Doctor Sleep (German Edition)
verlängerte Lebensdauer.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass deine Einschätzung zutrifft«, sagte Dan. »Und als gute Amerikaner haben sie sich die ganze Zeit über bestimmt fleißig damit beschäftigt, Geld zu machen. Genug, Räder zu schmieren, die wesentlich größer sind als die in Sidewinder. Auf Staats- und Bundesebene.«
»Und diese Rose … die wird nicht aufgeben.«
»Nein.« Dan dachte an die Vision, die er von ihr gehabt hatte. An den schief sitzenden Zylinder. Den aufgesperrten Mund. Den einzelnen Zahn. »Ihr Herz hängt an der Jagd auf eure Tochter.«
»Eine Frau, die sich am Leben hält, indem sie Kinder tötet, hat kein Herz«, sagte Dave.
»O doch, sie hat eines«, sagte Dan. »Aber es ist schwarz.«
Lucy erhob sich. »Genug geredet. Ich will jetzt sofort zu Abra. Alle Mann vorher auf die Toilette, sobald wir im Auto sitzen, halten wir nämlich nicht an, bevor wir an diesem Motel angekommen sind.«
»Gibt’s hier in der Wohnung einen Computer?«, fragte Dan. »Falls ja, muss ich mir vor der Abfahrt kurz was anschauen.«
Lucy seufzte. »Der steht im Arbeitszimmer, und das Passwort wirst du wohl erraten. Aber wenn du mehr als fünf Minuten brauchst, starten wir ohne dich.«
14
Rose lag stocksteif im Bett, zitternd vor Steam und wilder Wut.
Als um Viertel nach zwei ein Motor ansprang, hörte sie es. Steamhead Steve und Baba the Red. Um zwanzig vor vier hörte sie das nächste Motorengeräusch. Diesmal waren es Pea und Pod, die Little-Zwillinge. Begleitet wurden sie von Sweet Terri Pickford, die zweifellos nervös durchs Rückfenster spähte, ob Rose irgendwo zu sehen war. Big Mo hatte gefragt, ob sie mitkommen könne – sie hatte regelrecht darum gefleht –, war jedoch abgewiesen worden, weil sie die Krankheit im Leib hatte.
Rose hätte diese Typen aufhalten können, aber wozu? Die sollten ruhig herausfinden, wie das Leben in Amerika war, wenn sie auf sich selbst gestellt waren, ohne den Wahren Knoten, der sie im Lager beschützte und ihnen unterwegs den Rücken freihielt. Vor allem wenn ich Toady sage, er soll ihre Kreditkarten kündigen und ihre dicken Bankkonten leeren, dachte sie.
Mit Jimmy Numbers war Toady zwar nicht zu vergleichen, aber um so etwas konnte er sich durchaus kümmern, und zwar mit einem einzigen Knopfdruck. Und er würde verfügbar sein. Toady blieb bestimmt bei der Stange. Wie alle, die wirklich was draufhatten … beziehungsweise fast alle. Dirty Phil, Apron Annie und Diesel-Doug befanden sich nämlich nicht mehr auf dem Rückweg. Sie hatten abgestimmt und beschlossen, stattdessen in Richtung Süden zu fahren. Diesel hatte den anderen gesagt, man könne Rose nicht mehr vertrauen, außerdem sei es schon lange an der Zeit, den Knoten zu durchtrennen.
Viel Glück dabei, Süßer, dachte sie, während sie automatisch die Fäuste ballte und wieder öffnete.
Den Wahren Knoten zu spalten war eine furchtbare Vorstellung, aber es war gut, die Herde ein bisschen auszudünnen. Sollten die Schwächlinge doch davonlaufen und die Kranken sterben. Wenn auch dieses verfluchte Mädchen tot war und sie seinen Steam geschluckt hatten (die Illusion, es als Gefangene zu halten, hatte Rose inzwischen aufgegeben), dann würden die etwa fünfundzwanzig verbliebenen Wahren stärker sein denn je. Sie trauerte um Crow, und sie wusste, dass es niemand gab, der wirklich in seine Fußstapfen treten konnte, aber Token Charlie tat bestimmt sein Bestes. Das galt auch für Harpman Sam … Bent Dick … Fat Fannie und Long Paul … und für Greedy G, die zwar keine Leuchte, aber treu und gehorsam war.
Außerdem: Nachdem die anderen weg waren, würde der Steam, den sie noch in Reserve hatten, länger reichen und die Verbliebenen stärker machen. Stark mussten sie nämlich sein.
Komm nur her zu mir, du kleines Aas, dachte Rose. Mal sehen, wie stark du bist, wenn zwei Dutzend von uns gegen dich stehen. Mal sehen, wie es ist, wenn du alleine gegen den Wahren Knoten kämpfst. Wir werden deinen Steam essen und dein Blut au fl ecken. Aber zuerst trinken wir deine Schreie.
Rose starrte in die Dunkelheit hinauf und hörte die verklingenden Stimmen der Flüchtenden, der Treulosen.
Ein leises, schüchternes Klopfen an der Tür. Rose blieb schweigend noch ein Weilchen liegen und dachte nach, dann schwang sie die Beine vom Bett.
»Komm rein.«
Sie war nackt, machte jedoch keine Anstalten, sich zu verhüllen, als Silent Sarey hereingeschlichen kam, konturenlos in ihrem Nachthemd aus Flanell. Ihr
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