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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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wollten Sie mich eigentlich fragen?» erkundigte sich Amelia säuerlich.
    «Nichts Wichtiges», erwiderte Sir Lancelot.
     

11
     
    «Du hast ja einen brandneuen Rolls», rief Sir Lancelot dem Dean entgegen und starrte das Vehikel auf der Fahrbahn der Lazar Row an.
    «Ja und nein.» Die Brauen des Dean hüpften entzückt auf und ab. «Gewiß ist es das brandneueste Modell. Mit Klima- und Stereoanlage und allem sonstigen Drum und Dran. Und gewiß kann ich darin fahren.»
    «Ich kann dir nicht ganz folgen», sagte Sir Lancelot aggressiv.
    «Es ist eine Dauerleihgabe. Wie so manche Meisterwerke in der Nationalgalerie», warf der Dean hin. «Von der Tosker-Organisation.»
    Es war knapp nach neun am nächsten Samstagmorgen. Das Schönwetter war über Nacht verschwunden, und eine dicke Wolkenschicht zog sich über den ganzen Himmel, zum Platzen naß wie mit Wasser gefüllte Papiersäcke.
    «Willst du nicht einsteigen?» forderte ihn der Dean auf. «Es ist unglaublich komfortabel.»
    Aus Neugier ließ sich Sir Lancelot neben dem Dean nieder. «Du scheinst dein Nest mit Pfauenfedern gepolstert zu haben.»
    «Du verstehst eben nicht die Geschäftswelt, Lancelot», sagte der Dean herablassend. «Der Schein ist alles. Du kannst nicht erwarten, daß ich dieses schwarze Pack — will sagen, unsere arabischen Kunden — in einem Auto treffe, wie es heutzutage etwa von einem Maschinenwart aus Birmingham gefahren wird.» Schwere Regentropfen begannen aufs Pflaster zu klatschen. «Komisch, was, wie ich, ein gewöhnlicher Student im St.-Swithin, aus einem gewöhnlichen, einfachen Haus, zum vertrauenswürdigen Treuhänder reicher und einflußreicher Männer geworden bin? Es hat, ich muß es zugeben, seine großen Vorteile. Ich muß meine Frau in diesem August auf eine Geschäftsreise nach Rio de Janeiro mitnehmen, statt wie sonst nach Swanage. Und die Spesenrechnungen erweisen sich als recht nützlich für den Lagerbestand meines Kellers — für den Fall, daß ich jemanden einladen muß. Doch mein größter Lohn besteht darin, daß ich einiges zum Aufschwung unseres Exports beitrage», schloß er selbstgefällig.
    «Und erheben sich diese brandneuen Krankenhäuser bereits aus dem Wüstensand wie schimmernde Fata Morganas?»
    «So etwas braucht natürlich seine Zeit.»
    «Nicht halb so lang, wie meinem OP im Heiligen Grab eine neue Decke aufzusetzen.»
    «Du hast immerhin schon die Mauern», hob der Dean hervor. «Unsere Khakifreunde haben überhaupt noch keine Krankenhäuser. Sie müssen per Flugzeug die Betten im St.-Swithin und in ähnlichen Anstalten aufsuchen, wenn sie von etwas Garstigem befallen werden. Oder sich gegenseitig erschießen, worin sie schon große Übung haben.»
    «Es kommt mir dennoch fatal vor, daß das uns nächstgelegene Hospital mit den neuesten Scannern, Ultraschallgeräten, mit Hypobarium-Radiotherapie, Computern. und all diesen Tricks nicht an der Themse, sondern am Tigris liegen soll.»
    «Das kommt nur vom Ölgeld, das die Scheichs aus dir und mir herauspressen.» Der Dean schaltete die Scheibenwischer aus und ein. «Eines Tages wird es der ganzen Welt schon aufdämmern, daß man medizinische Behandlung nur dann kriegt, wenn man dafür bezahlt. Aus der eigenen Tasche oder aus dem Staatssäckel. Und da es recht schwer ist, gescheite Forschungsarbeiter schon so rechtzeitig zu entdecken, daß man sie bei der Geburt erdrosselt, sind die Kosten für die Gesundheitspflege ebenso unbegrenzt wie die Kosten eines anständigen Kriegs.»
    «Das habe ich schon vor Jahren erkannt, Dean», stimmte ihm Sir Lancelot düster zu. «Schön und gut, wenn Chirurgen und Patienten gemeinsam darüber klagen, daß demnächst, nachdem sie einander bei einer Hüftoperation begegnet wären, einer von ihnen tot sein werde. Aber das wird zum Normalzustand, wenn uns nicht jedermann sein wöchentliches Lohnsäckchen einhändigt, was sich keiner großen Beliebtheit erfreuen dürfte. Wir werden nur akute Leiden behandeln. Ich glaube, wenn das Leben auf dem Spiel steht, ist es besser, prompt einzugreifen, als nichts für alles zu haben.»
    Der Dean schaltete die Scheinwerfer ein und aus. «Und deshalb ist die Regierung gezwungen, durch das Blockieren finanzieller Zuschüsse wie beim Heiligen Grab zu sparen.»
    «Wie bei den meisten Dingen der meisten Regierungen sind die Intentionen bewundernswert und ihre Durchführung verheerend. Klinische Paläste wie St.-Swithin wurden durchwegs in der falschen Größe und am falschen Platz erbaut.

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