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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Die Konzert- und die Filmindustrie machten denselben Fehler. Die Leute ziehen es vor, vom Krankenbett aus ihre eigenen Schornsteine zu sehen.»
    «Trotzdem wird das Heilige Grab geschlossen werden.»
    Sir Lancelots Augen funkelten. «Das Heilige Grab wird nicht geschlossen werden. Du warst ja selbst bei der Versammlung des Gesundheitsamtes dabei.»
    Der Dean sagte gelassen: «Du weißt recht gut, daß der Minister diese Entscheidung zwischen zwei Schlucken Frühstückskaffee umstoßen kann.»
    «Dann hat er einen Chirurgen weniger, denn dann muß er über meine Leiche gehen. Ich fahre noch heute nachmittag nach Spratt’s Bottom, um eine Massendemonstration der militanten OHA-Arbeiter auf der Hauptstraße anzuführen.» Der Dean sah ihn entsetzt an. «Die Not bringt einen Menschen mit seltsamen Bettgenossen zusammen, und ich bin in der Tat in äußerster Not. Es ist Wahnsinn, einen Gesundheitsdienst von einem Hauptquartier aus zu lenken wie eine Armee. Ein Krankenhaus sollte Besitz eines Ortes sein und nicht ein klinischer Vorposten, belegt mit grotesken Truppen.»
    Der Dean betätigte mehrmals die Hupe. «Während du auf der Hauptstraße bist, könntest du das Arrangement für Hamilton Toskers Lunch am Dienstag im Wirtshaus bestätigen. Er ist ein ganz einfacher Bursche, weißt du. Sein Vater war ein Lumpensammler, der mit einem Karren und einer Handglocke herumging. Wie Hamilton sagt: Womit er selbst zu erkennen gibt, daß er frei von jeglichen Prätentionen und Sophismen ist. Sein Lieblingsfraß — wie er sagt — ist übrigens Lammbraten, dazu ein schäumendes Bier.»
    Sir Lancelot knurrte. «Ich bin leider nicht in der Lage, an eurer Orgie mit Schafsinnereien teilzunehmen, da ich dienstags nie in Spratt’s Bottom bin.»
    Der Dean stellte die Uhr am Armaturenbrett ein. «Ich muß zum St.-James-Square. Zu einem Treffen des Therapeuten-Kollegiums. Wir entscheiden, wer dieses Jahr die James-Lind-Medaille gewinnt.»
    Sir Lancelot riß die Augen auf. «Lind? War das nicht ein Edinburgher? Ein Schiffsarzt, der seine — warte mal — 1753 schrieb?»
    Der Dean nickte und setzte den Motor in Gang. «Natürlich hat er noch nichts von den Vitaminen gewußt. Sie waren noch nicht erfunden worden. Er bekämpfte den Skorbut zur See mit dem einfachen Mittel, den Seeleuten Zitronensaft zu trinken zu geben und die Wirkung zu beobachten.»
    «So ist es bei allen brauchbaren Entdeckungen in der Medizin», pflichtete ihm Sir Lancelot bei.
    «Die Medaille geht an jenen Forscher, der den jahresbesten Beitrag zur Lösung der Welternährungskrise geliefert hat. Der Preis wird fast immer von Norwegern gewonnen. Vielleicht deshalb, weil sie mehr an Ernährung als am Essen interessiert sind, was man merkt, sobald man in Oslo essen geht.»
    «Du kannst mich in die Jermyn Street mitnehmen. Ich muß mir zwei Dutzend neue Hemden kaufen.»
    Der Dean streifte ihn mit einem Seitenblick. «Was ist mit deiner amerikanischen Freundin?»
    «Ich furchte, ich habe ihre Glut gedämpft.»
    Es regnete den ganzen Vormittag mit der Ausdauer eines undichten Wasserhahns. Es regnete noch immer um zwei Uhr, als Sir Lancelot auf dem Weg zum Keller des Heiligen-Grab-Hospitals durch ein Labyrinth von Korridoren tappte. Der Keller war lang, schmutzig und durch eine Soffittenbeleuchtung an einer Decke voll durcheinanderlaufender Röhren nur unzureichend erhellt, der Fußboden innerhalb der Ziegelmauern mit vergessenen Kisten und Kartons, abgestellten Rollwagen und Bahren, nicht mehr benützten Kühlschränken und Teemaschinen sowie einem Stapel grüner metallener Behälter bedeckt, der die Aufschrift trug: IN Verwahrung DES Luftschutzwarts.
    «Guten Tag, Sapworth», sagte Sir Lancelot auf der Türschwelle. «Hoffentlich komme ich nicht zu spät?» Mühsam bahnte er sich einen Weg durch den Raum. «Kein sehr günstiger Tag für unsere Demo, was?»
    «Es wird uns nicht der Hitzschlag treffen.» Der Vertrauensmann saß in einem zerbrochenen Rollstuhl, zwei seiner Mitarbeiter auf Kisten. «Aber für meine Himbeersträucher ist’s ganz gut. Also, Brüder, diese Massenversammlung der OHA ist hiermit zusammengetreten. Wenn du nicht buchstabieren kannst, Abdul», wandte er sich an den Protokollführer, «dann schreib
    «Wo sind die anderen?» fragte Sir Lancelot, Umschau haltend.
    «Jaso ja,

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