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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Komma zwo-fünf bis Null komma fünf Milligramm.» Er streckte stolz den Arm aus. «Pip, das ist meine Frau.»
    «Wir kennen einander schon», erwiderte Pip geistesabwesend. «Hallo, Dawn.»
    «Hallo, Pip. Siehst du aber braun aus. Warst du viel in der Sonne?»
    Freddie fuhr sich mit den Fingern durch sein dichtes Haar. «Heda! Wie das? Wann?»
    «Pip, was tust du die ganze Zeit?» Eva tauchte aus dem Vorraum auf, die Hände an den Schläfen. «Ich bin schon rasend vor Kopfschmerzen.»
    «Freddie, das ist meine Frau», sagte Pip.
    «Wir kennen einander schon», sagte Freddie.
    Dawn kicherte. «Wie klein die Welt ist!»
    «Du kennst Dawn?» fragte Freddie mit leichtem Stirnrunzeln.
    «Wieso?»
    «Vom St.-Swithin. Nachdem du weg warst, nach der Party mit dem Liebestrank in der Bettschüssel. Ich hatte Beschwerden im Rücken, so ging ich in die Physiotherapeutische Abteilung. Und dort war Mrs. Bisham. Natürlich die spätere Mrs. Bisham.»
    «Und was geschah?»
    «Wie nett, daß du dich danach erkundigst. Die Schmerzen ließen rasch nach.»
    «Dr. Bisham —» Cindys Kopf erschien hinter der Sprechzimmertür. «Mrs. Egham liegt schon seit zehn Minuten ausgezogen da und sagt, sie will nicht die erste Patientin sein, die Lungenentzündung als Nebenerscheinung von Nesselausschlag kriegt.»
    «Geben Sie ihr den Punch zu lesen. Mir ist es scheißegal, ob dir dein Rückgrat den Bauch eingedrückt und einen häßlichen Fleck auf dem Boden gemacht hat. Mich interessiert es vielmehr, zu erfahren, wiegut du Dawn kennengelernt hast.»
    Dawn begann wieder zu kichern.
    «Bist du nicht ein bißchen brutal?» fragte Pip. «Und leicht paronoid?»
    «Chirurgen dürfen brutal sein. Das gehört zur Sache. Und da ich dich seit Jahren als schleichenden Casanova kenne, darf ich auch ruhig leicht paranoid sein.»
    Dawn bog sich vor Gekicher, wobei sie die Petroleumlampe als Halt benützte. Eva stand offenen Mundes da, die Hände an die Schläfen gepreßt.
    «Wenn wir schon bei diesem Thema sind», ging Pip zum Gegenangriff vor, «auf welche Weise lerntest du Eva kennen?»
    «Ganz einfach», erwiderte Freddie mit der munteren Zuversicht des Chirurgen. «Eva erkrankte, während sie in Spratt’s Bottom war. Ich behandelte sie im Heiligen Grab. Kein Grund zur Aufregung, wie du siehst.»
    Pip fragte verwirrt: «Was hat ein Chirurg mit der Behandlung von Gedächtnisschwund zu tun?»
    «Hört auf.» Eva breitete die Arme aus. Sie sah wie Jeanne d’Arc aus, als die englischen Streichhölzchen entzündet wurden. «Pip, Liebling. Der schrecklichste Augenblick meines Lebens ist gekommen. Auch deines Lebens. Der schrecklichste Augenblick für uns alle. Ich muß ein Geständnis ablegen.»
    «Dr. Chipps -». Cindys Kopf tauchte neuerlich auf. «Da ist ein Mann, der überzeugt ist, eine Biene geschluckt zu haben, und nun fürchtet er, sie könnte ihn irgendwo innen an einer empfindlichen Stelle stechen. Oh, verflucht!» murmelte sie, als Pip sie ungeduldig verscheuchte. «Den muß ich wohl selber behandeln.»
    «Pip, Liebling», fuhr Eva dramatisch fort, als die Tür zufiel. «Freddie und ich haben miteinander gelebt. Hier, in Spratt’s Bottom. Wir hausten in einer kleinen Wohnung hinter dem Postamt.»
    «Es gab schrecklichen Krach, wenn die Briefe frühmorgens aussortiert wurden», sagte Freddie sinnend.
    «Es dauerte nur einen oder zwei Monate lang. Ich muß zugeben, daß es damals ein wundervolles Erlebnis für mich war. Du warst in Kenia, Pip. Freddie sprach ständig von dir. Als wir auseinandergingen - in völligem Einverständnis, wir erwiesen uni» intellektuell als geradezu unvereinbar -, ging auch ich dort hinunter, um meine Erinnerungen hinter mir zu lassen.»
    «Man kann mit Freddie durchaus Zusammenleben», sagte Pip nachdenklich. «Ich hab ein ganzes Jahr mit ihm zusammengelebt.»
    «Oh, Dawn!» Eva nahm zwei feuchte Hände in die ihren. «Nie hätte ich mir vorgestellt, daß Freddie und ich einander wiederbegegnen würden. Wirst du mir je verzeihen können?»
    «Ach, nicht der Rede wert. Dein Mann und ich haben auch zusammengelebt. In einer kleinen Wohnung hinter der Wäscherei des St.-Swithin-Hospitals. Die ganze Nacht lang gab’s dort einen Riesenkrach.»
    «Dr. Chipps!» Cindy stand in der Sprechzimmertür, die Hände in den Hüften. «Wenn Sie nicht sofort kommen, geh ich fort. Die Bienen schwirren nur so herum.»
    «Bin gleich wieder zurück», murmelte Pip und eilte hinter ihr her.
    Die drei übrigen starrten einander schweigend an.

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