren.«
Dave runzelte die Stirn. »Komisch, ich erinnere mich überhaupt nicht daran.«
»Du warst in Boston auf einer Konferenz.« Sie sah Dan an. »Mal sehen, ob ich es richtig verstanden habe. Diese Leute sind keine Menschen, sondern … was? Eine Art Vampire?«
»In gewisser Weise ja. Sie schlafen zwar nicht tagsüber in Särgen, um sich im Mondlicht in Fledermäuse zu verwandeln, und ich glaube auch nicht, dass man sie mit Kreuzen und Knoblauch einschüchtern kann, aber es sind Parasiten. Und menschlich sind sie auf keinen Fall.«
»Menschen lösen sich schließlich nicht einfach in Luft auf, wenn sie sterben«, sagte John trocken.
»Habt ihr das wirklich mit eigenen Augen gesehen?«
»Haben wir. Alle drei.«
»Jedenfalls hat der Wahre Knoten kein Interesse an gewöhnlichen Kindern«, fuhr Dan fort. »Nur an denen mit Shining.«
»Und das sind Kinder wie Abra«, sagte Lucy.
»Ja. Bevor sie sie töten, foltern sie sie – um den Steam zu reinigen, wie Abra sagt. Mir kommen da immer Schwarzbrenner in den Sinn, die ihr Gesöff destillieren.«
»Und du meinst, sie wollen Abra … inhalieren?«, sagte Lucy, die das offenbar immer noch nicht recht begreifen konnte. » Weil sie dieses Shining hat?«
»Ja, und zwar in besonderem Maße. Wenn man meine Fähigkeiten mit einer Taschenlampe vergleichen würde, dann wären ihre wie ein Leuchtturm. Außerdem weiß sie von diesen
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