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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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hm», machte Harold betreten. «Hast du irgendeinen von den Burschen wo herumlungern gesehen, Francisco?» fragte er das andere Mitglied. «Ich glaub, wir vier genügen, um dem Zorn der Arbeiterschaft Ausdruck zu verleihen, was, Ron?»
    Sir Lancelot bemerkte Ron Cherrymore, der mit seinen üblichen Jeans, geblümtem Hemd und Perlenkette an einem staubigen Stoß Krankengeschichten lehnte. «Ich wußte nicht, daß Sie Mitglied der OHA sind?»
    «Hab dafür voll eingezahlt. Um Abgeordneter der Labour Party zu Werden, muß man sowieso Mitglied der Gewerkschaft sein. Jetzt bin ich ein richtiger Arbeiter», erklärte Ron stolz. «Träger in der Hospitalsapotheke.»
    «O.K., Abdul, erster Punkt der Tagesordnung», diktierte Harold. «Na schön, schreib statt dessen . Wir haben uns zu diesem Zeitpunkt versammelt, um eine innerbetriebliche Aktion von wegen Bruder O’Riley zu besprechen. Er wurde bei seiner Arbeit im Leichenhaus besoffen angetroffen und fiel mit seinem Schädel auf einen Sarg. Wurde ï auf die Unfallstation gebracht. Alles war voller Blut, auch seine Woll-:$ weste. Niemand kommt zu ihm außer einer Schwester, die ihn nach Name, Adresse, Religion befragt, alles Dinge, an die sich Bruder O’Riley nicht erinnern kann. Eine halbe Stunde lang kein einziger Arzt.»
    «Du lieber Gott, Sapworth», unterbrach ihn Sir Lancelot, «im HeilkJÍ gen Grab warten die Leute oft den ganzen Tag vor der Unfallstation, wenn der Arzt viel zu tun hat.»
    Abdul blickte auf. «Wir scheren uns einen Dreck drum, was mit den Scheißpatienten geschieht. Nur Mitglieder von OHA scheren uns.: O.K.?»
    «Auch war Bruder O’Riley ganz angeschissen», sagte Francisco.
    «Man muß bei so einem Job — den ganzen Tag lang Leichen rein und rausschieben - gewisse Zugeständnisse machen», gab Harold zu bedenken. «Das kann einem schon auf die Nerven gehen.»
    «Was also dann?» fragte Abdul gehässig. «Wir brauchen einen guten.  Vorwand für einen Streik —»
    «Eine innerbetriebliche Aktion», korrigierte ihn Harold.
    «Um die Scheißkerle, die dieses Haus leiten, auf ihre Plätze —»
    «Um gute innerbetriebliche Beziehungen zu schaffen», unterbrach ihn Harold. «Gehen wir nun zum Frühstück der Patienten über. Die in der Kanzlei wollen ein sogenanntes einführen. Nichts als einen Bissen Brot und eine Tasse Kaffee. Aber die Burschen in der Küche sind dagegen. Weil sie wissen, daß die Patienten bei Tagesbeginn eine richtige Mahlzeit haben wollen, bestehend aus Speck mit Ei, Wurscht, was die Ärzte sagen.»
    «Ich bin bekümmert, ja angewidert», erklärte Ron Cherrymore dramatisch, indem er einige Schritte vortrat, «wenn ich anhören muß, wie meine Mitbrüder solche Trivialitäten wie Verletzungen an Särgen und die Hafergrütze der Patienten diskutieren. Dies hier sollte ein Forum für Themen sein, die uns unmittelbar am Herzen liegen — die kostenlose Behandlung aller Menschen, besonders jener, für die wir Sozialisten am meisten eintreten: der Armen, Alten, Alleinstehenden, Ausgebeuteten und Behinderten.»
    «Ron, ich habe Ihre Tante Lucinda vergangene Woche besucht», bemerkte Sir Lancelot milde. «Sie ist völlig mittellos, achtzig Jahre alt und infolge von Arthritis verkrüppelt. Sie möchte so gerne, daß Sie sie einmal besuchen kommen. Oder ihr, wenn’s geht, einen kleinen Scheck für Weihnachten überweisen. Soviel ich mich erinnere, haben Sie ja nicht das Familienvermögen zugleich mit Ihrem Titel aufgegeben. Da Tante Lucinda meine Patientin ist — selbstverständlich auf Krankenkasse -, kann ich nichts Genaueres über sie aussagen.»
    Ron verfärbte sich. «Tante Lucinda ist...» stotterte er.
    «Zweifellos so irrelevant wie alle armen Verwandten. Übrigens könnten Sie auch Ihre Schwester besuchen. Sie ist von der Tatsache sehr niedergedrückt, daß Sie sich Ihrer mongoloiden Nichte schämen.»
    Ron kroch zu seinem Stoß Krankengeschichten zurück.
    «Kommen wir jetzt zum Hauptthema», sagte Harold, «zur Schließung des Heiligen Grabes. Also hört euch jetzt folgendes an, Leute. In den letzten zehn Jahren hat’s einen netten, gesunden Zuwachs von dreißig Prozent im Personal gegeben. Die Krankenhäuser, könnte man sagen, waren Betriebe mit hoher Wachstumsrate. Jetzt aber will die Regierung, daß das Heilige Grab geschlossen wird und daß wir unsere Jobs verlieren. Bei anderthalb Millionen Arbeitslosen müssen sie sich ja den Kopfzerbrechen. Schön, wir sind bereit, mit jedermann

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