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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Saftigkeit und Klebrigkeit.»
    «Du bist immer so nett», lächelte Eva.
    «Wie lang, glaubst du, werden wir brauchen, um diese einhunderttausend -Autokleber loszuwerden?» fragte er zweifelnd, indem er den in braunes Packpapier eingewickelten Paketen vor den Topfpflanzen einen Tritt gab.
    «Und eine Viertelmillion Flugblätter in der Garage», erinnerte sie ihn.
    «Hallo, Darling», sagte Freddie, als Dawn die Perlenketten des maurischen Bogens durchbrach.
    «Hallo, mein Lieber. Wie war’s in der Ordination?»
    «Zum Kotzen. Ganz Spratt’s Bottom leidet ausnahmslos an drei Übeln. Verdauungsbeschwerden, Kopfschmerzen und sexuellen Alpträumen. Und, oh, an vergrößerter Prostata. Gestern abend lief im Fernsehen eine Sendung darüber. Heute früh hatten es alle. Ganz besonders die Frauen.»
    «Erinnert ihr euch an diesen Dokumentarbericht über Geschlechtskrankheiten am vergangenen Freitag?» fragte Pip, der aus seiner Sprcch-zimmertüre trat und seinen weißen Mantel über den Plastik-Kaffeetisch Warf. «Ihr wärt erstaunt gewesen, wenn ihr am Samstag morgen die zahllosen Damen höchster Achtbarkeit und sogar vorgeschrittenen Alters gesehen hättet, die im Sprechzimmer saßen und mir über den Schreibtisch hinweg schuldvolle Geständnisse ins Ohr flüsterten.» Er Wandte sich an Eva. «Was gibt’s zum Abendessen, meine Liebe?»
    «Gulasch, mein Lieber. Was hast du?» fragte sie, als sie ihn die Nase rümpfen sah.
    «Erinnert mich zu sehr an Dawns Moussaka.» Pip warf sich auf den mit schwarzem Plastik überzogenen Lehnstuhl.
    «Was ist dir denn an meinem Moussaka nicht recht, Darling?» fragte Dawn gekränkt.
    «Ich hab es eigentlich nie gemocht.»
    «Es mir aber nie gesagt!»
    «Vielleicht hatte ich Angst, daß du etwas noch Schlimmeres produzieren würdest.» Pip griff nach der Morgenausgabe der Times.
    «Von jetzt an, Darling, kannst du sicher sein, daß du Moussaka nicht einmal zu riechen bekommst. Ich will trachten, mich in eine gute Köchin zu verwandeln. Du wirst es mir beibringen, nicht wahr, Eva?»
    «Natürlich werde ich das, Liebste.»
    «Allgemeine Praxis in der Vorstadt!» Freddie hatte sich am StilBarschränkchen zu schaffen gemacht. «Sie hat sowenig mit Medizin zu tun wie ein Wohltätigkeitsbasar der Pfarre mit Religion.»
    «Vielleicht ist es unsere Schuld?» überlegte Pip. «Wir beflissenen jungen Ärzte sehen unsere Patienten eher als Do it yourself-Behälter menschlicher Organe an. Ich glaube, nur einer von etwa sechs Patienten geht zum Arzt, weil er wirklich krank ist.»
    «Die andern gehen zu ihm, um sich zu versichern, daß ihnen nichts fehlt», stimmte ihm Freddie zu, der in vier Gin-Tonics Eiswürfel aus einer Plastik-Ananasfrucht verteilte. «Ich sage da immer:     «Wenn alle Bewohner von Spratt’s Bottom so krank wären, wie sie glauben», bemerkte Pip, während er die Seiten der Zeitung überflog, «käme uns der Schwarze Tod wie eine Grippeepidemie vor.»
    «Aber denkt doch an alle diese einsamen alten Damen», sagte Dawn gütig, die neben Eva auf einem rosa Hocker saß und ein Glas von Freddies Tablett nahm, das eine Jagdszene zeigte. «Die haben doch wirklich niemanden, der die Geduld aufbringt, ihnen zuzuhören, außer dem Milchmann und dem Arzt.»
    «Ach, diese frustrierten alten Schachteln», murmelte Eva und nahm einen Schluck.
    Freddie nickte. «Die jede Enttäuschung ihres Lebens auf das Fehlen eines kleinen Rackers zurückfuhren, der das Sprechzimmer auf durchaus normale Art verwüstet.»
    «Und diese Hilferufe», fügte Pip hinzu. «Neuralgie bedeutet ein keifendes Weib, Magenschmerzen einen fremdgehenden Ehemann.»
    «Die wirklich Kranken erkennt man immer sofort.» Freddie betrachtete nachdenklich eine Venusstatuette hinter einem kreisförmigen Vorhang sprühenden Wassers. «Sie setzen sich auf den Sessel hinter der Wartezimmertür und entschuldigen sich weitläufig dafür, daß sie die kostbare Zeit des Arztes in Anspruch nehmen.»
    Pip nickte. «Wenn du einen Patienten untersuchst und er sagt, daß ihm nicht das mindeste fehlt, und er nach deinen beiden Händen faßt, um dir mit Tränen in den Augen zu danken, dann reiß ihm seine Kleider nochmals herunter und schau ihn dir ein zweites Mal gut an. Das hab ich nach einer Woche allgemeiner Praxis gelernt.»
    «Ich glaube, wir alle haben nach einer Woche allgemeiner Praxis eine Menge

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