Doktor auf Abwegen
Silberschale voll Rosen und die signierte Fotografie eines ehemaligen Premierministers leer war.
«Vielleicht bin ich übervorsichtig», meinte Sir Lancelot zweifelnd. «Wenn mehrere Leute etwas Bestimmtes wollen, dann geben sie es auch zu erkennen. Wie zum Beispiel bei der Französischen Revolution.»
Der Experte lächelte. «Der erfolgreichste Werbefeldzug der Geschichte. Jeder Mensch hätte Eingang in die alte, verfallene Bastille gefunden. Sie zu erstürmen war natürlich viel wirkungsvoller. Machen Sie sich keine Sorgen, wir werden dieses Dornröschen-Hospital schon wieder mit einem Kuß zum Leben erwecken. Wie heißt es denn?»
«Zum Heiligen Grab.»
«Hm, kein sehr gut verkäuflicher Name. Wir werden lokale Interessengruppen, Gemeinderäte, den Abgeordneten und so weiter mobilisieren. Sie müssen den Herausgeber des Lokalblattes zum Lunch ausführen. Die wollen ja Ihr Hospital schließen, wissen Sie. Wir werden in die Times einen Brief von einem jener Teams einrücken lassen, die ihren Namen gern für eine würdige Sache einsetzen. Ich werde eine Anfrage ' an das House of-»
«Aber Sie können doch das Ganze nicht so gewaltig hochspielen?» fragte Sir Lancelot erschüttert.
«Oh, das ist eine regelrechte Industrie», teilte ihm der Public-Relations-Mann leichthin mit. «Außerdem müssen wir das Ministerium infiltrieren. Da gibt’s üblicherweise die eine oder andere Rivalität, die man sich zunutze machen kann. Wir müssen einige gut organisierte spontane Demonstrationen in Szene setzen. Autokleber und Flugblätter verteilen. Vielleicht auch ein Flugkunststück — wie wär’s, wenn Sie und eine Krankenschwester sich von einem Hubschrauber auf das Hospitaldach absetzen ließen?»
«Nein», erklärte Sir Lancelot mit Festigkeit. Er nahm den Geruch brennender Schiffe wahr. Er war zwar darauf erpicht, das Heilige Grab zu retten, doch schreckte er davor zurück sich vor der Öffentlichkeit zum Narren zu machen.
Und Amelia war aus der Lazar Row wieder ausgezogen. Man hatte den entlassenen Gabelstecher wieder im Bunter’s Hotel aufgenommen. Es störte Sir Lancelot, daß Amelia weg war, aber noch mehr störte es ihn, daß er nicht genau wußte, warum es ihn störte.
«Das Appartement da oben ist geradezu luxuriös», hatte sie ihm versichert. «Sie haben Miss MacBiss, oder wie immer sie heißt, regelrecht verwöhnt. Übrigens liegt überall tonnenweise Vogelfutter herum.»
Zumindest hörte der Dean jetzt auf, ihn mit einem lüsternen Feixen zu begrüßen.
«Die Turnhorns haben einen äußerst lohnenden Keller», sagte mittlerweile Freddie in der Apricot Avenue, während er einen Korken beroch. «Dieser Claret ist wirklich eindrucksvoll.»
«Du hast dich schon immer so gut mit Weinen ausgekannt», murmelte Eva, die den Tisch deckte. Die beiden Paare hatten ihre Lebensgeister wiedergewonnen. Diese Party war gleichzeitig eine Feier ihrer Wiedervereinigung. Sie hatten beschlossen, beim Licht von Gaskerzen im Patio zu essen. Die Pappeln am Ende des Gartens warfen Schattenstreifen auf den Rasen, die Rabatten schimmerten in der untergehenden Sonne, die den Seerosenweiher mit Gold überzog.
«Es ist dasselbe, wie wenn man richtig angezogen ist oder den richtigen Wagen fährt», sagte Freddie. «Das alles kommt einem in der Laufbahn eines Chirurgen sehr zugute. Es kommt bei weitem nicht nur darauf an, was im OP passiert.»
«Pip kann einen Beaujolais nicht von einem Cherry Brandy unterscheiden.»
«Na, und Dawn kann nichts kochen außer Moussaka. Das schmeckt wie Irish Stew, mit Maschinenöl zubereitet.» Er bemerkte das Halsband aus vergoldeten Eiffeltürmchen, das sie über ihrem tief ausgeschnittenen dunkelgrünen Abendkleid aus siamesischer Seide trug. «Hab ich dir das nicht gegeben?»
«Ist es von dir? Ja richtig. Auf unserem Ausflug zum internationalen Rugbywettbewerb in Paris.»
«Trägst du es oft?»
«Fast immer. Ich hab’s wahnsinnig gem.»
Kurzes Schweigen. Man hörte einen Kuckuck rufen.
«Das, was zwischen uns geschehen ist, ist unauslöschlich», sagte er. «Wie die Antikörper im Blut, wenn man Masern oder was Ähnliches gehabt hat.»
Sie fragte ruhig: «Warum hast du mich verlassen, Freddie?»
Er goß etwas Claret in ein Glas und schnüffelte wieder daran. «Das Leben mit dir war wie die Fahrt in einem schnittigen Supersportwagen. Den ganzen Tag lang. Eine großartige Erfahrung, aber es nimmt einen zu sehr her. Ich bin ein Bursche, der lieber in einer langsamen, alten Klapperkiste
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