Doctor Who: Rad aus Eis (German Edition)
wollte ihn allerdings nach König Georg benennen.«
»Was! Nach diesem hannoveranischen Throndieb! Das glaube ich nicht …«
»Nicht nach
deinem
König Georg, sondern nach seinem Enkel, wenn ich nicht irre. Nun setz’ dich doch wieder, Jamie. Der Vorschlag setzte sich ohnehin nicht durch … Jahrhunderte lang betrachteten die Menschen jedenfalls die Ringe des Saturn – die du ja jetzt aus der Nähe gesehen hast – und fragten sich, woraus sie bestanden. Und nun sind die Menschen hierher gekommen, um in ihnen nach Mineralien zu schürfen, die sie anscheinend auch erhalten. Letzteres ist allerdings seltsam, denn diese Menschen scheinen Bernalium abzubauen, und Bernalium ist in diesem Sonnensystem selten. Ich frage mich …« Einen Moment lang schien er sich in seinen Gedanken zu verlieren, dann wandte er sich wieder an Jamie. »Und du? Was hältst du von diesem Ort, diesem Rad aus Eis?«
Jamie zog die Luft ein und roch Metall. »Ein paar Teile sind ganz hübsch. Die Farmen. Tolle Aussicht, wenn einen die großen Eisbrocken nicht stören, die überall umherfliegen. Aber man ist überall wie eingesperrt. Die Leute tragen die gleichen Farben. Überall Türen, die sich abschließen lassen. Wie in einem Gefängnis, und von denen habe ich schon genug gesehen.«
»Ich weiß, was du meinst. Ich bin mir sicher, dass die Türen aus Sicherheitsgründen eingebaut wurden, damit sich ein etwaiger Druckverlust nicht auf das ganze Rad ausdehnt. Aber natürlich kann man so auch Menschen festsetzen.«
Während sie sich unterhielten, klickte es laut, so als habe jemand irgendwo einen riesigen Schalter umgelegt. Die Decke verdunkelte sich, die hellen Lampen gingen aus und wurden durch kleinere Leuchtkugeln ersetzt.
Der Doktor grummelte. »Und so wird es Abend auf dem Rad aus Eis.«
»Aye, Licht aus in diesem Gefängnis. Und dann is’ da noch Zoe.«
»Ah.« Im Halbdunkel wirkten die Augen des Doktors tiefgründig und sanft.
»Was belastet sie, Doktor? Du sagtest, wir seien nah an ihrer Zeit. Entsprechend sollte sie sich hier doch wohl fühlen, immerhin ist die Epoche ihr halbwegs vertraut. Aber sie scheint sich nicht zu freuen.«
»Nein, das nun wirklich nicht. Ich hoffe, sie wird sich anpassen. Du solltest nicht vergessen, dass Zoe eine recht ungewöhnliche Kindheit hatte. Ihre Ausbildung beschränkte sich auf Logik und Gedächtnistraining. Es ist nicht so, dass man ihr sagte, Geschichte sei unwichtig – man vermittelte ihr vielmehr den Eindruck, Geschichte
existiere
gar nicht. So als wäre ihr Zeitalter, das der großen Stationen im All, das einzige, das es jemals gegeben hatte und jemals geben würde.«
»Aye. Und dann tauchten wir auf.« Jamie grinste unwillkürlich, als er sich daran erinnerte.
»Ja. Wir und die Cybermen. Na ja, wenigstens haben wir ihre Neugier geweckt, richtig? So sehr, dass sie sich in der TARDIS versteckte, weil sie uns begleiten wollte.«
»Schön. Sie hat bekommen, was sie wollte. Sie is’ bei uns. Aber …«
»Aber sie ist unglücklich, das weiß ich, Jamie. Wahrscheinlich ist das hier zu nahe an ihrer Zeit. Es ist nicht nur Geschichte, es ist
ihre
Geschichte. Die Geschichte, die man immer vor ihr verborgen hat. Diese Menschen hier kämpfen hart und, wie ich glaube, sterben sie auch, um die Welt zu errichten, in der Zoe aufgewachsen ist, und in der man sie in eine Schule setzte wie diese leckeren Tomaten in ein Gewächshaus. Wahrscheinlich ist Zoe deswegen verbittert. Vielleicht fühlt sie sich auch schuldig. Ich vergesse manchmal, wie jung sie noch ist.« Der Doktor seufzte. »Aber nach und nach wird sie die größeren Zusammenhänge erkennen. Dies ist schließlich nur der Anfang. Sogar in diesem Zeitalter haben die Menschen ihren Weg bereits gefunden. Sie hüpfen durchs All wie ein Frosch über Seerosenblätter, und ihre schlauen kleinen Augen richten sich bereits auf die Sterne. Das Sonnensystem verändert sich. Eines Tages wird es in den Wolken des Saturn Gärten mit Blumen geben. Und in ferner Zukunft werden die Menschen sogar in der Lage sein, auf dem Pluto zu leben, dem am weitesten von der Erde entfernten Planeten, und trotzdem die Wärme der Sonne spüren.«
»Wirklich? Werden sie glücklich sein?«
»Das steht auf einem anderen Blatt, Jamie.«
»Du glaubst also, dass Zoe darüber hinwegkommen wird?«
»Zweifellos. Du kennst sie doch.«
Die Unterhaltung hatte Jamies Stimmung verbessert. »Sie könnte sich eine Scheibe von uns Schotten abschneiden. Wir haben unsere
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