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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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über die überflüssig gewordenen Arbeitskräfte zu reden, sobald man uns vernünftige Vorschläge macht. Aber wenn man uns nicht entgegenkommen will, werden wir uns zu wehren wissen. Haben Sie was zu sagen, Sir Lancelot?»
    «Ich hebe mir meine Bemerkungen für den Marktplatz auf. Ich habe mich sehr bemüht, meine Rede dieser Vorstadt mit ihrem beachtlich hohen Bildungsniveau anzupassen. Aber ich hoffe doch, daß mir noch mehr Leute folgen werden?» setzte er unruhig hinzu.
    Harold Sapworth kratzte sich am Kinn. «Könnte knifflig werden, Chef. Wissen Sie, heut nachmittag wird das Europacup-Endspiel direkt aus München übertragen.»
    «Aber euren Mitgliedern wird die Sicherung ihres Lebensunterhalts doch mehr am Herzen liegen als ein Fußballmatch?»
    «Naja, schon, aber...sie verlassen sich darauf, daß jemand anderer die Sicherung übernimmt, während sie selber vor der Flimmerkiste sitzen. Ich will draußen nachschauen, ob der Regen schon aufgehört hat, ja?»
    Sir Lancelot packte seinen Schirm wie ein Gardeoffizier seinen Säbel, überquerte den Vorhof des Hospitals und steuerte in strömendem Regen auf die Hauptstraße zu. Ihm folgte Ron in einem gelben Plastikmantel und Südwester, ein Plakat in der Hand, das mit den Worten R ETTET DAS H EILIGE G RAB begann, dann aber in der Nässe unleserlich wurde. Danach marschierten Harold und seine zwei Gefährten, die Hände in den Taschen, die Schultern hochgezogen. Die Nachhut bestand aus vier Polizisten.
    Die wenigen nassen, ihren Besorgungen eilig nachgehenden Leute auf der Straße nahmen keine Notiz von ihnen. Die Demonstranten Wurden von Bussen bespritzt, von Hunden verbellt; von Motorisierten beschimpft. Doch Sir Lancelot schritt unentwegt dahin. Auf der Anhöhe, auf der das Rathaus stand, teilte sich die Hauptstraße und leitete in einen Kreisverkehr über. Sir Lancelot führte seine Gefolgschaft auf die in der Mitte gelegene grüne Insel. Harold forderte aus seinem klatschnassen Regenmantel einen elektrischen Lautsprecher zutage. |
    «Hab ihn vom Feuerbekämpfungsdepot des Hospitals ausgeliehen»,; erklärte er. «Es wird schon nicht in Flammen aufgehen, bevor wir zurückkommen. Und wenn, kann ja bei dem Wetter sowieso nicht viel passieren, was?»
    Während Ron den Schirm über Sir Lancelots Kopf hielt, begann dieser etliche vollgeschriebene Blätter Kanzleipapier aus einer Innentasche zu ziehen.
    «Tut mir leid, Sir», sagte der Sergeant, der die Polizisten kommandierte, ein Mann mit scharfgeschnittenem Gesicht, hervorquellenden grünen Augen, kurzem schwarzem Schnurrbart und einem krummen Mund. «Hier können Sie sich nicht aufhalten. Verstößt gegen die Straßenverkehrsordnung.»
    «Wohin kann ich also gehen?» fragte Sir Lancelot kurz angebunden, während ihm das Wasser den Nacken hinunterlief.
    «Dort hinüber, auf den Platz vor dem Kriegerdenkmal, Sir. Das ist der für Demos vorgesehene Ort. Obwohl wir in einem so achtbaren Markt wie Spratt’s Bottom nicht viele Demos haben.»
    «Aber an Samstagnachmittagen ist das ein Autoparkplatz», wandte Sir Lancelot ein.
    «Da kann ich nichts dafür, Sir.»
    Hundert Meter weiter scharte Sir Lancelot wieder seine durchtränkten Gefährten um sich. Ringsum blieben Autos knirschend und spritzend stehen. Er hatte das Gefühl, daß sein Protestmarsch nicht unbedingt als Erfolg zu bezeichnen war. Er erstieg die Stufen des Kriegerdenkmals.
    «Entschuldigen Sie, Sir», sagte der Polizeisergeant.
    «Ja?» fuhr ihn Sir Lancelot an.
    «Hier dürfen Sie nicht stehen, Sir. Das ist ein religiöses Monument. Gilt als öffentliche Ruhestörung.»
    Sir Lancelot stieg wieder herunter.
    Er schaltete den Lautsprecher ein. «Mitbürger», begann er. Er starrte durch seine Bifokalbrille auf die Aufzeichnungen. Auch diese hatte der Regen erwischt, der erste Absatz war unleserlich geworden. «Unbegrenzte Macht vermag die Gesinnung jener, die sie besitzen, zu korrumpieren», sagte er.
    «Entschuldigen Sie, Sir —»
    «Was zum Teufel gibt’s jetzt wieder?»
    «Ich halte es für angebracht, Sie an das Gesetz gegen aufwieglerische
    Verleumdung zu erinnern. Verunglimpfung der Verfassung und Vorschubleistung für Aufruhr.»
    «Der Satz stammt nicht von mir, sondern von William Pitt. Ihn sollten Sie zurechtweisen, aber er ist zufälligerweise nicht anwesend.»
    «Oh, das weiß ich, Sir.» Der Sergeant bedachte ihn mit einem schiefen Lächeln. «William Pitt der Ältere, Earl von Chatham. Aber wir müssen vorsichtig sein. Der Satz könnte

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