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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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dahinrattert.»
    «Und ich wieder fand dich nicht genug intellektuell interessiert. Oh, ich weiß, du bist ein schrecklich geschickter Chirurg, Freddie. Aber das hat mehr mit deinen Händen zu tun, nicht wahr? Wie etwa das Reparieren des Rasenmähers.»
    Er nippte am Wein und leckte sich die Lippen. «Wir sind wenigstens offen zueinander.»
    Sie legte die Fischgabeln auf. «Gegenseitige Offenheit ist ein Vorrecht, dessen sich nur wenige Paare erfreuen.»
    «Jetzt sind wir hier einen Monat lang zusammengepfercht wie auf einem Rettungsfloß. Aber wir werden leben — und wie!» sagte er! aufgeräumt.
    «Ja, wir werden blendend miteinander auskommen.»
    «Wo ist Pip?»
    «Der wanderte irgendwo herum. Ist fast immer unterwegs.»
    Ihr Gatte befand sich jedoch jenseits des maurischen Bogens, in der vollautomatischen Küche mit elektrischem Bratspieß, geäderten Sperrholzplatten, vertäfeltem Kühlschrank und Frühstücksbar. Eva hatte Dawn mit der Herstellung der Bratensoße betraut.
    «Ich sage Eva ständig, daß es total Wurscht ist, was ein Mensch ißt.» Pip verschlang geistesabwesend Erdnüsse aus einer Glasschüssel. «So-; lang er eine angemessene tägliche Zufuhr von Protein, Fett, Kohlehydraten, Vitaminen und Mineralien erhält. Was bei sehr vielen Menschen nicht der Fall ist, und nicht nur in Kenia. Stell dir vor, Dawn, ein Drittel der ganzen Menschheit kriegt nicht genug zu essen. Ein Drittel unserer Mitmenschen leidet ständig Hunger! Während sich die Leute! hier in Spratt’s Bottom vollfressen und vollsaufen, bis sie von Fettlei -1 bigkeit, Herzleiden, Schlaganfällen, Geschwüren und Arthritis befallen werden. Sie werden zu Neurotikern, weil sie nicht genug Geld machen.
    Aber sie haben solide Häuser, reines Wasser, eine ausgezeichnete Kanalisation und einen Überfluß an Ärzten, die sich ihrer kleinsten Wehwehchen annehmen. Um eine Riesenmenge von Bewohnern dieses Planeten sorgt sich fast niemand, oder man bemerkt kaum, ob sie leben oder tot sind. Ich weiß nicht, ob die Situation mehr zum Wundern oder mehr zum Fürchten ist. Ich weiß nicht, ob ich mich zu Tode lachen oder mich gleich unter einen Bus werfen soll.»
    «Und so bist du unter die Schwarzen arbeiten gegangen.» Dawn starrte angelegentlich in die Pfanne.
    «Das hat mich zum Arzt gemacht.» Mit leuchtenden Augen kaute er an seinen Erdnüssen. «Daß ich meine Patienten millionenweise und nicht einzeln behandeln konnte, daß ich eine Aufgabe hatte, auf die der Alltagsgeist nicht anspricht, und daß der Erfolg sich in etwas Anregenderem ausdrückt als in Geld. Erinnerst du dich, daß ich im St.-Swithin immer in Schwierigkeiten steckte? Nur weil ich zu scheu war, den Gott am Krankenbett zu spielen wie Sir Lancelot.» Er bemerkte oberhalb des Ausschnitts ihres schwarzen, mit scharlachroten Sonnenblumen gemusterten Kleides ein Kettchen mit einem silbernen Anhänger, dem Abzeichen St.-Swithins. «Das gab ich dir, nicht wahr?»
    «Vielleicht. Ja, richtig, am Tag, an dem du dein Schlußexamen bestanden hattest. Da begannst du das Hospital endlich zu schätzen.»
    «Trägst du es oft?»
    «Oh, sehr oft.»
    Er machte sich über eine weitere Handvoll Nüsse her. «Dawn, ich kenne dich wirklich durch und durch, nicht?»
    Sie rührte die Soße mit einem Kochlöffel um.
    «Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich dich besser kenne als Eva», fuhr er fort.
    «Zum Teufel! Jetzt ist sie mir angebrannt.»
    «Pip!» Eva durchbrach den Perlenvorhang. «Freddie möchte, daß du ihm beim Abfüllen des Portweins hilfst.» Sie entwand Dawn den Kochlöffel. «Wie findest du ihn?» fragte sie lächelnd, als Pip verschwunden war.
    «Genau wie früher.»
    Eva war verblüfft. «Ich dachte, ich hätte ihn von seinem schrecklichen Mangel an Selbstvertrauen kuriert, der ihn im St.-Swithin so sehr behinderte.» Sie schien einer lebenswichtigen, wenn auch schmerzhaften Operation zu gedenken.
    «Und wie findest du Freddie?»
    Eva hielt ihre Nase an einen Löffel voll Sauce. «Noch anziehender, finde ich.»
    «O danke», sagte Dawn, von Zweifeln zerrissen.
    Eva band eine karierte, mit Rüschen besetzte Schürze um und begann eifrig Minze zu hacken. «Komisch, daß wir beide so grundverschiedene Ärzte geheiratet haben.»
    Dawn naschte von den Käsebällchen. «Haben sie nicht alle diese j unglaublich faszinierende, geheimnisvolle Ausstrahlung? Sie sehen so viele Frauen ohne Kleider, daß wir uns doppelt um sie bemühen müssen.»
    «Was hat dich eigentlich an Freddie so besonders

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